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Hallo,

seit mittlerweile 4 Jahren bin ich trotz sozialer Phobie und ängstlicher Persönlichkeitsstörung im Berufsleben und seitdem geht es mir fast nur noch schlecht.

Ich kann es einfach nicht ertragen, so lange und oft unter Menschen zu sein, ich brauche viel Freiheiten, Alleinsein, Unabhängigkeit und viel Regenerationszeit. Ich bin durch die Arbeit permanent angespannt und innerlich unruhig, spüre selbst nach 2 oder 3 Jahren mit anderen Menschen (Kollegen) keine Vertrautheit, sondern nur Angst.

Mein Leben macht mir einfach überhaupt keine Freude mehr. Ich lebe nur noch für Pflichterfüllung. Auch am Wochenende geht es mir nicht wirklich gut, dann lastet oft immer noch der Stress von der Woche auf mir und die 2 Tage sind total schnell rum. Als Schülerin oder Studentin hatte man wenigstens längere freie Zeiten (Ferien) und in der Uni gab es sowieso viel Flexibilität, aber 5 Tage immer arbeiten, egal wie ich mich gerade fühle oder wie angespannt, traurig oder depressiv ich gerade bin, ist für mich einfach Horror.

Früher dachte ich immer, wenn ich es mal schaffen sollte zu arbeiten, dass ich mich dadurch dann total weiterentwickeln werde, zufriedener lebe und meine Ängste langsam loswerde. Das ist aber alles nicht eingetreten, eher im Gegenteil.

Ich habe z.B. überhaupt keine Ruhe und keinen Antrieb mehr, Kontakte aufrechtzuerhalten, geschweige denn irgendwo neue Menschen kennenzulernen. Hätte ich immer mal wieder länger frei, würde ich das dagegen schon in Angriff nehmen, so wie ich das früher auch geschafft habe. Aber jetzt brauche ich die wenige freie Zeit (Wochenende bzw. 1-2 Wochen Urlaub) immer zur totalen Regeneration und Erholung und schaffe es einfach nicht, mich neben dem anstrengenden Arbeiten zusätzlich auch noch um meine Ängste, Treffen, neue Kontakte zu kümmern.

Geht es jemandem auch so?
Oder ist die Arbeit für euch eine wichtige Stütze?
Was kann ich machen? Leben besteht für mich (gedanklich) nur noch aus Arbeit/Pflichterfüllung.

Eigentlich habe ich schon so angenehme Arbeitsbedingungen wie nur möglich. Ich muss nicht früh aufstehen, arbeite nur 4-5 Std. pro Tag, die Leute sind nett. Aber trotzdem.. ich fühle mich einfach nur noch angespannt und unter Druck durch diese tägliche Verbindlichkeit und den Zwang, unter Menschen zu sein..

20.01.2019 01:29 • 21.01.2019 x 3 #1


10 Antworten ↓


F
Zitat von Lea1990:
Ich kann es einfach nicht ertragen, so lange und oft unter Menschen zu sein, ich brauche viel Freiheiten, Alleinsein, Unabhängigkeit und viel Regenerationszeit. Ich bin durch die Arbeit permanent angespannt und innerlich unruhig,


Exakt genauso ging es mir auch,als ich noch Vollzeit bzw. mehr gearbeitet habe.
Bin abends teilweise weinend zusammengebrochen und die Kollegen fragten sich ,was ich denn hätte..

Ich arbeite mittlerweile 3 Stunden am Tag und das ist das Maximum dessen,was ich leisten kann,danach brauch ich auch dringend Ruhe.

Wenn Du es Dir finanziell leisten kannst,fahr die Stunden weiter runter.
Es ist wichtig,Deine äusseren Bedingungen Deiner Psyche anzupassen.
Aufgrund unserer psychischen Labilität bleibt uns keine Wahl und man muss sich deswegen auch nicht schämen.
Mehr als alles geben kann man nicht und wenn Du so weitermachst,droht ein Totalzusammenbruch über kurz oder lang und dann kannst Du erst recht nicht mehr arbeiten.

Was Du vorher noch versuchen kannst ist,ein beruhigendes Antidepressivum (z.B. Amitriptylin) zur Hilfe zu nehmen.
Es kann Dich gut stabilisieren,wenn Du ein passendes Medikament für Dich gefunden hast.

