Pfeil rechts
13

Icefalki
Jakob, unsere Ängste werden uns immer begleiten. Ich denke, wer Angst einmal kennengelernt hat, vergisst die nicht wirklich. Ist einfach zu heftig, und das Ganze drum und dran, diese Minderwertigkeitsgefühle, die Hilflosigkeiten, etc. sind richtig eingebrannt. Natürlich könnte ich mir vorstellen, wenn jemand sofort schnell reagiert, dass es sich nicht so heftig manifestiert.

Ich hab auch viel zu lange damit gewartet, dabei bin ich eigentlich ein sehr positiver Mensch. Allerdings war es der Angst egal, sie hatte mich trotzdem am Haken, hab mich auch dafür geschämt. Naja, man muss eben viel über sich lernen, damit man den Umgang damit hinbekommt.

Zwischenzeitlich bin ich beinahe stolz auf mich. Ich hab den Drahtseilakt ziemlich gut drauf. Zwar schwanke ich ab und an ganz schön heftig auf dem Seil, falle aber nimmer runter. Das reicht mir auch. Ich hab's angenommen, akzeptiert, dass ich in diesem Bereich anfällig bin. Ist halt so.

Vielleicht nützt es dir ja etwas, von einem alten Angsthasen Mut zugesprochen zu bekommen, dass ich sehr sicher bin, dass du den Drahtseilakt auch hinbekommen wirst. Mit deiner Einstellung passt das alles. Kämpf nicht dagegen, sondern nimm alles an.

Hast schon so viel erreicht, der Rest kommt auch noch.

19.02.2018 15:33 • x 1 #21


V
Hallo Icefalki
Du schreibst aus ganz viel Erfahrung heraus. Und ich gebe Dir Recht. Mit den Ängsten müssen wir wohl leben so gut es geht. Manchmal denke ich was löst das jedes mal aus. Gestern hatte ich einen kleinen Rückschlag. Damit musste ich rechnen. Aber was löst es aus. Es muss doch ein Medikament geben was uns hilft. Als hätten wir irgendwas im Kopf .Irgendeine Störung die nur Leute betrifft wo etwas fehlt. Andere haben doch auch nicht das Problem. Sind es immer die Menschen die es betrifft wie du sie beschreibst. Ich könnte manchmal schreien. Ich bin so wütend auf das ganze Leben. Es kostet so viel Zeit und Kraft jeden Tag .Irgendwann kann man einfach nicht mehr. Die Angst hat einem immer am Haken. Ich kann und will das nicht akzeptieren. Du hast es für dich angenommen. Das ist wohl das beste und ich muss es auch. Ich habe jetzt ein Medikament entdeckt mit dem Namen GAMA.Da werde ich aber erst den Therapeuten fragen. Die Angst saugt einen leer und man muss sehr sehr stark sein sich zu wehren. Da müssen doch Prozesse im Gehirn ablaufen welche man stoppen kann und muss mit einem Medikament. Ich bin so froh dich getroffen zu haben .Und deine Aufmunterung und Anteilnahme tut mir unheimlich gut. Gemeinsamkeit macht stark. Jeden Tag bereite ich mich nun vor und fiebre dem Moment entgegen. Das ist wie als ob man im Sport immer in einem Finale steht und Millionen Menschen schauen zu. Und das Tag für Tag. Das hält keiner aus. Ich versuche es so zu machen wie Du es mir rätst. Ich denke nur jeden Tag es geht weg und ich kann mich endlich einmal leicht fühlen.
Liebe herzliche Grüße
Jakob

21.02.2018 13:39 • x 1 #22


A


Angst vor Harnverlust

x 3


Icefalki
Jakob. Ich schreib dir mal meine Sicht.

Angst bedeutet, sich zu fürchten. Wir beide neigen dazu, Angst vor Blamage zu haben. Aufzufallen im negativen Sinn. Ich Hatte Angst vor dem Umfallen, du eben, Kontrolle über die Blase zu verlieren. Beide Themen, bei denen es um Peinlichkeiten geht.

