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8

G
Liebe Leute,
ich selbst bin nicht von Sozialphobie betroffen, war jedoch als Kind sehr schüchtern und habe jetzt
noch manchmal in sehr engen Kontakte Ängste und hatte noch nie Beziehungserfahrungen mit denen ich dieses Dilemma jetzt vergleichen könnte.
Mein Anliegen daher: bitte eine Einschätzung oder Erfahrungen von Betroffenen.

Der Sachverhalt:
nach der Lektüre einiger Forenbeiträge wird mir jetzt klar, wie krank er wirklich ist und was für einen enormen Leidensdruck er hat und dass er echt hart arbeitet um zu funktionieren.
Aber leider bin ich mir nicht sicher, inwieweit ich ihn in meinem Leben
haben möchte oder haben kann, da ich mir ständig Sorgen mache, wie er durch den Alltag kommt, da ich nicht das Gefühl habe dass er für sich aufstehen kann und außerdem möchte ich nicht die Mama in dieser Beziehung sein.
Auf jeden Fall möchte ich ihm helfen und ihn mehr verstehen- im Moment haben wir keinen Kontakt,
da ich denke ein klarer Schnitt ist für ihn das beste. Will ihm keine Hoffnung auf mehr machen (hatten schon Beziehungsversuch).

Die Fragen: mag er mich oder bin ich nur ein Ersatz für irgendwas bzw ein Stück Sicherheit? sind schwere Sozialphobiker beziehungsfähig?
von selbst wird soziale Phobie nicht besser, ist ein loser telefonischer Kontakt da nicht wenigstens ein bisschen was? (Anm. bisher kommt Therapie für ihn nicht n Frage)
hat euch Kontakt in schwierigen Phasen geholfen oder war es eher kontraproduktiv?
wann macht ihm etwas Schwierigkeiten bzw wo kann ich mir sicher sein dass es ihm zuviel sein könnte ?

Schonmal danke für Antworten!

08.10.2019 23:14 • 03.11.2019 #1


13 Antworten ↓


Feuerschale
Hallo gastgast,
ich bin mir nicht so sicher, ob ich 100 pro betroffen bin oder eher war, da ich vermute, dass bei mir
andere Hintergründe zu Vermeidung von Menschen und psychicher Unsicherheit geführt haben,
aber ich würde mal meine Sichtweise auf deine Fragen schildern, wenn es ok ist.

Ich lese heraus, dass du dir viele Gedanken um deinen Freund / Bekannten machst, um ihn
zu verorten. Ich vermute mal, da er sich kaum positioniert?
Ich denke dabei, dass du dich dann aber schnell im Bereich der Spekulation befindest. Und ich
glaube, dass andere ähnlich Betroffene die Frage, was mit deinem Freund los ist, nicht treffend
beantworten können, nur schätzungsweise.
Zitat:
Aber leider bin ich mir nicht sicher, inwieweit ich ihn in meinem Leben
haben möchte oder haben kann, da ich mir ständig Sorgen mache, wie er durch den Alltag kommt, da ich nicht das Gefühl habe dass er für sich aufstehen kann und außerdem möchte ich nicht die Mama in dieser Beziehung sein.
Ich denke, die Frage wird für dich ganz zentral sein, wo willst du dich positionieren.
Das mit der Mama kann ich zu gut verstehen. Mag selber Gleichberechtigung und dass jeder
so seine Grundverantwortung übernimmt.
Und gut finde ich auch nicht, wenn einer so stagniert und sich nicht so richtig positioniert.
(ist sein gutes Recht, aber ich komme damit nicht klar).

Es liest sich so, als würdest du dich fragen, inwieweit er dich brauchen könnte und du ihm
eine Hilfe sein könntest.
Zeigt deine Verantwortung und Sorge.
Beantworten wird es aber auch nur er können.
Zitat:
Die Fragen: mag er mich oder bin ich nur ein Ersatz für irgendwas bzw ein Stück Sicherheit? sind schwere Sozialphobiker beziehungsfähig?
Meine allgemeine Ideen dazu / Tendenzen:
Beziehung könnte funktionieren, wenn der Partner als vertraut und sicher wahrgenommen
wird. Sehr berechenbar und zuverlässig. Bis hin zu zwanghaften Strukturen (darf nicht zuviel
Außenwelt reinkommen und sich nicht zuviel verändern ggf.)

Die erste Frage erinnnert mich an den Unterschied ich liebe dich, weil ich dich brauche
vs. ich brauche dich, weil ich dich liebe.
Es ist schon möglich, dass ein stark beeinträchtigter Mensch gar nicht so frei ist, um auch einen
anderen frei wahrzunehmen und das Brauchen hier größer ist. Aber generell ist das schwer zu
sagen. Wäre sicher einfacher, für sich selbst zu stehen erst mal. Dann kann man den anderen
auch eher die Wahlfreiheit lassen und ihre variablen Verhaltensweisen besser ertragen, weil sie
dann weniger bedrohlich erscheinen.
Zitat:
von selbst wird soziale Phobie nicht besser, ist ein loser telefonischer Kontakt da nicht wenigstens ein bisschen was? (Anm. bisher kommt Therapie für ihn nicht n Frage)
Das kann schon so eine Art Anschluss an die Welt sein, muss aber auch nicht unbedingt
etwas bewegen, sondern kann genauso das Verhalten stabilisieren. Auch schwer, generell
zu beantworten.
Klingt aber auch so, als würdest du dir da Gedanken machen in der Rolle Therapeut was für
ihn gut sein könnte.
Was ist -auch - für dich gut?
Oder du verbuchst es unter soziales Engagement.Das ist ja auch eine schöne und wichtige Sache,
für die anderen da zu sein, so wie man alte vereinsamte Leute auch besucht usw.
Beziehung in Gleichberechtigung (bzw eine Richtung, eine Stärke) sehe ich da aber dann eher weniger.
Augenhöhe kann ja trotzdem sein.
Zitat:
hat euch Kontakt in schwierigen Phasen geholfen oder war es eher kontraproduktiv?
wann macht ihm etwas Schwierigkeiten bzw wo kann ich mir sicher sein dass es ihm zuviel sein könnte ?
für mich war Kontakt dann besser, aber ich bin dann auch stark hilfesuchend / lösungsorientiert
und in schwierigen Phasen eher menschenanhänglich (mit dem Dilemma der gleichzeitigen Angst
vor Kontakt). Aber vertrautere Menschen gehen dann.

Was zuviel ist und Schwierigkeiten ihm macht, kann nur er durch klare Grenzäußerungen sagen,
ich denke, das ist bei jedem Menschen ja individuell.
Wenn er sich aber wie oben schon erwähnt, eher schwammig verhält und du nicht weißt, wo du
dran bist, dann ist das Rätselraten für dich.
Dann kannst du dir auch keiner Schuld bewusst sein.

