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Hey alle miteinander,

Ich hab keine Ahnung obs was bringt, aber ich würd einfach gern meine Lage schildern, in der Hoffnung...eigentlich hab ich keine Ahnung in welcher Hoffnung.
Ich kann nur mit keinem Menschen drüber reden, und vielleicht weiß ja hier jemand Rat.
Ich bin 26,Student und habe eine Vorgeschichte in Sachen Panikattacken. Als ich 17 war, starb mein Vater an einem Herzinfarkt. Danach hatte ich immer häufiger Panikattacken, selbst einen Herzinfarkt zu bekommen und musste deswegen auch in Therapie. Ich muss dazu sagen, dass ich zu der Zeit auch sehr viel gek. habe (die Ärzte meinten aber, dass hat nix damit zu tun, bin ich eigentlich anderer Meinung).
Nach der Therapie (war stationär) hab ich mich eigentlich wieder Recht gut auf die Reihe bekommen, die Schule fertig gemacht und angefangen zu studieren...ganz normales Leben halt. Ich war zwar nie wirklich frei von Anzeichen dieser Panikattacken ( messe z B zwanghaft meinen Puls), aber es ging eigentlich immer.
Aber seit ca. 2 Monaten kommt alles wieder zurück, und ich hab echt brutalst Schiß, das ich bald nicht mehr wirklich lebensfähig bin. Mein Puls rast dauernd, ich habe Schwindelgefühle, es kribbelt im Kopf, ich denke wirklich jeden Tag mindestens zwei Mal, dass ich tot umfalle oder einfach vollkommen verrückt werde.
Es ist einfach grade nicht mehr zum aushalten. Wie jetzt gerade, 25 grad, gut Tag im Jahr, alle sitzen am Fluss und ich kann das Haus nicht verlassen.
Außerdem rauche ich sehr viel, weshalb ich dauernd Angst vor Lungenkrebs oder einem Herzinfarkt habe...total bescheuert.
Das Problem ist, ich WEISS, dass es psychosomatisch ist, eigentlich weiß ich das, ich versuch auch immer irgendwie zynisch damit umzugehen, so im Sinne von okay, geht wieder los, voll lächerlich aber es bringt nichts. Ich werde es nie los, und habe Angst es niemals loszukriegen und niemals ein normales Leben führen zu können.
Ich bin fast fertig mit meinem Studium (ich studiere Soziale Arbeit) aber hab keine Ahnung, wie ich in diesem Zustand arbeitsfähig sein soll.
Ich gammel nur noch rum.
Ich hab hier auch echt nen tollen Freundeskreis und ich glaube ich könnte auch mit ihnen drüber reden, aber ich will nicht in diese Ecke gestellt werden und mit Samthandschuhen angefasst werden oder so.
Ich zwinge mich auch schon immer, abends mit wegzugehen, und naja, nach 3,4 B. gehts mir auch gut...aber das ist keine Lösung, das weiß ich, machts eher noch schlimmer.
Ich hab überhaupt keine Ahnung mehr was ich machen soll, jetzt ne Therapie und ich kann mein Studium knicken, und wer stellt schon jemanden ein mit so ner Vorgeschichte??
Mein kompletter Körper ist auch den ganzen Tag unglaublich verkrampft, mir tut immer irgendwas weh...
Ich weiß wirklich nicht weiter, und hoffe jemand kann mir was dazu sagen.
Viele Grüße.

02.04.2011 12:06 • 02.04.2011 #1


M
Hallo radioprotector,

wie so oft, wenn ich hier Beiträge lese, erkenne ich mich in den Schilderungen total gut wieder. Das was du beschreibst, kennen total viele hier.

Bei dir scheinen sich die Ängste besonders auf deine Gesundheit und dein Herz zu beziehen, was bei deiner Vorgeschichte auch kein Wunder ist. Vermutlich warst du schon paarmal beim Arzt und hast gesagt bekommen, dass du völlig gesund bist. Klar ist Rauchen ungesund, aber doch eher auf lange Sicht, du wirst davon höchstwahrscheinlich nicht von einem Tag auf den anderen tot umfallen.