Jetzt kommt der Punkt, wo man sich mal überlegen könnte, wie kommt es zu dieser Problematik. Woher diese idiotische Angst, sich lächerlich zu machen. Bei mir war es die Erziehung. Ich hatte zu funktionieren, tat ich das nicht, dann wurde es richtig übel. Gleichzeitig hat man mich verspottet. Jede Ungeschicklichkeit, jedes Misslingen hatte zur Folge, dass ich an den Pranger gestellt wurde. Bloßgestellt , beißendem Spott ausgesetzt, erniedrigt. Manchmal ohne grosse Worte, ein Blick der Missachtung, manchmal mit Schlägen, mit Bestrafungen. Manches war angebracht, als Kind macht man schon mal Unsinn, manches war einfach nur dazu gedacht, mich zu brechen.

Jetzt zu mir. Ich wurde trotzig, aufsässig, unangepasst. Hat sogar Spass gemacht. Nach aussen hin die Starke. Mich haut nix um. Grosse Maul, zu allen Schandtaten bereit.

Dachte ich, sehr lange Zeit. Komisch war nur, dass jede Kritik, jede Autoritätsperson mich total erschüttert hat. Das ging ganz tief rein. Ich war aber sprachlos. Richtig argumentieren hatte ich nie gelernt, nur trotzig sein, Ungehorsam, und wieder eine auf den Deckel kriegen.

Ich der Rückschau kann ich das nur so beschreiben, dass da immer Angst war. Angst davor, an irgendwas Schuld zu sein, das ich aber nicht sein wollte, selbst wenn es so war. Man könnte es so beschreiben, mit einem schwarzen Schatten zu leben, der immer da ist und droht, einen zu vernichten.

Meine Erziehung war grotesk, meine Persönlichkeit nur darauf getrimmt, Erfolg zu haben, beliebt zu sein, denn dann kann mir niemand was. Das führt dann unweigerlich zur Überforderung. Denn gut ist ja nicht gut genug. Und deshalb bleibt dieser schwarze Schatten und irgendwann bricht die Seele zusammen. ANGST, PANIK, VERZWEIFLUNG.

Und wo macht sie sich fest? Nun, Angst sich zu blamieren. Blamieren will ich mich nie mehr. Nur, die Angst blamiert mich ja eh. Ausgerechnet ich, die Angst hat, so taff, wie ich bin.

Ich schreib dir das mal, damit du evtl. in einen Modus kommen könntest, nachzudenken, wie das bei dir so gelaufen ist, vor der Angst.

21.02.2018 16:21 • x 1 #23


V
Hallo
Ich grüße Dich .Deine Zeilen haben mich sehr nachdenklich gemacht. Ich merke immer wieder das es auch sehr intelligente Menschen trifft .Wahrscheinlich machen wir uns zu viele Gedanken .
Aus dem Buch von Doris Wolf und anderen Erfahrungen liegt der Grund allen Übels wirklich in der Kindheit. Du wurdest oft zurechtgewiesen und musstest sehr viel leisten. Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen. Dieser war sehr verfallen. Wir hatten kein richtiges Bad .Nur einen Kessel den man Heizen musste. Dazu eine Trockentoilette und 2 Öfen für das ganze Haus. Uns ging es nicht schlecht. Aber so richtige Liebe haben wir von unseren Eltern nie erfahren. Uns wurden auch keine Dinge vermittelt , welche wir für unser Leben gebraucht hätten. Ich konnte auch nie jemanden mitbringen .Eine Freundin wäre wieder schnell weck gewesen. Meine Mutter sagte immer zu uns. Wir sind für die anderen Assisi. Bis zur Schule .Bis zur Schulzeit war ich auch ein lustiges und frohes Kind. Das änderte sich schlagartig. Von da an war ich nur noch ruhig, schüchtern und zurückhaltend. Das hat sich bis heute nicht geändert. Dazu kam , dass meine Eltern nie Wert auf unsere Zähne gelegt hatten. Ich bekam schiefe Zähne .Das hat mich so verunsichert, dass ich mich immer dafür geschämt habe und nie mit anderen so richtig in Kontakt treten konnte. Angst sich zu blamieren. Die Zähne habe ich vor 4 Jahren machen lassen. Nun bin ich befreiter. Aber ich habe es fast 45 Jahre ertragen müssen. Mein Vater war immer sehr laut. Er konnte sich mit Worten nicht durchsetzen. Ich wollte immer anders sein und hatte auch sehr gute Noten in der Schule. Nur genützt hat es mir nie etwas. Weil ich mich nie durchsetzen und einfügen konnte. Ich kann nicht so bescheuert reden und mich verhalten. Ich falle auf und aus der Masse heraus. Wir haben eine Raucherinsel auf Arbeit. Da gehe ich nie hin. Erstens rauche ich nicht und zweitens weiß ich nicht was ich da soll. Ich bin froh , dass unsere Schichten so liegen , dass ich für mich sein kann. Aber wenn ich mit allen frühstücken müsste habe ich wieder Angst mich zu blamieren. Was erzähle ich dann. Wie verhalte ich mich. Und das Tag für Tag. Am Wochenende habe ich viel getrunken. Das ist nicht gut ich weiß. Der Montag ist immer besonders schlimm. Dann gehe ich gefühlte 100 x auf Toilette .Ich habe keinen Hunger und Durst. Und dann kommt wieder der Hund und schaut mich an. Ich muss noch eine Woche durchhalten. Nächsten Montag habe ich meinen ersten Termin bei dem Psychotherapeuten. Ich brauche heute vor nichts Angst haben und doch kommt es aus dem Nichts. Sag einmal. Weißt du ob ich eine Überweisung von meinem Hausarzt benötige. Die einen wollten diese haben. Ich habe keine Ahnung.