Doppelt mitdenken und trotzdem keine Orientierung haben, weil vom anderen nichts kommt,
ist halt auch sehr anstrengend.
(Und ich war auch lange so, schwammig, kannte meine Position nicht, war trotzdem heimlich verärgert ect.; war ein langer Lernprozess,
das rauszufinden und auch zu äußern. Dann wusste ich irgendwann, was ich fühle, hab aber erst lange Zeit wie über ein Jahr später geäußert,
was ich will oder was mich stört. Das war immer noch nicht so prickelnd; jetzt gehts auch zeitnäher.
Es ist ja auch eine Art Unfähigkeit und Diffusität und nicht so böser Wille oder böse Absicht.
Find es nur für die anderen trotzdem nicht so einfach. Und mir hats geholfen, irgendwann auch mehr die anderen zu sehen und mich dadurch
mehr in der Pflicht zu sehen, klarer aufzutreten.)


LG
Feuerschale

09.10.2019 03:57 • x 1 #2


A


Freundschaft mit Sozialphobiker Abbruch?

x 3


Schlaflose
Zitat von gastgast:
sind schwere Sozialphobiker beziehungsfähig?


Ich bin definitiv nicht beziehungsfähig, obwohl meine Soziaphobie nicht schwer ist. Aber ich kann trotzdem enge Kontakte nicht haben, weil sie michzu sehr unter Druck setzen. Und umgekehrt möchte ich niemandem zumuten, sich mit mir zu belasten, weil mich das wiederum zu sehr unter Druck setzt.

Zitat von gastgast:
hat euch Kontakt in schwierigen Phasen geholfen oder war es eher kontraproduktiv?

Bei mir ist es kontraproduktiv. Ich will dann einfach nur meine Ruhe haben.

09.10.2019 12:17 • x 2 #3


G
Hallo , vielen Dank für diese aufschlussreichen Antworten!

@ Schlaflose: Darin erkenne ich mich auch selber wieder :
machmal war er mir (ohne konkreten Grund- Nähe ist schließlich was normales und schönes wenn man sich mag)
zuviel. Vielleicht sind hier auch zwei Sozialphobiker auf einander getroffen?
Nur dass ich im Außen (sozialer Beruf, schließe schnell Bekanntschaften) sehr gut funktioniere und
sehr gut und gerne auf Leute zu gehen kann.
wenn er oder Freunde mir zu nahe kommen, will ich auch einfach nur Ruhe und die Wand anstarren/keinerlei Reize.
Bei ihm war ich manchmal sehr ungerecht, intolerant und innerlich betroffen, wie bei keinem zuvor und
keiner zuvor ist mir so nah gekommen und war im Alltag so präsent. Sonst bin ich eher der Typ
für ein bisschen Fernbeziehung , aber bitte nicht mehr.
Gerade komme ich drauf , ob ich hier auch die beziehungsunfähigere bin?!

10.10.2019 19:32 • #4


G
Zitat von Feuerschale:
ich bin mir nicht so sicher, ob ich 100 pro betroffen bin oder eher war, da ich vermute, dass bei mir
andere Hintergründe zu Vermeidung von Menschen und psychicher Unsicherheit geführt haben,
aber ich würde mal meine Sichtweise auf deine Fragen schildern, wenn es ok ist.


Ja, das ist sehr hilfreich! Je mehr Sichtweisen, muss besser.

Zitat von Feuerschale:
Ich lese heraus, dass du dir viele Gedanken um deinen Freund / Bekannten machst, um ihn
zu verorten. Ich vermute mal, da er sich kaum positioniert?
Ich denke dabei, dass du dich dann aber schnell im Bereich der Spekulation befindest. Und ich
glaube, dass andere ähnlich Betroffene die Frage, was mit deinem Freund los ist, nicht treffend
beantworten können, nur schätzungsweise.


Das trifft es genau! Wenn ich habe oft nachgefragt und manchmal lag ich echt ziemlich daneben.
Ich dachte dann, es läge an mir. So hab ich das noch nicht gesehen.

Zitat von Feuerschale:
Es liest sich so, als würdest du dich fragen, inwieweit er dich brauchen könnte und du ihm
eine Hilfe sein könntest.
Zeigt deine Verantwortung und Sorge.
Beantworten wird es aber auch nur er können.


Ja, tue ich definitiv. Haben darüber auch schon mal gesprochen, umgekehrt traue ich ihm nämlich
nicht viel zu, da ich ihn für sehr sensibel halte. Er wünscht sich, auch gebraucht zu werden. Und
da wären wir auch schon beim Punkt- Augenhöhe/Gleichberechtigung.

Zitat von Feuerschale:
Beziehung in Gleichberechtigung (bzw eine Richtung, eine Stärke) sehe ich da aber dann eher weniger.
Augenhöhe kann ja trotzdem sein.


ja, ich respektiere ihn, aber nicht als Partner. Soziales Engagement- guter Gedanke - das degradiert ihn definitiv
zum Sozialprojekt. Generell bin ich sehr hilfsbereit, da ist sehr viel Automatismus und Erziehung .
Denkst du da steckt evtl ein Helferkomplex dahinter ?
Finde einfach, dass man sich gegenseitig helfen sollte, aber kann selber Hilfe schlecht annehmen.

Zitat von Feuerschale:
Meine allgemeine Ideen dazu / Tendenzen:
Beziehung könnte funktionieren, wenn der Partner als vertraut und sicher wahrgenommen
wird. Sehr berechenbar und zuverlässig. Bis hin zu zwanghaften Strukturen (darf nicht zuviel
Außenwelt reinkommen und sich nicht zuviel verändern ggf.)


Ich denke, er hat mir in manchem mehr vertraut als ich ihm. Ich vermute, er erzählt vieles nicht,
weil er sich schämt oder beschönigt es und daher tue ich mir schwer ihm zu vertrauen.
Auf körperlicher Ebene habe ich generell bei Männern manchmal Angst, dass ein Nein nicht gehört wird /
eine Grenze überschritten wird.
Da ich nun schon zweimal versucht habe 1, da Umzug meinerseits und 2, als er mehr wollte, einen
Schlussstrich zu ziehen, ist von seiner Seite aus das Vertrauen in meine Beständigkeit auch nicht
da. Mal abgesehen davon setze ich Pflichten leider meist über Privatvergnügen und bin sehr unorganisiert
und unstet. So gesehen eigentlich sein Albtraum.
Und das führt wiederum zu meinem Manko: ich kann nie glauben, wenn man/er etwas positives
über mich sagt und stoße ihn dann auch wieder vor den Kopf und verunsichere ihn natürlich.
Auch keine gute Dynamik.

Zitat von Feuerschale:
Wenn er sich aber wie oben schon erwähnt, eher schwammig verhält und du nicht weißt, wo du
dran bist, dann ist das Rätselraten für dich.
Dann kannst du dir auch keiner Schuld bewusst sein.


Er ist oft schlecht gelaunt oder genervt oder wirkt traurig,
fühle mich trotzdem etwas schuldig und manchmal auch genervt von ihm und von mir selbst.
Zum Bsp habe ich mich mit einem Freund von mir und ihm getroffen, kein Ton von ihm.
Hinterher kam raus, dass er sich ausgeschlossen gefühlt hat. Er hätte sich -gesunderweise-
einfach ins Gespräch einklinken können. Hat das selbst auch so gesehen, aber es
war anscheinend zuviel, daher habe ich mich in der Verantwortung gesehen.
Er sagt selbst von sich, dass er meistens einfach so negativ drauf ist ohne besonderen Grund.
Vermutet, dass es erlernt ist (unfreundliches Familienklima).
Fühle mich auch manchmal schuldig weil er sich so bemüht.

