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Jim
Hallo zusammen!

Hat jemand Erfahrung bezüglich Benzoentzug? Ich war davon nach 2-jähriger Einnahme 1993 abhängig und einen Mörderentzug hinter mir (kalt Zuhause).

In der Weihnachtszeit, wo es mir so übel ging, verschrieb mir mein Arzt zur Zeitüberbrückung Lorazepam 2,5. Davon habe ich dann abends eine Halbe vor dem Schlafengehen genommen.

Nach 2 Wochen wollte ich wieder absetzen und volle Entzugssymptome bekommen (quälende wellenartige Panik, Vernichtungsgefühle, Übelkeit usw....).

Daraufhin bin ich bei uns ins LKH, um mich beraten zu lassen. Das hätte ich mir sparen können. Der Doc sagte, da ich scheinbar eh wieder drauf bin, kann ich das Zeug auch weiternehmen und hat mit Seratoninwiederaufnahmehemmer verschrieben.

Als ich wieder Zuhause war, wollte ich aber unbedingt wieder weg von dem Zeug. Habe daraufhin ab letztem Montag die Dosis abends auf 0,5 Lorazepam gesengt und die ersten 2 Tage ging es auch. Gestern Abend dann fast wieder ein Zusammenbruch gehabt, der nach 0,1 mg Lorazepam wieder abgeklungen ist.

Meien Frage: Wie reduziere ich am Besten. Im internet finde ich nur Schauergeschichten von Hochdosislangzeitkonsumenten.

Da ich scheinbar aufgrund meiner Vorgeschichte aber auch nicht einfach abrupt absetzen kann, weíß ich nicht genau, was ich machen soll.

Ich möchte verhindern, dass ich durch die Reduzierung noch abhängiger werden kann. Ich habe leider auch auf die schnelle keinen Facharzt, der sich mit sowas auskennt.

Bin über jede Hilfe dankbar, aber bitte keine Horrorgeschichten. Davon habe ich schon genug gelesen und bin verunsichert genug!

Vielen Dank im Voraus und mit vielen Grüßen

Jim

09.01.2010 14:12 • 04.02.2010 #1


Christina
Hallo Jim,

mit deinem kalten Entzug hattest du richtig Glück. Das kann ja sowas von schiefgehen...

Hast du schon mal vom Ashton-Manual gehört? Das sind Pläne zum langsamen Absetzen von Benzodiazepinen nach Prof. Heather Ashton. Lies dich da ruhig mal durch. Auch auf dieser Seite findest du Tipps zum Absetzen.

Da ich scheinbar aufgrund meiner Vorgeschichte aber auch nicht einfach abrupt absetzen kann, weíß ich nicht genau, was ich machen soll. Es muss nicht nur deine Vorgeschichte sein, es kann ganz einfach an der aktuellen Problematik liegen, dass du zur Zeit noch etwas zur Beruhigung brauchst.

In der Weihnachtszeit, wo es mir so übel ging, verschrieb mir mein Arzt zur Zeitüberbrückung Lorazepam 2,5. Davon habe ich dann abends eine Halbe vor dem Schlafengehen genommen. In Kenntnis deiner Vorgeschichte hätte er das niemals tun dürfen...

Der Doc sagte, da ich scheinbar eh wieder drauf bin, kann ich das Zeug auch weiternehmen und hat mit Seratoninwiederaufnahmehemmer verschrieben.Das ist doch nicht zu fassen! Normalerweise wird Ex-Benzo-Abhängigen ein niederpotentes Neuroleptikum gegeben, wenn man etwas zur Beruhigung braucht. Das wirkt nicht so toll wie ein Benzo, aber es wirkt. Typisch wären Promethazin oder z.B. Levomepromazin. Wenns ganz schlimm kommt, kann man auch kurzfristig höherpotente Neuroleptika einsetzen (zur Not, weil die Nebenwirkungen und Risiken eben auch nicht ohne sind). Oder man könnte es mit Opipramol versuchen, das wirkt beruhigend, macht nicht abhängig, ist aber oft auch nicht wirksam genug.