26.02.2018 10:14 • #24


V
Hallo
Ich bin es noch einmal. Ich brauche nun doch einen Überweisungsschein von unserem Hausarzt. Das ist schon wieder ein Problem für mich. Wir haben keine wirklich gute Ärztin . Dann muss ich ja sagen wofür ich das brauche und warum. Sie wird mich dann vielleicht untern herum untersuchen oder zum Urologen schicken. Dann geht das in eine völlig andere Richtung. Mir währe das sehr peinlich. Kannst Du dir die Situation vorstellen. Da muss ich vielleicht vor einer oder mehreren Frauen mein .... zeigen. Oh Gott wie kann ich das nur anstellen. Ich dachte meine Krankenkarte reicht. Ich kann nicht mehr.

26.02.2018 11:01 • #25


Icefalki
Zitat von vjakob68:
Hallo
Ich bin es noch einmal. Ich brauche nun doch einen Überweisungsschein von unserem Hausarzt. Das ist schon wieder ein Problem für mich. Wir haben keine wirklich gute Ärztin . Dann muss ich ja sagen wofür ich das brauche und warum. Sie wird mich dann vielleicht untern herum untersuchen oder zum Urologen schicken. Dann geht das in eine völlig andere Richtung. Mir währe das sehr peinlich. Kannst Du dir die Situation vorstellen. Da muss ich vielleicht vor einer oder mehreren Frauen mein .... zeigen. Oh Gott wie kann ich das nur anstellen. Ich dachte meine Krankenkarte reicht. Ich kann nicht mehr.


Nun, ich werde noch ganz lange auf dich einreden, dass Scham für die Katz ist. Übrigens arbeite ich beim Arzt, hast also jemand, der Insider ist.

Du gehst zum Hausarzt, sagst, brauch ne Überweisung zum Psychiater. Ich hab null Ahnung, ob jetzt Psychologe oder Psychiater. Egal, wenn du nach dem Grund gefragt wirst, sagst du, hast Panik Attacken und vermutest, soziale Phobie. Fertig.

Dann mal allgemein zum Urologen. Das ist der Männerarzt, wie wir den Frauenarzt haben. Dort arbeiten natürlich Frauen und die interessieren sich sowas von gar nicht für Körperlichkeiten. Ist einfach Job. Und ob da tatsächlich eine mit in der Behandlung ist, null Ahnung, aber nackige Menschen werden einem egal. Bist nur einer von 100.

Also, ab mit dir , damit dir geholfen werden kann.