Zitat von Feuerschale:
Doppelt mitdenken und trotzdem keine Orientierung haben, weil vom anderen nichts kommt,
ist halt auch sehr anstrengend.
(Und ich war auch lange so, schwammig, kannte meine Position nicht, war trotzdem heimlich verärgert ect.; war ein langer Lernprozess,
das rauszufinden und auch zu äußern. Dann wusste ich irgendwann, was ich fühle, hab aber erst lange Zeit wie über ein Jahr später geäußert,
was ich will oder was mich stört. Das war immer noch nicht so prickelnd; jetzt gehts auch zeitnäher.
Es ist ja auch eine Art Unfähigkeit und Diffusität und nicht so böser Wille oder böse Absicht.
Find es nur für die anderen trotzdem nicht so einfach. Und mir hats geholfen, irgendwann auch mehr die anderen zu sehen und mich dadurch
mehr in der Pflicht zu sehen, klarer aufzutreten.)


Das hilft mir wirklich weiter, ihn zum verstehen. Kenne ich auch von mir zu Jugendzeiten.
Meist sagt er erst hinterher oder Wochen Später was Sache ist .
Ich schätze , durch seine Sozialphobie hat er viel nicht ausprobiert und kennt sich daher selbst
nicht.

Danke Feuerschale für diese offene Ausführung!

Dein tipp ist also ua sich da in andere zu versetzen , was diese sich wünschen würden- also ne klare Rückmeldung und daran versuchen zu denken und alles andere als zweitrangig auszublenden?

Das Problem ist vermutlich nicht die Angst an sich, sondern eher dieses Diffuse und viel aneinander vorbeireden.
Er ist vielleicht einfach nicht (noch nicht) präsent genug.

ich freue mich über jede Meinung oder persönliche Rückmeldung!

10.10.2019 20:26 • #5


Sara80
Das wichtigste Vertrauen. Kann er dir vertrauen? Wieviel hat er dir aus seiner Vergangenheit erzählt? Soziale Ängste entstehen durch viel Negatives was man meistens schon als Kind oder später erlebt hat. Will er überhaupt noch Kontakt zu dir?
Wenn du ihm keine gute Freundin sein kannst die ohne viel zu fragen unterstützt und hilft in Situationen wo er etwas nicht kann sondern dich dadurch in der Mutterrolle siehst, dann nimm den Kontakt lieber nicht wieder auf.

11.10.2019 03:09 • x 1 #6


G
Danke Sara80 für diesen Rat!
Das werde ich beherzigen.

12.10.2019 00:25 • #7


Feuerschale
Hallo gastgast
Zitat von gastgast:
Haben darüber auch schon mal gesprochen, umgekehrt traue ich ihm nämlich nicht viel zu, da ich ihn für sehr sensibel halte. Er wünscht sich, auch gebraucht zu werden. Und da wären wir auch schon beim Punkt- Augenhöhe/Gleichberechtigung.
Da finde ich deine Seite auch ganz interessant, vielleicht könntest du hier auch etwas
über dich herausfinden.
Du hattest ja auch das mit der Erziehung erwähnt, dass du eher fürsorglich bist. Es ist leichter dann
zu geben oder gewohnter zu geben und für andere da zu sein, aber das annehmen kann dann schwerer fallen.
Es könnte ja auch von deiner Seite eine Art Angst vor Nähe dahinterstecken, und du suchst dann eher
so Beziehungen, wo Nähe nicht so aufkommt? (Gibt da so einen Begriff Bindungsangst, das ist aber
vielleicht auch schon wieder so ein großer Komplex).
Zitat von gastgast:
Soziales Engagement- guter Gedanke - das degradiert ihn definitivzum Sozialprojekt. Generell bin ich sehr hilfsbereit, da ist sehr viel Automatismus und Erziehung .Denkst du da steckt evtl ein Helferkomplex dahinter ?Finde einfach, dass man sich gegenseitig helfen sollte, aber kann selber Hilfe schlecht annehmen.
Das war etwas überspitzt ausgedrückt mit dem Sozialprojekt.
Grundsätzlich finde ich es auch gut, füreinander da zu sein und auf andere zu achten.

Vielleicht ist so eine Art Gleichgewicht gut, oder dass man sich jederzeit frei entscheiden kann und nicht in so
einer festen Rolle ist. (Weil man die komplette Verantwortung übernommen hat für jemanden, und de
r rumzetert, wenn man dann mal anders handelt. Oder man selber als Helfer glaubt null an den anderen
und die Integrität des anderen und hat immer so eine bevormundende Lösung ohne Zweifel und Widerspruch)

Heflersyndrom würde ich auch erst sehen, wenn man gar nicht mehr reflektiert und keine Wahlfreiheit
mehr hat. Das klingt bei euch eher nicht so. Ihr seid ja auch beide erstmal zurückgetreten so von dem
ganzen. Und doch beschäftigt er dich ja auch noch.

Vielleicht könnt ihr aber auch noch was voneinander lernen und die Dinge sind anders, als man denkt,
wenn man so gemeinsam Erfahrungen macht. (einfach gemeinsam Zeit verbringen, weniger definieren,
was das jetzt soll und schauen, was sich da richtig und stimmig anfühlt, möglichst offen reden dabei.
Naja, ich wieder und meine idealen Ablaufvorstellungen, wie das gehen könnte ).
Zitat von gastgast:
Er ist oft schlecht gelaunt oder genervt oder wirkt traurig, fühle mich trotzdem etwas schuldig und manchmal auch genervt von ihm und von mir selbst. Zum Bsp habe ich mich mit einem Freund von mir und ihm getroffen, kein Ton von ihm. Hinterher kam raus, dass er sich ausgeschlossen gefühlt hat. Er hätte sich -gesunderweise- einfach ins Gespräch einklinken können.
Kommt mir bekannt vor (von seiner Seite), dass da oft so wenig Brücke ist zu anderen, gerade
wenn man sich depressiver und diffus fühlt. Ist dann schon so ein Stimmungskiller auch für andere.

Die eine vertraute Person verbindet dann irgendwie. Aber klar bist du dann noch lange nicht verantwortlich
oder musst da was übernehmen. Wenn du dich gut unterhältst, ist doch gut.

Da muss er auch mit leben, dass das soziale Leben weitergeht, und vielleicht findet er ja irgendwann noch
was, wo er eine Brücke findet zu den anderen. Oder muss es akzeptieren. Die Erwartung, dass andere
sich deswegen aufopfern müssten oder ganz nach mir richten (in meinem Fall) fände ich da zuviel.

Das blöde ist, dass man das irgendwie als Misserfolgs- unschön- Versagenssituation abspeichert,
und das macht Depression und Rückzug eher stärker.