20.01.2019 10:23 • x 1 #2


A


Seit ich arbeite, keine Lebensfreude mehr

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L
Hey, danke für deine Antwort. Reicht dir denn das Geld bei der Stundenzahl?
Ich hatte mal überlegt, nur noch von Mo-Do zu arbeiten, allerdings wäre das Geld dann wirklich wenig, dann könnte ich mir an anderen Stellen noch weniger frei/Urlaub nehmen. Organisatorisch wäre das vielleicht auch noch anstrengender für mich, weil ein Kollege freitags dann einspringen müsste und ich mich mit ihm dann immer absprechen und austauschen müsste. Das wäre dann wieder eine zusätzliche Last und immer Angst vor seiner Bewertung, weil er dann ja genau sieht, wie ich arbeite.

Vor Depressiva habe ich Angst, besonders vor den Nebenwirkungen. Solche NW wie Gewichtszunahme, Schwitzen, Übelkeit sind für mich die Hölle. Hatte das alles schon von der Pille und werde auch die nicht mehr nehmen. :/

Am besten ging es mir in meiner Studentenzeit, als ich ab und zu in der Woche Nachhilfe gegeben habe. Ich wusste, ich kann es theoretisch immer absagen oder verschieben oder ganz beenden und es sind auch immer neue Leute.

Ich kann es einfach nicht ertragen, täglich mit dem gleichen Team zu tun zu haben und dann immer wieder zu sehen, dass ich mich überhaupt nicht integrieren und auch kein wirkliches Vertrauen oder Interesse aufbauen kann. Dazu die ständige Unruhe und Anspannung und hoffentlich merkt niemand, dass ich psychisch krank bin und Persönlichkeitsstörungen habe

20.01.2019 13:36 • #3


F
Zitat von Lea1990:
Dazu die ständige Unruhe und Anspannung und hoffentlich merkt niemand, dass ich psychisch krank bin und Persönlichkeitsstörungen habe


Ja,diese Angst hatte ich auch immer,dass man mir das anmerkt,dass ich anders bin...

Ich hab von meinem Medikament deutlich zugenommen,bin aber trotzdem froh,dass ich es habe.
Mir ging es allerdings auch dermassen schlecht,dass ich mit schweren Depressionen und täglich mehrfachen Panikattacken wochenlang in der Psychiatrie sass.
Ohne Medikamente müsste ich von Klinik zu Klinik,kommt daher für mich nicht in Frage.
Solange Du ohne Medikamente zurechtkommst,brauchst Du ja auch keine zu nehmen.

Nee,das Geld,das ich verdiene würde für mich nicht zum Leben reichen,mein Mann arbeitet Vollzeit und dadurch kommen wir hin mit dem Geld.

20.01.2019 14:31 • #4


A
Hallo @Lea1990

ja, da kenn ich sehr gut. Es ging mir mal genauso, bis ich über 1 Jahr krank geschrieben war und nun in voller EMR. Ich kann das gut nachvollziehen, was du da durchmachst. Vielleicht hilft dir eine Therapie? Oder mal eine Klinik oder Tagesklinik? Während dieser Zeit kannst du dich krankschreiben lassen.

20.01.2019 15:05 • x 1 #5


Abendschein
Zitat von Lea1990:
Hallo, seit mittlerweile 4 Jahren bin ich trotz sozialer Phobie und ängstlicher Persönlichkeitsstörung im Berufsleben und seitdem geht es mir fast nur noch schlecht. Ich kann es einfach nicht ertragen, so lange und oft unter Menschen zu sein, ich brauche viel Freiheiten, Alleinsein, Unabhängigkeit und viel Regenerationszeit. Ich bin durch die Arbeit permanent angespannt und innerlich unruhig, spüre selbst nach 2 oder 3 Jahren mit anderen Menschen (Kollegen) keine Vertrautheit, sondern nur Angst. Mein Leben macht mir einfach überhaupt keine Freude mehr. Ich lebe nur noch für Pflichterfüllung. Auch am Wochenende geht es mir nicht wirklich ...


Mir macht meine Arbeit Spaß, wenn sie auch sehr anstrengend sein kann.
Ich merke z.B. wenn ich nichts tue, dann kann das für drei Wochen mal schön sein,
aber dann vermisse ich die Arbeit, die Kollegen (mit denen ich mich auch ab und zu Privat treffe)
und die Kunden. Auf der Arbeit bin ich abgelenkt und denke nicht über Dinge nach.

20.01.2019 21:44 • x 1 #6


F
Ich kenne das auch. Habe noch nie länger als 9 Monate wo gearbeitet und schon im ersten Monat war ich schon krank, weil ich komplett überfordert war.

20.01.2019 22:50 • x 3 #7


Schlaflose
Zitat von Lea1990:
seit mittlerweile 4 Jahren bin ich trotz sozialer Phobie und ängstlicher Persönlichkeitsstörung im Berufsleben und seitdem geht es mir fast nur noch schlecht.


