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Hey liebe Community. Ich bin einfach mit meinem Latein am Ende und weiß nicht mehr, welche Perspektiven ich haben kann.
Zu meinem Problem:
Seit meinem 11 Lebensjahr leide ich unter einer starken schulischen Phobie. Dazu muss ich sagen, dass diese schulische Phobie überhaupt nicht mit dem Bearbeiten von Aufgaben, das Lernen, Klausuren oder Leistungsanforderungen zusammenhängen. Diese Phobie bezieht sich eher auf die Umwelt, das Zusammensein in einem großen Klassenverband, die lauten Pausen, die Mitmenschen.

Ich war von meinem 12-15 Lebensjahr überhaupt nicht in der Schule, bin aufgrund meiner Probleme einfach fern geblieben. Weiter gestört hat es weder die Schulbehörde, noch das Jugendamt, wo ich mich frage, wie das möglich ist, dass keiner ein Auge darauf wirft. Ich habe damals in dieser Zeit auch oft E-Mails ans Jugendamt geschrieben, da ich dringen Hilfe benötigte und es aus meiner Kraft heraus nicht schaffe. Leider kam zu dieser Zeit nichts dabei raus, außer einen Besuch bei mir Zuhause, wo man mir mitteilte ich habe doch ein nettes Zimmer, nette Eltern etc. mir würde ja an nichts mangeln.

Jedenfalls bin ich mit 15 heraus aus eigener Kraft zur Schule gegangen (habe meinen erweiterten Hauptschulabschluss mit 100 Fehltagen gemacht). Zurückblickend kann ich sagen, es war die Hölle. Ich habe aufgrund meiner Andersheit keinen Anschluss gefunden, war jede Pause alleine, habe mich auf Toiletten versteckt damit keiner sieht dass ich da ganz alleine in der Ecke stehe. Ich habe auch Mitschüler damals gefragt, ob ich mit denen was in der Pause machen kann. Die wollten aber nichts mit mir machen, weil die schon ihren Kreis hatten und meinten dass sie schon zu viele wären. Nach jedem Schultag kam ich weinend nach Hause.

Mit 17 ging ich auf eine berufliche Schule, in der ich meine Andersheit auch wieder bemerkte, bin wieder ferngeblieben, halbes Jahr Zuhause geblieben. Naja mit 17 kam ich dann endlich auf ein Internat weil ich sehr viel Druck beim Jugendamt ausgeübt hatte und wirklich die Motivation hatte etwas zu erreichen.
Im Juni dieses Jahres habe ich dann meinen erweiterten Realschulabschluss gemacht, das Internat verlassen (Internat ist für Kinder und Jugendliche ausgelegt, die Störungen wie Autimus,ADHS,Asperger etc haben)
So weit so gut, habe meinen Realschulabschluss mit einem Durchschnitt von 1,9 gemacht. Abschlussprüfungen habe ich beide mit 1 bestanden.
Die Schulzeit fiel mir dort weniger schwer, da wir ganz kleine Klassenverbände hatten (10-12 Schüler). Ich bin sehr stolz auf mich.

Nun bin ich 19, gehe auf ein Gymnasium, weil ich unbedingt mein Abitur erreichen möchte. Nun merke ich aber wieder, dass ich es unter diesen Voraussetzungen nicht schaffen kann. Riesige Klassenverbände, starke Reizüberflutung, Lehrer, die meine Introversion als Desinteresse einordnen und mir mündlich eine 5 geben. Ich versuche mich da durchzuboxen, merke aber jeden Tag mir geht es schlechter und dass es mir sehr auf die Psyche geht.


Zu meinem Andersein:
Seit meinem Kindergarten, bin ich nicht dazu in der Lage, Kontakte zu knüpfen. Im Kindergarten habe ich alleine gespielt und daraufhin haben auch die Erzieher bei mir Zuhause angerufen. Seit ich mich erinnern kann, geht es mir in einer Menschenansammlung nicht gut. Ich kann diese ganzen Eindrücke die auf mich zukommen gar nicht so schnell verarbeiten (Viele Gespräche, viele Energien von anderen, die Lautstärke, verschiedene Sinneseindrücke). In dem Alter war es noch keine Belastung für mich. Erst auf der Grundschule und weiterführenden Schule habe ich gemerkt, dass ich immer mehr Schwierigkeiten dadurch bekomme. Schlechte Zensuren (mündlich zählte in den Nebenfächern 60%), ich war einfach stumm und habe nicht geredet. Am Anfang hatte ich ein paar Freunde, die mich nach und nach aber ausgeschlossen haben, da ich wohl doch sehr langweilig war in meiner Kommunikation. Pausen habe ich alleine verbracht und mich immer schlecht gefühlt. Das zog sich über Jahre hinweg.