Wie man sich da als Freund / Freundin positioniert - schwierig. Bei heftigeren psychischen Einschränkungen
kann man ja nicht den Therapeuten ersetzen, oder das ganze immer wieder intensiv zum Thema
machen. Da kann man schnell in so eine von sich weg, um den anderen kreisen Rolle hineinrutschen.
Zitat von gastgast:
Das hilft mir wirklich weiter, ihn zum verstehen. Kenne ich auch von mir zu Jugendzeiten.Meist sagt er erst hinterher oder Wochen Später was Sache ist . Ich schätze , durch seine Sozialphobie hat er viel nicht ausprobiert und kennt sich daher selbst nicht.Danke Feuerschale für diese offene Ausführung!Dein tipp ist also ua sich da in andere zu versetzen , was diese sich wünschen würden- also ne klare Rückmeldung und daran versuchen zu denken und alles andere als zweitrangig auszublenden?Das Problem ist vermutlich nicht die Angst an sich, sondern eher dieses Diffuse und viel aneinander vorbeireden. Er ist vielleicht einfach nicht (noch nicht) präsent genug.
Das freut mich, dass da etwas zum Verständnis helfen könnte. ich denke auch, es ist kein bewusstes
zurückhalten sondern eher das diffuse, was die klare Kommunikation schwierig macht.
Sich nicht kennen, nicht stetig präsent bleiben, ja so würde ich das bei mir auch nennen.

Mit dem Tip wie ist das für die anderen und wegen denen dann lieber deutlicher sein wollen, das hatte ich
gar nicht so bewusst gemacht, sondern ich war damals in Selbsthilfegruppen und Seminaren, wo mir
die anderen vieles gespiegelt haben, und das hat mich irgendwann berührt.
Als wäre irgendwas durch meine kleine enge Welt gedrungen, und die anderen sind gar nicht die Retter,
Helden und Superkompetenten sondern auch Menschen mit Schwächen, Unsicherheiten und Gefühlen.

Bis dahin dachte ich immer, ich wäre der einzige Mensch mit einem Schaden, und die anderen
wären nur dazu da, um mir vorzuführen besser zu sein und mich auszugrenzen oder sie wären zuständig
mich zu pflegen und mir in meinem Manko zu helfen und Rücksicht zu nehmen.
So einfach ist das aber nicht.

13.10.2019 12:42 • #8


G
Hallo,
Feuerschale, du hast wieder neue Ansätze/Gedanken zu meinem Chaos im Kopf geliefert-danke!

der Reihe nach:

Zitat von Feuerschale:
Da finde ich deine Seite auch ganz interessant, vielleicht könntest du hier auch etwas
über dich herausfinden.


das war zum Thema, dass ich ihn für sensibel halte und für wenig belastbar.
es wohl weil er inzwischen ein paarmal die Fassung ziemlich verloren hat und er ist sehr leicht
gestresst, wenn er was entscheiden muss oder es nicht nach Plan läuft.
Umgekehrt hat er mich schon als gefühlskalt bezeichnet, keine Ahnung, ob er Recht hat.

Weiterhin halte ich ihn für asozial, weil er meiner Meinung selten an andere denkt,
nicht dieses automatische Helfen intus hat. Schätze aus Gewohnheit.
Er hatte aus seinen Erzählungen heraus nie viel Menschenkontakt.

Was mich an ihm sehr irritiert ist, dass er mit mir sehr geduldig ist/den Kontakt eher halten will.
Weil er sonst niemanden hat? Finde, dass andere Menschen, die weniger aktiv und sprunghaft sind,
viel besser zu ihm passen.

Zitat von Feuerschale:
Du hattest ja auch das mit der Erziehung erwähnt, dass du eher fürsorglich bist. Es ist leichter dann
zu geben oder gewohnter zu geben und für andere da zu sein, aber das annehmen kann dann schwerer fallen.


ja , das trifft definitiv zu. Manchmal gebe ich ihm wohl auch nicht die Chance zu geben (kleine Geschenke finde ich
irgendwie schrecklich, da weiß ich garnicht was ich tun soll), was ein Gleichgewicht killt und ihn verwirrt. Weil er sehr langsam ist, im Hilfe anbieten/einfach zu helfen, mache ich es auch lieber selber (zb Wasserkästen tragen) bevor ich groß frage/ihn bei jeder Kleinigkeit anweise. Er ist auch kein Helfer sondern hat Dinge wie zb Kochen bisher allein gemacht oder zugeguckt.

Zitat von Feuerschale:
Es könnte ja auch von deiner Seite eine Art Angst vor Nähe dahinterstecken, und du suchst dann eher
so Beziehungen, wo Nähe nicht so aufkommt? (Gibt da so einen Begriff Bindungsangst, das ist aber
vielleicht auch schon wieder so ein großer Komplex).


Wahrscheinlich trifft das zu. Ich bin die, die manchmal zweifelt, ob das eine gute Idee war und nicht uns beiden nicht gut tut.
Geht es noch wem so?
Und lasse ihm nicht die Chance zu geben,was er vielleicht von sich aus geben möchte.
Ich bin die, der schnell alles im Zusammenhang mit ihm zuviel wird.
Manchmal fühle ich mich in seiner Gegenwart auch einfach nur unter Druck und taub, wenn ich vorher viel Stress hatte.
Kann mich dann schlechter auf ihn einlassen, das Gefühl geht dann schon bei der Begrüßung los.
Hat also mit seinem Benehmen/Äußerungen erstmal nichts zu tun.
Generell kann ich auch nicht Stundenlang/tagelang eng mit Menschen rumhängen, ohne Aktivitäten wie
spazieren gehen, Spiele spielen, Kaffee trinken etc...
Kann das auch für ein Näheproblem sprechen?

Und ich bin die mit Distanzbeziehungen. Manchmal hatte ich das Gefühl, er hat Probleme im Außen und ich im Innen.
Ein bisschen gleich und gleich gesellt sich gerne.
Geht das hier noch jemanden so?

Zitat von Feuerschale:
Vielleicht ist so eine Art Gleichgewicht gut, oder dass man sich jederzeit frei entscheiden kann und nicht in so
einer festen Rolle ist. (Weil man die komplette Verantwortung übernommen hat für jemanden, und de
r rumzetert, wenn man dann mal anders handelt. Oder man selber als Helfer glaubt null an den anderen
und die Integrität des anderen und hat immer so eine bevormundende Lösung ohne Zweifel und Widerspruch)


ich übernehme nur die Verantwortung, wenn von ihm nichts kommt und frage ihn natürlich, bzw Entscheidungen
werden gemeinsam (aus meiner Sicht) getroffen. Ich selber eher wenig entscheidungsfreudig, daher bin ich
dankbar wenn von ihm was klar kommt. Aber das ist sehr selten.

Zitat von Feuerschale:
Heflersyndrom würde ich auch erst sehen, wenn man gar nicht mehr reflektiert und keine Wahlfreiheit
mehr hat. Das klingt bei euch eher nicht so. Ihr seid ja auch beide erstmal zurückgetreten so von dem
ganzen. Und doch beschäftigt er dich ja auch noch.