Ich habe auch diese Diagnosen und genauso ging es mir auch vom ersten Tag im Berufsleben an. Bei mir hat sich das in Form von extremen Schlafstörungen geäußert. Ich habe 20 Jahre lang als Lehrerin gearbeitet und jeder Tag war eine Qual. Ich habe das alles zuerst nur mit Schlaftabletten und später mit schlafanstoßenden Antidepressiva überhaupt so lange ausgehalten. Und ich hatte immer ein reduzierte Stelle, Vollzeit hätte ich nie durchhalten können. Aber die letzten Jahre hatte ich trotzdem immer wieder Zusammenbrüche und längere Krankschreibungen, zuletzt 2011 fast das ganze Jahr. In der Zeit habe ich beschlossen, den Beruf aufzugeben und einen Job in der Verwaltungen anzunehmen. Seitdem ist das alles sehr viel besser geworden, aber gern arbeite ich immer noch nicht. Ich muss aber, weil ich schon immer alleinstehend und finanziell völig auf mich gestellt war. Zum Glück habe ich nur noch 6 Jahre bis zur Rente. Das halte ich noch irgendwie durch.

21.01.2019 11:28 • x 1 #8


L
Zitat von Schlaflose:

Ich habe auch diese Diagnosen und genauso ging es mir auch vom ersten Tag im Berufsleben an. Bei mir hat sich das in Form von extremen Schlafstörungen geäußert. Ich habe 20 Jahre lang als Lehrerin gearbeitet und jeder Tag war eine Qual. Ich habe das alles zuerst nur mit Schlaftabletten und später mit schlafanstoßenden Antidepressiva überhaupt so lange ausgehalten. Und ich hatte immer ein reduzierte Stelle, Vollzeit hätte ich nie durchhalten können. Aber die letzten Jahre hatte ich trotzdem immer wieder Zusammenbrüche und längere Krankschreibungen, zuletzt 2011 fast das ganze Jahr. In der Zeit habe ich beschlossen, den Beruf aufzugeben und einen Job in der Verwaltungen anzunehmen. Seitdem ist das alles sehr viel besser geworden, aber gern arbeite ich immer noch nicht. Ich muss aber, weil ich schon immer alleinstehend und finanziell völig auf mich gestellt war. Zum Glück habe ich nur noch 6 Jahre bis zur Rente. Das halte ich noch irgendwie durch.


Hat dich als Lehrer überfordert, dass immer so viele Menschen um dich rum sind und man keine Ruhe hat?

Was gilt da überhaupt als Vollzeit und Teilzeit? Lehrer arbeiten ja normalerweise nicht 8 Stunden am Tag, sondern 20-25 Schulstunden pro Woche..?

Auf jeden Fall gut, dass es bei deinem jetzigen Job besser ist.

21.01.2019 12:45 • #9


kalina
Vielleicht würde es Dir helfen einen Job zu suchen, in dem Du sehr wenig Kontakt zu anderen Menschen hast.

21.01.2019 12:52 • #10


Schlaflose
Zitat von Lea1990:
Hat dich als Lehrer überfordert, dass immer so viele Menschen um dich rum sind und man keine Ruhe hat?


Nein, das macht mir nichts aus.
Mich hat hauptsächlich überfordert, vorne zu stehen und zu reden, den Chef spielen zu müssen, im Mittelpunkt zu sein, immer die Angst, kritisiert zu werden, mich zu blamieren u.ä. Und natürlich auch mich immer mit undisziplinierten, faulen und frechen Schülern und deren Eltern abzuplagen.

Zitat von Lea1990:
Was gilt da überhaupt als Vollzeit und Teilzeit? Lehrer arbeiten ja normalerweise nicht 8 Stunden am Tag, sondern 20-25 Schulstunden pro Woche..?


Bei uns ist Vollzeit im Gymnasialbereich 26 Stunden pro Woche an reiner Unterrichtszeit. Dazu kommen natürlich noch zuhause Unterrichtsvorebreitungen und Korrekturen dazu und außerhalb der Unterrichtszeit jede Menge Konferenzen, Elternabende u.ä.

Ich hatte im Duchschnitt einen 16-Stundenvertrag mit einem freien Tag in der Woche. Die einzelnen Unterrichtstage waren aber auch oft bis in den Nachmittag hinein, weil man zwischendurch auch Freistunden hat, in denen man auch oft als Vertretung eingesetzt wurde. Ich war meistens von 7.50-15.00 Uhr in der Schule und wenn Konferenzen waren, bis 17.00-18.00 Uhr. Zu Konferenzen und Elternabenden muss man auch hin, wenn sie an einem Tag sind, wo man seinen freien Tag hat.

21.01.2019 13:45 • #11


A


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