In meiner jetzigen Schule habe ich auch schon 6 Fehltage (Schule ist seit 1 Monat erst)
Ich versuche wirklich mein Bestes. Unterrichtstechnisch komme ich wirklich sehr gut mit. Meine mündliche Beteiligung ist einfach schlecht und ich kann keine Kontakte zu anderen knüpfen, was bedeutet, dass ich in den Pausen das Schulgelände verlasse und dann alleine in der Ecke stehe und einfach die Zeit abwarte. Es ist einfach sehr belastend. Ich weiß dass ich unter anderen Umständen mein Potential anders ausschöpfen könnte, wenn bestimmte Sachen wie die soziale Interaktion berücksichtigt werden in meiner Situation. Ich weiß einfach nicht mehr weiter. Mir geht es von Tag zu Tag schlechter. Mache mir sehr große Sorgen über meine Zukunft.

Wisst ihr vielleicht mir weiterzuhelfen oder kennt andere Wege, sein Abitur zu machen?.
Danke für die Zeit und das Lesen meines Beitrags

01.10.2020 18:22 • 02.10.2020 #1


8 Antworten ↓


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Hallo und Willkommen,

da hast Du einiges an Herausforderungen in deinem Leben gehabt.
Bist Du, bzw. warst Du schon einmal in psychotherapeutischer Behandlung/Diagnostik?

Zitat von fenna:
Seit ich mich erinnern kann, geht es mir in einer Menschenansammlung nicht gut. Ich kann diese ganzen Eindrücke die auf mich zukommen gar nicht so schnell verarbeiten (Viele Gespräche, viele Energien von anderen, die Lautstärke, verschiedene Sinneseindrücke). In dem Alter war es noch keine Belastung für mich. Erst auf der Grundschule und weiterführenden Schule habe ich gemerkt, dass ich immer mehr Schwierigkeiten dadurch bekomme.

01.10.2020 18:48 • x 1 #2


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Keine Perspektive mit 19

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Zitat von cube_melon:
Hallo und Willkommen,da hast Du einiges an Herausforderungen in deinem Leben gehabt.Bist Du, bzw. warst Du schon einmal in psychotherapeutischer Behandlung/Diagnostik?



seit meinem 11. Lebensjahr bin ich schon in Therapie.

01.10.2020 18:58 • #3


Lillibeth
Hi, das klingt zu 100 Prozent nach meinem Stiefbruder. Schulisch super aber Schlecht kompatibel im sozialen Verband um es mal kurz auszudrücken. Er hat sich dann mit 24 mal in einer Autismus Ambulanz vorgestellt. Es wurde das Asperger Syndrom diagnostiziert. Nun ist das zwar keine Krankheit an sich aber zumindest kann es Hilfen geben . Psychotherapeuten brachten gar nix. Er ist ja nicht psychisch krank. Da muss man definitiv unterscheiden. Was möchtest Du denn nach dem Abitur machen ?

01.10.2020 19:07 • #4


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Zitat von Lillibeth:
Hi, das klingt zu 100 Prozent nach meinem Stiefbruder. Schulisch super aber Schlecht kompatibel im sozialen Verband um es mal kurz auszudrücken. Er hat sich dann mit 24 mal in einer Autismus Ambulanz vorgestellt. Es wurde das Asperger Syndrom diagnostiziert. Nun ist das zwar keine Krankheit an sich aber zumindest kann es Hilfen geben . Psychotherapeuten brachten gar nix. Er ist ja nicht psychisch krank. Da muss man definitiv unterscheiden. Was möchtest Du denn nach dem Abitur machen ?


Danke für deine Antwort! Darüber habe ich auch schon oft nachgedacht und finde bei den Diagnosekriterien im Internet wirklich viele Gemeinsamkeiten. Ich fühle mich sehr unverstanden weil alle meinen ach du bist unsicher, du musst lernen lernen lernen dich anzupassen, selbstbewusster sein... etc.
Ich habe meine damaligen Psychologen die ich hatte auch alle darauf angesprochen, sie meinen aber ich würde nicht so wirken als hätte ich eine Autismus-Spektrum-Störungen. lediglich eine hatte da eine vage Vermutung gebracht. Leider hat sich nichts mehr dabei ergeben.

Wie kommt dein Stiefbruder zurecht, nun da er die Diagnose hat ? Ist er erleichtert? Wie macht er sich so?

Nach dem Abitur möchte ich studieren, in der Neurowissenschaft

Liebe grüße!

01.10.2020 19:23 • #5


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Eine Reizüberflutung ist mir selbst bekannt - in etwas anderer Form wie Du es beschreibst.
Stückweit kann ich diese Reizüberflutung verarbeiten und kompensieren - sprich damit umgehen. Es kann doch deutlich Energie kosten.