Ja, ich denke schon oft an ihn. Deswegen auch das Dilemma, so einfach abhaken kann ich das Ganze nicht.

Zitat von Feuerschale:
Vielleicht könnt ihr aber auch noch was voneinander lernen und die Dinge sind anders, als man denkt,
wenn man so gemeinsam Erfahrungen macht. (einfach gemeinsam Zeit verbringen, weniger definieren,
was das jetzt soll und schauen, was sich da richtig und stimmig anfühlt, möglichst offen reden dabei.


Weniger definieren-- davor habe ich Angst, wenn ich merke das läuft schief, muss ich ihn verletzen
offen reden -- habe ich am Anfang schon gemacht, nachdem von ihm wenig kam (für seine Verhältnisse vermutlich viel) und
ich ihn für zu sensibel gehalten habe, eher runtergefahren

Zitat von Feuerschale:
Naja, ich wieder und meine idealen Ablaufvorstellungen, wie das gehen könnte ).


Ist doch in Ordnung: ohne Träume/Visionen kommt man doch zu nix im Leben!

Zitat von Feuerschale:
Kommt mir bekannt vor (von seiner Seite), dass da oft so wenig Brücke ist zu anderen, gerade
wenn man sich depressiver und diffus fühlt. Ist dann schon so ein Stimmungskiller auch für andere.


Zitat von Feuerschale:
Die eine vertraute Person verbindet dann irgendwie. Aber klar bist du dann noch lange nicht verantwortlich
oder musst da was übernehmen. Wenn du dich gut unterhältst, ist doch gut.


Also ein bisschen wie unter der Käseglocke? Das Gefühl kenne ich zwar auch, aber kann eine vertraute Person dann
den/einen kleinen Unterschied machen?

Zitat von Feuerschale:
Da muss er auch mit leben, dass das soziale Leben weitergeht, und vielleicht findet er ja irgendwann noch
was, wo er eine Brücke findet zu den anderen. Oder muss es akzeptieren. Die Erwartung, dass andere
sich deswegen aufopfern müssten oder ganz nach mir richten (in meinem Fall) fände ich da zuviel.

Ich glaube , er hatte es akzeptiert und dann kam ich (er hat das Wort aufgegeben verwendet und meinte,
ich hätte ihm Hoffnung gegeben, dass es anders sein kann). Aber ich denke nicht, dass er meinte, dass ich mein Leben
komplett auf ihn ausrichten sollte, aber er schon gesagt, dass ich ihn mit meinem Umzug in Stich lassen würde.
Was meint ihr als Außenstehende dazu?

Zitat von Feuerschale:
Das blöde ist, dass man das irgendwie als Misserfolgs- unschön- Versagenssituation abspeichert,
und das macht Depression und Rückzug eher stärker.


Hatte ich befürchtet: irgendwie scheint jede Situation/Erfahrung dahingehend nicht als unwichtig und vorbei,
sondern als hat ja wieder nicht funktioniert und warum immer ich abgespeichert werden.
Der Mechanismus scheint typisch für Sozialphobie/Depression?
Wie kommt man da raus?

Zitat von Feuerschale:
Wie man sich da als Freund / Freundin positioniert - schwierig. Bei heftigeren psychischen Einschränkungen
kann man ja nicht den Therapeuten ersetzen, oder das ganze immer wieder intensiv zum Thema
machen. Da kann man schnell in so eine von sich weg, um den anderen kreisen Rolle hineinrutschen.


Ja das ist ein bisschen passiert (das zum Thema machen), weil er sehr stark eingeschränkt ist und
keine externe/professionelle Hilfe möchte.
Das mit dem kreisen ist mir wohl passiert, denke auch in seiner Abwesenheit an ihn und seine Probleme dahingehend.
Vielleichtauch weil er mir ein Rätsel ist: Stichwort diffus.

Zitat von Feuerschale:
Mit dem Tip wie ist das für die anderen und wegen denen dann lieber deutlicher sein wollen, das hatte ich
gar nicht so bewusst gemacht, sondern ich war damals in Selbsthilfegruppen und Seminaren, wo mir
die anderen vieles gespiegelt haben, und das hat mich irgendwann berührt.
Als wäre irgendwas durch meine kleine enge Welt gedrungen, und die anderen sind gar nicht die Retter,
Helden und Superkompetenten sondern auch Menschen mit Schwächen, Unsicherheiten und Gefühlen.

Bis dahin dachte ich immer, ich wäre der einzige Mensch mit einem Schaden, und die anderen
wären nur dazu da, um mir vorzuführen besser zu sein und mich auszugrenzen oder sie wären zuständig
mich zu pflegen und mir in meinem Manko zu helfen und Rücksicht zu nehmen.
So einfach ist das aber nicht.


das ist ein krasses schwarz-weiß-denken. haben dir auch real normale freunde oder mehr Bezugspersonen gefehlt?
das ist glaube ich stark dass Problem meines Freundes, er ist irgendwie untergegangen und aber immer nebenher mitversorgt worden.

Für ein gesundes Selbstbild braucht man ehrliche und genug Resonanz von außen, außerhalb von Familie und Feinden.
mir wurde nur mal gesagt- von ner Schwester, dass ich mich mal klar äußern und mich schneller
entscheiden soll, weil das nervt. habe ich eingesehen, dass ich das mache, dass es nervt und versuche es abzustellen.
ändert trotzdem nix konkret, dass ich manchmal keine Meinung habe.
dass andere nicht perfekt sind, nur nicht so ehrlich, stelle ich auch ständig auf s neue fest

Selbstständigkeit als reizvoll zu entdecken- wie hast du das gemacht?

Danke für sämtliche Idee zu diesen vielen Fragen!

13.10.2019 21:40 • #9


Schlaflose
Zitat von gastgast:
Weiterhin halte ich ihn für asozial, weil er meiner Meinung selten an andere denkt,
nicht dieses automatische Helfen intus hat. Schätze aus Gewohnheit.
Er hatte aus seinen Erzählungen heraus nie viel Menschenkontakt.


Das ist normal, wenn man eine soziale Phobie hat. Ich denke auch nie andere und helfe nur, wenn ich ausdrücklich darum gebeten werde. Aber auch dann erfinde ich meistens ein Ausrede. Helfen schafft nämlich Verpflichtungen und Abhängigkeiten, die mir ein Gräuel sind.

14.10.2019 07:28 • x 1 #10


Feuerschale
Hi
Zitat von gastgast:
Was mich an ihm sehr irritiert ist, dass er mit mir sehr geduldig ist/den Kontakt eher halten will. Weil er sonst niemanden hat? Finde, dass andere Menschen, die weniger aktiv und sprunghaft sind, viel besser zu ihm passen.
Ich denke, Menschen müssen ja auch nicht so gleich sein und können sich auch gut ergänzen.

Wenn ich so an Riemann denke Grundformen der Angst wo dann Nähe und Distanz so gegenüberstehen und
Veränderung und Alles beim alten lassen, da denke ich, dass ihr ihm Bereich Veränderung unterschiedlich seid.
Mit der Distanz könnte schon gut sein, dass ihr die beide auf eine Art benötigt. (wo du auch sagtest, er eher außen, du innen).