Ein Tipp, der mir sehr geholfen hat mit meiner ständigen Angst vor Herzattacken fertig zu werden: Versuch es mal nicht auf die zynische Tour (oh mann, voll lächerlich, was ich mir hier einbilde), sondern auf die tröstende und liebevolle. So wie du mit deinem Kind umgehen würdest, d.h. Ok, ich spüre mein Herz stolpern, das war aber auch ein anstrengender Tag heute, ich hab mir wohl zu viele negative Gedanken gemacht. Jetzt tu ich mir noch was gutes und mache einen kleinen Spaziergang. Ich weiß ja, dass mir nichts passieren kann, es fühlt sich nur schei. an, aber es geht vorbei.

Klingt doof, ich weiß, aber diese inneren Selbstgespräche sind ein ganz wichtiger Teil um Ängste zu mildern oder gar nicht erst auszulösen. Ich wette, du bist Meister im Katastrophenfantasien ausdenken. (Das weiß ich, weil dein Beitrag so geschrieben ist als wäre er von mir ) Und diese Fantasien machen alles nur schlimmer. Versuch mal, dir neutrale Ersatzgedanken zu machen, d.h. überleg dir Alternativen zum befürchteten Herzinfarkt. Vielleicht bist du einfach nur nervös und deswegen spürst du dein Herz? Vielleicht bist du übermüdet? Hast Kaffee getrunken? Schokolade gegessen? Manchmal rumpelt nur der Magen und man denkt, es wäre das Herz. Ich krieg sogar Herzrasen, wenn ich verlegen bin, jemanden attraktiv finde, mir was peinlich ist...

Zum Thema Therapie wollte ich noch sagen:
Wenn du eine ambulante Therapie machen möchtest, kannst du die auch neben dem Studium machen. Meistens geht man ja nur einmal die Woche für eine Stunde zur Therapie.
Falls du wirklich stationär in Therapie möchtest, könntest du dich doch auch für ein Semster freistellen lassen. Die schon abgelegten Semester kann dir niemand mehr nehmen. Jeder andere kranke oder schwangere oder privat eingespannte Student macht das auch mit den Freistellungssemestern. Dann darfst du das auch.

Wer stellt schon jemanden ein mit so ner Vorgeschichte?
1. Niemand wird dich im Bewerbungsgespräch nach deiner Vorgeschichte fragen. Wenn doch, willst du dort nicht arbeiten. Man darf nicht nach Krankheiten gefragt werden.
Falls du gefragt wirst, warum du ein Semester pausiert hast, sagst du, dass das private Gründe hatte, geht keinen was an.
2. Selbst wenn du offen damit umgehst, wird das keine Nachteile haben, ganz im Gegenteil. Ich arbeite selbst als Sozialpädagogin und gehe damit offen um. Gerade in diesem Bereich haben wir es oft mit Menschen zu tun, die selbst in Krisen stecken. Deine Klienten haben Glück, wenn sie an dich geraten, da du selbst schwere Phasen durchgemacht hast und weißt wie es sich anfühlt, wenn man nicht mehr weiter weiß.

Was ich dir auch noch raten kann: Kauf dir Bücher zum Thema Angst, Panikattacken und Hypochondrie (Angst vor Krankheiten). Je mehr man weiß, desto mehr Macht bekommt man über seine eigenen Gefühle und desto kleiner wird die Angst. Kann dir gerne Bücher empfehlen, wenn du möchtest. Die verschlingt man an einem Tag, weil man sich so angesprochen fühlt und eine unendliche Last abfällt, versprochen

Liebe Grüße
Mella

02.04.2011 16:05 • #2


~Stefanie~
ich finde, du solltest eine Thera starten, es geht ja auch ambulant - neben der Arbeit, 1oder2 mal die Woche... dort lernst du, wie du endlich mit dem schrecklichen Tod deines Papas umgehen kannst und lernst auch deine Ängste zu verstehen und Symptome abzuflachen...

ich habe damals lange überlegt aus den selben Gründen wie du, ob ich jemandem von meiner Panik erzählen soll und habs dann getan und bereue es nicht, einige Bekannste sehen mich zwar komisch an, aber meist nur aus Unsicherheit, wie sie mit mir umgehen sollen...

Meinen Liebsten von meiner Panik zu erzählen hatte zwei gute Gründe:
1. ich hatte nicht mehr den Druck ständig meine Gefühle verstecken zu müssen
2. ich habe alle gebeten, mich nicht mit Samdhandschuhen anzufassen und manchmal tut dann so eine Motivation auch ganz gut

alles Gute, lass dich nicht unterkriegen und gehe es an

02.04.2011 16:16 • #3





Dr. Hans Morschitzky