In einer dir zuträglichen Umgebung, scheinst Du dein volles Potenzial ausschöpfen zu können. In tendenziell dir weniger optimalen Bedingungen wird es schwerer.

Ganz lapidar gesagt und ich denke das ist dir bewusst, kann man versuchen mit weniger zuträglichen Bedingungen umzugehen, andere Bedingungen zu suchen oder die Umgebung an sich anzupassen. Letzteres ist eher Theorie.

Ich habe eine Lehrerin in der Verwandschaft und mal die Frage gestellt ob es eine niederschwelligere Lösung gibt.
Gut möglich das es hier jemanden gibt der sich damit auskennt.

01.10.2020 19:28 • #6


Lillibeth
Zitat von fenna:
Danke für deine Antwort! Darüber habe ich auch schon oft nachgedacht und finde bei den Diagnosekriterien im Internet wirklich viele Gemeinsamkeiten. Ich fühle mich sehr unverstanden weil alle meinen ach du bist unsicher, du musst lernen lernen lernen dich anzupassen, selbstbewusster sein... etc. Ich habe meine damaligen Psychologen die ich hatte auch alle darauf angesprochen, sie meinen aber ich würde nicht so wirken als hätte ich eine Autismus-Spektrum-Störungen. lediglich eine hatte da eine vage Vermutung gebracht. Leider hat sich nichts mehr dabei ergeben.Wie kommt dein Stiefbruder zurecht, nun da er die Diagnose hat ? Ist er erleichtert? Wie macht er sich so?Nach dem Abitur möchte ich studieren, in der NeurowissenschaftLiebe grüße!

Er hat ein mega gutes Verständnis für Zahlen. Er ist über Umwege bei der Firma Auticon gelandet. Tolle Firma die Autisten einstellt und vermittelt in vielen Betreichen. Ich glaube der Gründer hatte einen autistischen Sohn und so kam das irgendwie zu Stande. Die haben ihn dann weitervermittelt und mittlerweile arbeitet er im homeoffice und macht irgendwelche Analysen. Verdient ne Menge Geld und kommt gut zurecht. Was er nicht gut kann sind zb Termine bei Ämtern wahrnehmen etc. Da geht sein Vater mit. Wichtig war erstmal zu wissen was es ist und es selbst zu akzeptieren. Er hat auch nur einen Freund, sagt aber das reicht ihm
Guck mal unter auticon. De
Aus welchem Ort kommst Du denn ? Gibt es eine Autismus Ambulanz? Geh doch einfach mal hin. Schadet ja nicht.

01.10.2020 19:32 • x 1 #7


Meteora
Ich kann mich darin auch sehr gut wiederfinden, allerdings kenne ich diese Reizüberflutung nicht und lasse mich daher auch nicht auf Autismus testen. Ich habe auch so gut wie nie in der Schule gefehlt, da ich zuhause Probleme hatte und die Schule ein Fluchtort für mich war.

Es gibt vom Berufsbildungswerk Ausbildungsangebote für Betroffene von Autismus. Allerdings würde ich dir zu einem Studium raten, wenn das eher in deinem Sinne ist. Das Gute am Studium ist, man wird nicht so gezwungen, irgendwo reinzupassen, man kann für sich bleiben. Das mache ich auch meistens. Das Problem ist nur, wenn man Referate in der Gruppe ausarbeiten oder eine Lerngruppe finden muss. Aber die meiste Zeit wird nicht darauf geschaut, ob du abseits stehst oder so. In der Uni gibt es auch keine mündlichen Noten. Man sitzt in der Vorlesung mit einem Haufen anonymer Personen. Hast du eher Angst, wenn du die Leute besser kennst oder wenn du sie nicht kennst? Oder ist das gleich?

Dein Abitur kannst du auch als Fernabi machen. Ich glaube, das geht bei ils, ich bin mir aber nicht sicher.

01.10.2020 19:38 • #8


Schlaflose
Zitat von fenna:
Wisst ihr vielleicht mir weiterzuhelfen oder kennt andere Wege, sein Abitur zu machen?.

Du kannst das Abitur über eine Fernschule machen z.B. ILS (ist aber ziemlich teuer) oder das Externenabitur. Da bereitet man sich komplett selbstständig vor und macht nur die Abiturprüfungen an einer Schule, der man zugewiesen wird. Informiere dich bei der Bildungsbehörde deines Bundeslandes.

Übrigens kannst du bei einer anerkannten psychischen Störung einen Nachteilsausgleich auch für die normale Schule beantragen. Es könnten dir Regelungen zugestanden werden, dass z.B. mündliche Leistungen durch schriftliche ersetzt werden u.ä. Musst du auch ich bei der Bildungsbehörde beantragen.

02.10.2020 06:33 • x 2 #9