Denkst du denn, er passt zu dir?

Ich denke, ich bin auch jemand, der viel Distanz braucht. Viel Freiraum. Aber auch Verbundenheit und Loyalität.
Das muss sich aber nicht durch tägliches Aufeinanderhocken zeigen.
Zitat:
Also ein bisschen wie unter der Käseglocke? Das Gefühl kenne ich zwar auch, aber kann eine vertraute Person dann den/einen kleinen Unterschied machen?
Mehr so, dass ich zu Umgebung und anderen Menschen gar keinen Anknüpfungspunkt habe und
ohne die Verbindungsperson gar nicht an dem Ort wäre oder mit dem anderen Menschen noch.Mit der Person habe ich dann so einen Fokus, der das ganze andere nicht interessanter macht aber erträglich genug.
Zitat:
Ich glaube , er hatte es akzeptiert und dann kam ich (er hat das Wort aufgegeben verwendet und meinte, ich hätte ihm Hoffnung gegeben, dass es anders sein kann). Aber ich denke nicht, dass er meinte, dass ich mein Leben komplett auf ihn ausrichten sollte, aber er schon gesagt, dass ich ihn mit meinem Umzug in Stich lassen würde.
Ich denke, dass er mit dir da schon so eine Art Verbindung dann erlebt hat, zur Welt, zu einem
Menschen. Und sich sonst wahrscheinlich sehr zurückzieht und wenig Interessen hat.

Hm, ich erinnere mich da an meine früheren Verliebtheiten, da wurde dieses Gefühl von Brücke zum Leben,
bei vorheriger Depression und Gleichförmigkeit, ganz massiv gepusht.
Aber einmal hatte ich auch so ein Bild, als wäre das so ein Mechanismus wie eine Herz Lungen Maschine
für mich. Dabei sah ich mich dann aber total passiv und kurz vorm abnippeln in eine Krankenbett liegen
mit 1000 Schläuchen.

Aber mit diesem Verliebtgefühl fühlt man sich dann so, als könnten alle Träume
wahr werden und man wäre so aktiv und alle Wege stehen offen. Irgendwie dachte ich, dass es besser
wäre, mich dann mal um meinen Zustand zu kümmern, dass ich irgendwie stärker werde und weniger
abhängig. Ich hatte so eine emotionale Abhängigkeit gefühlt. Hatte viel mit körperorientierter Therapie gemacht,
in sich reinhorchen, Sinn erkennen, Akzeptanz lernen, was wofür da ist, anscheinend hat das etwas gebracht.
Zitat:
Der Mechanismus scheint typisch für Sozialphobie/Depression?Wie kommt man da raus?
Das wüsste ich auch gerne. Ich versuche es eher mit kleinen Schritten, habe aber
auch viel Vermeidung und unerträgliche Spannung in mir, was soziale Situationen betrifft.
Ich lebe schon ein halbes Jahr nach Umzug, habe null Kontakte im Umfeld und kann mich doch irgendwie
nicht aufraffen, mal in einen Verein oder sowas zu gehen. Früher hab ich das alles mal gemacht,Selbsthilfegruppen,
Vereine, sportlich, Ehrenamt. So nach und nach nach Jahren Durchhalten hab ich das aber als richtige Last
empfunden und wieder abgeworfen. Wenn alles eher in Selbst-disziplinierung mündet, ist es auch nicht gut.
Ich tanke auch eher alleine auf. In der Natur oder mich irgendwie beschäftigen.
Aber mal jemand im Hintergrund zum telefonieren oder so, das finde ich schon ganz gut.
Zitat:
haben dir auch real normale freunde oder mehr Bezugspersonen gefehlt? das ist glaube ich stark dass Problem meines Freundes, er ist irgendwie untergegangen und aber immer nebenher mitversorgt worden. Für ein gesundes Selbstbild braucht man ehrliche und genug Resonanz von außen, außerhalb von Familie und Feinden.mir wurde nur mal gesagt
ja garantiert, in der Familie lief mit Kommunikation und individuell sein, ein
Innenleben haben, so gar nix. Da musste ich mir viel zusammenreimen.Da fand ich die Jahre mit der Selbsterfahrung und Selbsthilfegruppen + Therapie schon ganz gut. Aber irgendwie auch armselig,
dass man dann fast nur über die Schiene was bekommt. Das locker zusammensein mit anderen fällt
mir immer noch schwer. Kann ich wenn dann nur im Zweierkontakt. Und dieses unbeschwerte, Party haben ect
kann ich eher gar nicht. Eher so andere Albernheiten.
Zitat:
von ner Schwester, dass ich mich mal klar äußern und mich schneller entscheiden soll, weil das nervt. habe ich eingesehen, dass ich das mache, dass es nervt und versuche es abzustellen. ändert trotzdem nix konkret, dass ich manchmal keine Meinung habe.dass andere nicht perfekt sind, nur nicht so ehrlich, stelle ich auch ständig auf s neue fest Selbstständigkeit als reizvoll zu entdecken- wie hast du das gemacht?
Wegen Schwester und klar äußern. Sowas braucht halt auch Zeit, wenn man es in sich noch nicht
klar hat. Dann geht die vielleicht davon aus, das wäre ganz klar da, aber du hältst es nur zurück.
Bei noch nicht so klarem und innerem Hin und Her sieht die Sache aber noch anders aus.

Selbständigkeit als reizvoll. Hmm, nicht nur, manchmal ist es auch einfach nur Vermeidung von
Bevormundung, also Vermeidung von etwas unangenehmerem. In manchen Dingen auch rausfinden
wie manche Dinge wohl funktionieren, zu wissen wie das geht und das auch tun können.
In anderen Dingen fühle ich mich auch total überfordert, finde es sch., aber es muss auch irgendwie
sein, also versuche ich es trotzdem zu tun. Veränderungen und große Schritte finde ich immer noch
extrem beunruhigend, beängstigend und energieraubend. Aber ich bin halt die, die zuständig ist.

16.10.2019 05:37 • x 1 #11


G
nach längerer Zeit melde ich mich wieder. Er bzw das Thema beschäftigt mich natürlich immer noch.
(Ha was für eine Überraschung)
musste aber mal wieder etwas Nachdenken

Zitat von Schlaflose:
Das ist normal, wenn man eine soziale Phobie hat. Ich denke auch nie andere und helfe nur, wenn ich ausdrücklich darum gebeten werde. Aber auch dann erfinde ich meistens ein Ausrede. Helfen schafft nämlich Verpflichtungen und Abhängigkeiten, die mir ein Gräuel sind.