Mein Eindruck ist, dass dir mit der Reduktion nicht geholfen ist und dass das Problem im Moment eher nicht in einer regelrechten Entzugssymptomatik liegt. Daher bezweifle ich auch, dass eine Umstellung auf Diazepam-Tropfen angebracht/nötig wäre. Wenn du eine Angststörung mit entsprechend heftigen Angstzuständen hast, dann werden diese Ängste stärker hervortreten, sobald du das Lorazepam weglässt oder reduzierst - bis du für die Ängste eine andere Lösung gefunden hast. Auf Dauer ist die ideale Lösung natürlich eine Psychotherapie. Mittelfristig wäre es hoffentlich das SSRI, und kurzfristig würde ich versuchen, das Lorazepam durch ein nicht abhängig machendes beruhigendes Medikament (Neuroleptikum oder Opipramol) zu ersetzen. Ob du dann im akuten Notfall trotzdem mal (selten!) Lorazepam nehmen könntest, ist umstritten. Bei Ashton steht wohl was dazu.

Liebe Grüße
Christina

09.01.2010 20:15 • #2


A


Benzodiazipinentzug

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Christina
Nachtrag:

Habe gelesen, dass zu deinen Hauptsymptomen Derealisation und Depersonalisation gehören. Da kann man evtl. als Bedarfsmedikament Taxilan (Perazin) einsetzen, das ist ein mittelpotentes Neuroleptikum. Und bezüglich deines Grundproblems - deiner wirklich heftigen Kindheit - wäre u.U. Seroquel (Quetiapin) eine Möglichkeit. Aber das sind Sachen, die du mit einem fähigen Facharzt klären solltest. Übrigens erweisen sich Fachärztinnen meiner Erfahrung nach oft als sorgfältiger und umsichtiger als ihre männlichen Kollegen...

09.01.2010 20:38 • #3


Jim
Hallo Christina!

Vielen Dank für deine schnelle Antwort . Die von dir verlinkten Seiten hatte ich auch schon gefunden, aber da geht es ja hauptsächlich um Langzeiteinnahme.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nach einen zweiwöchigen Gebrauch 6 Monate ausschleichen muss.
Mein kalter Entzug damals war wirklich übel und so was würde ich alleine auch nicht noch mal durchziehen. Mir geht es mittlerweile zum Glück wieder deutlich besser. Hatte wohl zu stark reduziert (von 1,5 mg auf 0,5 mg), aber ich bleibe jetzt dabei. Am Montag werde ich noch mal um die Hälfte reduzieren und nach weiteren 8 Tagen versuchen, ganz abzusetzen.

Diesmal scheint es bei weitem nicht so schlimm zu sein, wie vor 15 Jahren .
Bezüglich der Verschreibung meines Hausarztes gebe ich dir völlig Recht. Unverantwortlich so ein Zeug auch noch so hochdosiert zu verschreiben. Ich hätte aber auch mal lesen können, dass es bei meiner Vorgeschichte nicht zu empfehlen war.
Mein Druck war aber so groß, dass ich meine normale Vorsicht außer Acht gelassen habe.

Zitat:
Auf Dauer ist die ideale Lösung natürlich eine Psychotherapie. Mittelfristig wäre es hoffentlich das SSRI

Das ist schon klar. Ich bin ja in Therapie und das ist auch mein Weg. Mein Therapeut legt seine Hand dafür ins Feuer, dass er mich da raus holt. Er hat es schon mal geschafft, nachdem ich 10 Jahre ununterbrochen mit Derealisation zu kämpfen hatte. 24 Stunden, 365 Tage im Jahr.

Ich war danach 4 Jahre vollkommen symptomfrei, bis meine Tochter auf der Welt kam und meine arg ins Strudeln brachte.

Seitdem hat sich die Panik wieder etabliert und hält sich selber am Leben (Angst vor der Angst), genauso wie die Derealisation.
Ich weiß aber aus meiner Erfahrung, dass diese vollkommen verschwindet, wenn ich die Grundproblematik in den Griff bekomme.

