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L
Hallo,

hat von Euch schon mal wer was davon gehört, dass ein Mensch, nachdem er mit dem Rauchen aufgehört hat, seine Persönlichkeit veränderte?

Ich habe so einen Fall in meiner Familie. Die Person ist nicht depressiv, sondern distanziert, kühl, nicht mehr herzlich, vollkommen anders als zuvor. Eben so, als habe sie plötzlich eine Persönlichkeitsstörung. Sie lebt ihren Alltag weiter, ist aktiv, aber meidet die Familie, ist wie ein Fremder. Niemand kommt mehr an sie heran. Ihre Kinder leiden unter ihrer Art, sie hat keine Herzenswärme, kein Verständnis, kein Mitgefühl für andere bzw. die Familienmitglieder mehr, ist total oberflächlich geworden, voller Vorwurf, manchmal kindlichem Vorwurf, streitet schnell, fasst beinahe alles als Kritik auf. Finde selbst Mimik, Gestik und Körperhaltung strahlen einen ganz anderen Menschen als vorher aus.
Der Entzug liegt über 6 Monate zurück. Sie ist meine Schwester, mit der ich mich immer gut verstanden habe. Wir waren ein wenig wie Freundinnen. Und wie gesagt, es ist jetzt, als stünde eine Fremde vor mir. Unseren Eltern geht es wie mir. Habe mehrmals versucht auf sie zu- und einzugehen, aber sie blockt eher ab. Aber es wirkt nicht so, als täte sie das aus einem bestimmten Grund, sondern, weil es sie alles nicht interessiert, nicht mehr ihre Welt ist mit uns auf die Beziehungsebene zu gehen. Sie ist viel unterwegs, arbeitet weiter, versorgt Kids und Haushalt, bleibt aber bei allem immer unverbindlich, was den direkten Kontakt angeht. Einige Male gab es heftigen Ehekrach deswegen. Zwischendurch wirkte sie auch mal depressiv. Ich habe zu Paarberatung u/o. Therapie geraten. Sie erzählt aber rein gar nichts mehr. Keine Ahnung, ob sie da was macht/en.
Es ist nichts vorgefallen in der Familie. Die Kinder haben sich schon mehrmals hilfesuchend an mich gewandt. Aber was soll ich tun? Kann nur hier und da mal vermitteln. Eines der Kinder erscheint mir inzwischen wirklich depressiv, hat chronische Kopfschmerzen o.B. Der Ehemann ist überfordert, zieht sich möglichst auch zurück. Sie pflegt weiterhin Außenkontakte, es scheint sich nur auf die Menschen zu beziehen, die sie lieben. In Gesprächen mit mir, tauchten immer mal so Äußerungen auf, dass ihre Kinder Schuld sind daran, dass es ihr nicht gut geht. Ich glaube auch, dass sie sich oft überfordert fühlt, dennoch kenne ich sie gut und kennen verschiedene Formen der Depression. Sie ist ein anderer Mensch geworden und mir macht das alles echt Angst.

Natürlich kann es sein, dass diese Veränderungen nicht im Zusammenhang mit dem Nikotinentzug stehen. Aber der Familie ist das veränderte Verhalten damit erst nach und nach aufgefallen.

Wäre sehr dankbar für einen Rat, Eure Meinung.

18.12.2007 23:23 • 20.12.2007 #1


1 Antwort ↓

B
Hallo Lilly,

Du machst Dir wirklich große Sorgen um Deine Schwester, das spürt man bei deinen Worten sehr genau. Es ist immer schlimm, wenn man die negative Veränderung eines Menschen mit ansehen muss und hat das Gefühl, dass man nicht an ihn herankommt, ihn nicht erreicht.

Ich denke wie Du, dass das Aufhören mit dem Rauchen nicht der alleinige Grund für die Veränderung sein kann, aber diese Entwicklung wohl beeinflusst hat. Möglicherweise gibt es Dir unbekannte Gründe, die sowohl beim Aufhören mit dem Rauchen eine Rolle gespielt hat, als auch die neue Entwicklung bedingen. Vielleicht hat Deine Schwester mit dem Rauchen etwas verloren, was als (Ersatz)Befriedigung sehr wichtig für sie war und hat diese Lücke noch nicht füllen können. Das, was Du von ihr schilderst - ohne dass ich dies natürlich wirklich wissen kann, dazu sind die Informationen nicht ausreichend - klingt doch sehr nach einer depressiven Entwicklung.

Die Frage ist natürlich jetzt, was kannst Du, was kann Eure Familie tun?

Macht Euch vor allem klar, wie weit Eure Verantwortung geht und wo sie endet. Niemand kann einen anderen ändern, der selbst nicht will !
Ihr habt nicht die Macht dazu. Deine Schwester ist erwachsen und bestimmt ihr Leben selbst. Und je mehr Druck ihr macht, um so mehr wird sie sich verschließen.
Das was ihr tun könnt, ist, einfach da zu sein, sie nicht fallen zu lassen, den Kindern einen gewissen Ausgleich zu schaffen, ihnen zu erklären, dass ihr auch nicht wisst, was mit ihrer Mutter im Augenblick los ist, sie zu trösten und ihnen zu verdeutlichen, dass sie auf keinen Fall Schuld daran sind!

Bzgl. Deiner Schwester ist ihr Mann gefragt. Er muss versuchen, ihr besonders klar zu machen, wie er und die Kinder leiden und nicht wissen, was los ist mit ihr - ohne Vorwürfe ! stellt Eure Sorgen und Ängste in den Mittelpunkt.

Macht eine Art Familienrat, ladet Eure Schwester, ihren Mann und die Kinder ein und sprecht gemeinsam mit ihr. Macht Ihr klar, dass ihr sie nicht bedrängen oder bevormunden wollt, sondern stellt Eure Sorgen um sie und die Situation der Kinder in den Vordergrund.

Vielleicht kann es hilfreich sein, wenn die Kinder ihrer Mutter einen Brief schreiben, wo sie darüber erzählen, wie es ihnen geht. Oder sie malen ein Bild, das das ausdrückt, was sie empfinden. Ihr Vater oder jemand von Euch kann Ihnen ja dabei helfen, ohne ihnen vorzuschreiben, was sie malen oder schreiben sollen.

All dies sind Möglichkeiten, aber keine Garantien, dass Ihr etwas erreicht. Wenn nicht - gebt ihr Zeit und versucht es später wieder. Wenn ja - dies kann einiges und auch Heftiges auslösen. Darüber müsst Ihr Euch klar sein und Euch gegenseitig unterstützen.

Ich wünsche Euch, dass Ihr einen Zugang bekommt und trotz aller Sorgen ein frohes Weihnachtsfest.

Herzlichen Gruß

Bernd Remelius

20.12.2007 09:05 • #2





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