Aha. Das klingt ganz durchdacht, also nicht nur der erste Impuls, sondern auch gleich die Angst vor erneutem Zusammentreffen? Oder ist da auch Angst vor Strukturen etc dahinter? Beim Helfen zB Umzug kann man ja theoretisch auch Nein sagen. Ich finde es nur sehr seltsam, wenn man zB zusammen kocht und der andere nicht mal einen Löffel in die Hand nimmt, obwohl er weiß, wo alles ist und bei allem gefragt werden muss.
Kommt dir die Situation auch bekannt vor?
Alltagssituation, wo man eigentlich helfen könnte/sollte, aber aus Automatismus nicht mal auf die Idee kommt?

Zitat von Feuerschale:
ch denke, Menschen müssen ja auch nicht so gleich sein und können sich auch gut ergänzen.

Stimmt, dann ist aber Kommunikation das A und O. Was bei uns auch das Problem ist.

Zitat von Feuerschale:
Wenn ich so an Riemann denke Grundformen der Angst wo dann Nähe und Distanz so gegenüberstehen und
Veränderung und Alles beim alten lassen, da denke ich, dass ihr ihm Bereich Veränderung unterschiedlich seid.
Mit der Distanz könnte schon gut sein, dass ihr die beide auf eine Art benötigt. (wo du auch sagtest, er eher außen, du innen).


Habe das mal bei wikipedia überflogen, mich habe ich irgendwie bei allem wieder gefunden, bei ihm bin ich nicht sicher. Aber das mit der Distanz hast du gut erkannt, das she ich genauso.

Zitat von Feuerschale:
Denkst du denn, er passt zu dir?


Wenn ich das wüsste... finde es so schwierig, das zu beurteilen, irgendwie habe ich das Gefühl, ihn zu wenig zu
kennen, weil er eben sowenig aus sich rausgeht.
Und mal denke ich es passt garnicht und denke ich, es könnte noch werden. Durch die Sozialphobie
hat er einfach wenig Interessen etc.

Zitat von Feuerschale:
Ich denke, ich bin auch jemand, der viel Distanz braucht. Viel Freiraum. Aber auch Verbundenheit und Loyalität.
Das muss sich aber nicht durch tägliches Aufeinanderhocken zeigen.


Verbundenheit und Loyalität habe ich selbst selten erlebt bzw mich darauf eingelassen,
finde das schwierig. Da wären wir vielleicht den Arten, wie man seine Liebe zeigt.
Er durch Zeit und Kontakt (aufeinanderhocken), was mir schwer fällt und ich eher durch Taten.
Aber eigentlich brauche ich Worte, um den anderen zu lesen. Macht das Sinn?
Gibt es da einen Kanal, der typisch für Sozialphobie ist?

Zitat von Feuerschale:
Mehr so, dass ich zu Umgebung und anderen Menschen gar keinen Anknüpfungspunkt habe und
ohne die Verbindungsperson gar nicht an dem Ort wäre oder mit dem anderen Menschen noch.Mit der Person habe ich dann so einen Fokus, der das ganze andere nicht interessanter macht aber erträglich genug.


Ist das nicht typisch für manche Veranstaltungen, die man nur anderen zuliebe besucht?
zB Spielemessen auch wenn man selbst Brettspiele hasst
Liegt das dann auch an den eingeschränkten Interessen? Man hat einen eingeschränkten Radius weil da nichts interessantes ist?

Zitat von Feuerschale:
Ich denke, dass er mit dir da schon so eine Art Verbindung dann erlebt hat, zur Welt, zu einem
Menschen. Und sich sonst wahrscheinlich sehr zurückzieht und wenig Interessen hat.


Wahrscheinlich. Das mit dem zurückziehen und den wenigen Interessen trifft auf jeden Fall zu.
Aber heißt das irgendwie für mich, dass ich auch eine Verantwortung habe ?
(er hat ja wenig kontakte bzw kaum welche außerhalb der Familie).

Es fühlt sich nämlich so an,
auch wenn er erwachsen ist und es ganz klar in seiner Verantwortung liegt,
sich zu entscheiden, Kanäle zu suchen/sich zu öffnen oder sich wieder zurückzuziehen und dementsprechend
zu handeln (Therapie, Freunde suchen, ... etc wie auch immer).

Zitat von Feuerschale:
Aber mit diesem Verliebtgefühl fühlt man sich dann so, als könnten alle Träume
wahr werden und man wäre so aktiv und alle Wege stehen offen. Irgendwie dachte ich, dass es besser
wäre, mich dann mal um meinen Zustand zu kümmern, dass ich irgendwie stärker werde und weniger
abhängig. Ich hatte so eine emotionale Abhängigkeit gefühlt.


EIne schöne Beschreibung. Muss da gleich ein Verliebtheitgefühl her, dass man so fühlt und in der Lage ist,
über seine Grenzen (sich öffnen) zu gehen?

Emotionale Abhängigkeit:
Ist das nicht die Gefahr bei den meisten, die wenig Kontakte haben oder intensiven Kontakt?
Oder sind Sozialphobiker da anfällig?

Zitat von Feuerschale:
Hatte viel mit körperorientierter Therapie gemacht,
in sich reinhorchen, Sinn erkennen, Akzeptanz lernen, was wofür da ist, anscheinend hat das etwas gebracht.


Also seinen Körper mit seinen Fähigkeiten würdigen und Selbstliebe?

Zitat von Feuerschale:
Früher hab ich das alles mal gemacht,Selbsthilfegruppen,
Vereine, sportlich, Ehrenamt. So nach und nach nach Jahren Durchhalten hab ich das aber als richtige Last
empfunden und wieder abgeworfen. Wenn alles eher in Selbst-disziplinierung mündet, ist es auch nicht gut.
Ich tanke auch eher alleine auf. In der Natur oder mich irgendwie beschäftigen.


Da erkenne ich mich selber wieder. Kämpfe da manchmal immernoch mit meinem schlechten Gewissen,
wenn ich mir das (alleine sein) gönne. Ich tue mich deswegen auch schwer mit Besuch - aber muss halt sein.
Bei ihm hingegen war ich auch noch nie zuhause. Hast du auch da Probleme es zuzulassen?

Zitat von Feuerschale:
Aber mal jemand im Hintergrund zum telefonieren oder so, das finde ich schon ganz gut.


Telefonieren ist allgemein für dich ok? Kannst du dich da mehr öffnen und freier sein als im Gespräch?

Zitat von Feuerschale:
ja garantiert, in der Familie lief mit Kommunikation und individuell sein, ein
Innenleben haben, so gar nix. Da musste ich mir viel zusammenreimen.Da fand ich die Jahre mit der Selbsterfahrung und Selbsthilfegruppen + Therapie schon ganz gut. Aber irgendwie auch armselig,
dass man dann fast nur über die Schiene was bekommt.


Aber das dann zu erkennen und nachzulernen - Hut ab!
Dazu gehört auch viel Ausdauer, Wille und Mut (sich einzugestehen, dass da manches in der
Familie wohl doch nicht gut lief und manche Bezugspersonen einfach nicht wollten oder nicht konnten) .
Das ist sicher schmerzhaft?
Ich kann mir vorstellen , dass deswegen eine Therapie für ihn nicht in Frage kommt und auch weil er
dann selbst auf sich mal genauer schauen müsste.