Dafür mache ich ja Therapie und war stationär Im Krankenhaus. Die Theorie ist mir vollkommen klar, die Ursachen sind bekannt, aber meine Mauern sind noch zu dick. Ich muss Stein für Stein abbauen, dann brauche ich mich auch nicht mehr abspalten.
Meine Kindheit war über große Teile die Hölle, da gibt es nichts mehr dran zu verändern.
Was ich verändern kann, ist aber der Umgang damit. Anstatt mit 5 Pullen B. in den Kopp zu hauen, lerne ich mit der Trauer und Wut umzugehen. Alleine das zu spüren ist schon der Hammer.

Vielleicht nehme ich unterstützend SSRI, aber von anderen Dro. lasse ich erstmal meine Finger. Erstmal weg von den Benzos, dann mal weitersehen.
Zum Glück habe ich meine Frau und meine Tochter, die dem Leben einen echten Sinn geben und mir die Kraft geben, weiterzumachen.

Zitat:
Übrigens erweisen sich Fachärztinnen meiner Erfahrung nach oft als sorgfältiger und umsichtiger als ihre männlichen Kollegen...

Da gebe ich dir vollkommen Recht!

Nochmals Danke und ebenso liebe Grüße

Jim

09.01.2010 23:29 • #4


Jim
Bei mir ist es leider wieder in die Dauerpanik gekippt. Sowas hatte ich schon mal vor 20 Jahren ein paar Jahre am Stück.
Damit mir das nicht nochmal passiert, habe ich mich heute Notfallmäßig in einer Psychosomatischen Klinik angemeldet (wo ich im Sommer schon mal war).
Hoffe, dass geht in wenigen Wochen, bis dahin muss ich mich wohl mit den Schei... Benzos über Wasser halten.
Ich mach den Entzug dann dort und schleiche SSRI ein.

Boah, mir geht es sowas von übel.............

Jim

11.01.2010 15:21 • #5


Christina
Hi Jim,

das ist ja bitter. Ich drücke dir die Daumen, dass es wirklich schnell geht. Aber auch wenige Wochen sind mit einer erneuten Benzoabhängigkeit im Nacken ja ganz schön lang. Hast du vielleicht einen Arzt, der dir ein beruhigendes und niederpotentes Neuroleptikum als Alternative verschreiben könnte? Damit lassen sich die Benzos u.U. ersetzen - wenigstens meistens, bis auf extremere Notfälle. Oder du kannst immerhin die Dosis möglichst niedrig halten.

BTW: Wenn es jetzt um Dauerpanik geht und du bei Benzodiazepinen bleiben musst, wäre ein Umstieg auf Diazepam evtl. sinnvoll. Lorazepam hat ja eine relativ kurze Wirkdauer, während mit Diazepam ein Spiegel aufgebaut würde. Außerdem ist die wirksame Dosis von Lorazepam von vorneherein höher. Da du ja nicht gerade von kompetenten und engagierten Ärzten umgeben zu sein scheinst, könntest du die Klinik kontaktieren bzw. den Arzt, der dich dort beim letzten Mal behandelt hat. Der kann dir sicher Tipps geben, wie du die Zeit am besten - auch medikamentös - überbrückst, ohne weiteren Flurschaden anzurichten.

Liebe Grüße und alles Gute
Christina

11.01.2010 19:08 • #6


Jim
Danke für die schnelle Antwort, Christina!

Momentan habe ich mich zum Glück wieder was gefangen, Das kippt meistens von einer auf die andere Minute (ohne Benzos).
Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Benzos nach der Einnahme mehr schaden als nützen.
Ich konnte mir vorstellen, wenn ich die Dinger ganz absetzt, dass auch die Schwankungen am Nachmittag ausbleiben. Ist irgendwie ein täglicher neuer Entzug.


Vielleicht schaffe ich es ja doch ohne Klinik. Da ich größtenteils die Kinderversorgung übernommen habe, bin ich nicht so leicht und schnell zu ersetzen. Wäre schon schön!

Ich versuche, auf jeden Fall den Flurschaden so gering wie möglich zu halten !