Zitat von Feuerschale:
Das locker zusammensein mit anderen fällt
mir immer noch schwer. Kann ich wenn dann nur im Zweierkontakt. Und dieses unbeschwerte, Party haben ect
kann ich eher gar nicht. Eher so andere Albernheiten.


Andere Albernheiten? Spieleabende? Irgendwas wo man was machen muss?
Hast du mehrere so Zweierkontakte? Oder ist das Gegenüber an sich eher zweitrangig?
Erleichtert es die Sache wenn du weißt, der andere hat bestimmte Macken/Ängste oder ist sehr offen?
Gibt es da einen zeitlichen Rahmen?


Zitat von Feuerschale:
In anderen Dingen fühle ich mich auch total überfordert, finde es sch., aber es muss auch irgendwie
sein, also versuche ich es trotzdem zu tun. Veränderungen und große Schritte finde ich immer noch
extrem beunruhigend, beängstigend und energieraubend. Aber ich bin halt die, die zuständig ist.


Hilft dir reden dabei? ist das auch etwas, was Sozialphobie auszeichnet?
Angst vor Veränderungen?

Danke euch zweien (bzw dreien) für die Antworten! ich habe durch euch ein verändertes Verständnis für Sozialphobie.
(auch wenn ich mit meinem Grundproblem noch nicht weiter bin)

31.10.2019 22:27 • #12


Schlaflose
Zitat von gastgast:
Ich finde es nur sehr seltsam, wenn man zB zusammen kocht und der andere nicht mal einen Löffel in die Hand nimmt, obwohl er weiß, wo alles ist und bei allem gefragt werden muss.

Ich würde von vornherein nie mit jemandem zusammen kochen. Entweder ich koche alleine oder jemand anders kocht ohne mich. Ich kann es gar nicht ertragen, wenn jemand in der Küche ist, während ich koche. Und genauso ist es mit anderen Alltagssituationen. Ich mache immer alles alleine und erwarte, dass andere das auch tun.

01.11.2019 07:00 • x 1 #13


Feuerschale
Zitat von gastgast:
Verbundenheit und Loyalität habe ich selbst selten erlebt bzw mich darauf eingelassen, finde das schwierig. Da wären wir vielleicht den Arten, wie man seine Liebe zeigt. Er durch Zeit und Kontakt (aufeinanderhocken), was mir schwer fällt und ich eher durch Taten. Aber eigentlich brauche ich Worte, um den anderen zu lesen. Macht das Sinn?
Denke schon, dass es verschiedene Kanäle gibt oder Vorstellungen wie sich Liebe anfühlt -
wie man die auslebt.
Worte / Kommunikation finde ich da stellenweise auch wichtig, um sich zu orientieren,
nicht nur zu erwarten, zu vermuten, oder blind herumzustochern, oder enttäuscht zu sein.
(Passiert aber zu oft).
Zitat von gastgast:
Gibt es da einen Kanal, der typisch für Sozialphobie ist?
oh, weiß ich nicht.
Auch die anderen Fragen, glaub nicht, dass mein Fall auf alle Sozialphobiker oder deinen Freund
übertragbar ist.

Ich könnte mir aber vorstellen, dass bei Sozialphobie das sich selbst kennen, wertschätzen und vertreten
zu kurz kommt.
Hab gerade was gelesen, dass es eher aggressive Haltungen gibt (nur meins), dann eher so passive
der andere wird schon recht haben, ich ordne mich unter und füge mich, oder so passiv aggressive
ich will zwar meins, aber ich traue mich nicht, das zu äußern und mache das so im Hintergrund,
durch Rückzug, Manipulation z. B.

Gesünder wäre wohl was anderes - klar haben und äußern was meins ist, dass so auf den Tisch werfen,
dem anderen zuhören, und irgendwie einig, oder klar uneinig werden.
Zitat von gastgast:
Also seinen Körper mit seinen Fähigkeiten würdigen und Selbstliebe?
Nicht so direkt, also mit selber loben und positiv denken hätte ich so meine Probleme.
Eher so, den Körper wahrzunehmen (neutral, sowas wie Spannungen, Empfindungen, Wärme, Kälte), in
Verbindung und Kontakt überhaupt zu sein damit, sodass nicht nur das Denken zählt. Sondern
auch Körpersignale und Emotion die ablaufen, und damit auch eher eine Art Sprache des Körpers zu
lernen, dass es da soviele Signale gibt, die in manchen Situationen schon zeigen, was man eigentlich
meint oder wie man was auffasst.

Ich finde es manchmal echt schwer, mich selber zu verstehen, und das denken bringt nicht immer weiter.
Der Körper macht ja auch viel bei Kommunikation aus. Ich glaub sogar 90% im zwischenmenschlichen,
wurde mal so untersucht.
Zitat von gastgast:
Das mit dem zurückziehen und den wenigen Interessen trifft auf jeden Fall zu.Aber heißt das irgendwie für mich, dass ich auch eine Verantwortung habe ? (er hat ja wenig kontakte bzw kaum welche außerhalb der Familie).Es fühlt sich nämlich so an, auch wenn er erwachsen ist und es ganz klar in seiner Verantwortung liegt, sich zu entscheiden, Kanäle zu suchen/sich zu öffnen oder sich wieder zurückzuziehen und dementsprechendzu handeln (Therapie, Freunde suchen, ... etc wie auch immer).

Diese gefühlte Verantwortung kenne ich gut.
Der andere ist an einem Punkt hilflos / hat ein Defizit, wird vielleicht nicht das erwachsene / vernünftige
tun, und ein anderer (Gegenpart) hat gelernt, sowas fürsorgliches auszuleben.

Rein rational müsste man sagen der andere muss es lernen, aber gefühlt kann es sich hart anfühlen,
zumal wenn der andere keine Optionen so richtig wahrnimmt.
Echt schwierig. In der Situation jeweils zu sehen, was das richtige ist.

Hart auf Linie oder hilfreich mitfühlend dabei oder vieles dazwischen. Wirklich verantwortlich sehe
ich andere aber nicht zum helfen und Verantwortung übernehmen. Nicht so tiefgreifend, vielleicht als
grobe Ideengeber und Weitervermittler an Therapie, nicht als Ersatz.

Ich hatte mal so ein Seminar gemacht, da ging es um eine Art Rollenspiel und Selbsterfahrung, und einer
hing tief im Elend, und es gab eine Schar von Leuten die hilflos um ihn rum spekulierten, was jetzt gut sei,
aber am effektivsten war eigentlich die Frage, direkt Kontakt aufzunehmen was willst du, was man dir tue(im
positiven Sinne, was brauchst du).
Finde ich auch irgendwie sehr respektvoll, also dass derjenige selber bestimmt.
Wenn derjenige sagt, weiß nicht, nichts, dann ist das auch eine Art von Entscheidung.
Wenn dann keiner mehr fragt, müsste er irgendwann selber aktiv werden und anklopfen und nach
Hilfe fragen,und meistens sind da ja ein paar offene Türen. Das ist mit Heidenangst verbunden, denke ich,
aber könnte auch in eine gute Richtung gehen.

03.11.2019 16:04 • x 1 #14


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