LG Jim

11.01.2010 22:51 • #7


M
hallo,
habe deinen beitrag gelesen.war 3 jahre lang benzodiaepin abhängig,wegen angst und panik störung,depression und noch so kleinigkeiten.ich stand mit benzos auf und ging mit diesen ins bett.dann hatte ich einen nervenzusammenbruch und kam in eine psychotherapeutische klinik.dort hab ich dann davon entzogen.ich nahm immer über den tag verteilt bis ca.8 tabl. a 10mg. in der klinik reduzierten sie jeweils 5mg alle 8 tage.am anfang gehts noch.da merkst du es nicht so.aber wenn dir dann schon so 15mg-20mg fehelen,geht es schon los mit dem entzug.dafür gibt es dann ersatz,den man sich holen kann wenns ganz schlimm wird.ein medi namens atosil.macht nicht abhängig,schmeckt aber scheusslich als ich nur noch 10mg pro tag bekam war es doch schon heftig.schmerzen in den beinen,krämpfe usw.du kennst das ja.dann war ich auf 0mg.aber bekam noch 3xtgl.das atosil.zusätzlich ein antidepressiva cipralex.und es ging mir damit gut.heute bin ich clean und es ist 14 monate nach dem entzug.und bitte niemals kalt entziehen und abrupt.das kann in die hose gehen.und nie mehr als 5 mg pro tag weniger nehmen.und ersatz solltest du haben zu beruhigung.an deiner stelle würde ich es in einer klinik versuchen.u hause schafft man das selten,weil man da häufiger in stresssituationen kommt und schneller zu tabletten greift.ich wünsche dir alles gute. melody

12.01.2010 21:25 • #8


M
sry nicht 5mg pro tag ,sondern pro woche.oh man,da hätte ich ja was angerichtet

12.01.2010 21:31 • #9


Jim
@melody

Danke für deine Antwort! ich reduziere im Moment in 0,25 Schritten alle 8 Tage (bzw. bin jetzt auf 0,25). Werde nächste Woche auf 0,12 gehen, wenn ich es durchhalte.

Momentan geht es mir wieder so schlecht, dass ich am Liebsten in eine Klinik gehen würde. Morgen erfahre ich, welche Wartezeit ich haben werde, wenn ich mich dazu entschließen muss.

Gestern hatte ich mich wieder etwas gefangen und habe den Fehler gemacht, wieder ein paar B. zu trinken. Das scheint überhaupt nicht zu gehen, dazu habe ich die Nacht nur 3 Stunden geschlafen, weil meine Tochter die halbe Nacht wach war.

Heute laufe ich voll neben der Rolle, als hätte ich 10 B. getrunken und überhaupt nicht geschlafen. Alles Schei.....


Jim

13.01.2010 13:26 • #10


Jim
@melody
Zitat:
...über den tag verteilt bis ca.8 tabl. a 10mg....


10mg Diazepan oder welches Benzo? Ist ja heftig viel. Bis zu 80 mg um 5mg/Woche zu reduzieren, wie lange warst du denn insgesamt in der Klinik ?

LG Jim

13.01.2010 23:23 • #11


Jim
Ich nochmal das letzte Mal zu dem Thema. Habe es zwar geschafft, auf 0,25 Tavor runterzukommen, aber den Rest mache ich im Krankenhaus. Bin ab heute für drei Wochen in einer psychosomatischen Abteilung eines ortsansässigen Krankenhauses und werde hier den Schei... absetzen, komme was will.

Danach werde ich einen so weiten Bogen um das Zeug machen, dass ich mich nichtmal mehr an den Namen erinnern möchte.

Drückt mir mal die Daumen !

THX and cheers

Jim

20.01.2010 15:48 • #12


Jim
Habs geschafft!

Es war eine Woche die Hölle, tiefste Qualen bis hin zum Realitätsverlust. Jetzt geht es mir seit Tagen wieder richtig gut, das Leben hat seine Farbe zurück.
Ohne Klinik hätte ich das aber nicht geschafft, bin heilfroh, da durch zu sein!!

Jetzt verabschiede ich mich aber endgültig!

Euch alles Gute,

Jim

04.02.2010 09:54 • #13


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Dr. Hans Morschitzky