26.02.2018 16:15 • #26


V
Hallo
Ich wollte Dir berichten wie es mir ergangen ist. Dabei muss ich erwähnen , dass ich schon 2012 einmal bei diesem Psychotherapeuten war. Und ich war nicht gerade begeistert. Wieso bin ich dann ausgerechnet wieder zu Ihm. Damals war ich sehr wütend über Ihn und habe das in einer Mail an Ihn zum Ausdruck gebracht. Das hat er heute gelesen aber nichts gesagt. Es wird ja alles aufgehoben. Aber nun zu heute. Ich saß in dem Wartezimmer vor mir ein Mann der schon nach 5 Minuten wieder heraus kam. Das ist doch viel zu schnell dachte ich. Dann bin ich rein. Ich schilderte Ihm alles was mir auf dem Herzen brannte und ich habe sogar geweint. Das mache ich sonst selten .Meist habe ich mich unter Kontrolle. Aber das ist auch gut so , dass er merkt wie es mir geht. Und was soll ich Dir sagen er gähnte vor Langeweile und hatte ein paar mal die Augen zu. Das ist nicht zu fassen. Am liebsten hätte ich Ihm ein paar Takte erzählt. Er fragte mich ob ich etwas von der Kollegin wollte die ich im Auto mitnehme. Ich sagte nein. Wir sind nur Kollegen und verstehen uns prima. Dann befragte er mich über meine EX-Freundin und ob ich mit Ihr Sex gehabt hätte. Er konnte mir keine Erklärung oder Weg zeigen. Nun hat er mich wieder bestellt und meinte es könne so noch bis Weihnachten gehen. Ganz ehrlich ich kann mir das nicht vorstellen. Er sieht doch nur sein Geld und nicht mich. Warum bin ich auch wieder zu dem gegangen. Aber ich habe noch ein Ar. im Ärmel. Nächste Woche habe ich einen Termin in einer Spezialklinik .Da erhoffe ich mir deutlich mehr. Was würdest Du sagen. Sol ich Ihm noch eine Chance geben. Herzliche Grüße
.

05.03.2018 21:35 • #27


Icefalki
Jakob, meiner gähnt auch und schliesst die Augen. Und zu Beginn dachte ich auch, so ein Ar.. Zwischenzeitlich bin ich seit über 13 Jahre bei ihm und er hat mich gerettet. Allerdings mach das mit der Spezialklinik und wenn's da super ist, siehst du weiter.

Termine sind ja so rar. Und zu Beginn, sofern du keine andere Wahl hast, nun ja, lieber den Spatz in der Hand, als.......

Und natürlich werden die dafür bezahlt. Aber das ist ja ok.

Zu Beginn ist ist alles schwierig. Bleib dran und geb dir und ihm eine Chance. Therapie braucht Zeit. Ich hab meinen gefragt, ob sein Gähnen was mit mir zu tun habe. Er meinte, nein, aber er sitzt den ganzen Tag im Stuhl, da fehlt es ihm an Sauerstoff. Sein Fenster hatte er des öfteren auch geöffnet gehabt. Also, nicht alles gleich in Frage stellen, kannst du auch noch später, wenn er wirklich nicht auf deiner Wellenlänge ist.

05.03.2018 23:37 • #28


K
Guten Morgen vjakob68,
Es gibt doch diese Windelhöschen, die man an und ausziehen kann wie einen Slip. Klingt jetzt vielleicht blöd, aber was wäre wenn du dir damit vorrüber gehend hilfst. Niemand merkt das du die Dinger anziehst und du hast für dich die Sicherheit, dass wenn es wirklich mal passieren sollte, dass deine Blase sich entleert, das auch niemand mitbekommt. Du könntest einfach zur Toilette gehen, das Höschen wechseln und keiner würde etwas bemerken. Dann bräuchtest du dir keine Sorgen mehr zu machen und wer weiß, vielleicht in einigen Wochen oder Monaten brauchst du die Höschen nicht mehr, weil nie etwas passiert ist. Auf jeden Fall könntest du in Sachen Blase, angstfrei in den Tag starten und müsstest nicht den ganzen Tag so leiden.

06.03.2018 07:36 • #29


V
Hallo
Ich bin sehr dankbar für Deinen Rat und ich habe Ihn ausprobiert. Dabei habe ich mir diese Höschen gekauft. Dann dachte ich mit 49 ziehst Du jetzt diese Dinger an. Wie soll das weiter gehen. Dabei hatte ich es immer ohne geschafft . Wenn mein Kopf das wieder abspeichert dann komme ich dann nicht mehr davon weg. Es fühlt sich am Anfang natürlich komisch an. Dann denkt man hoffentlich sieht es keiner. In der Bewegung ist man doch etwas eingeschränkt , was man aber gerne in Kauf nimmt.Aber ich habe gemerkt , dass ich dadurch wirklich sicherer bin. Und es für mich einen Weg gibt. Es ist nichts passiert. Morgen gehe ich zu einem Spezialisten und hoffe auf ein Wunder. Danke , dass es Dich gibt. Es ist wunderbar sich mit Menschen auszutauschen. Danke

11.03.2018 08:02 • #30


V
Hallo
Schön das es Dich gibt. Da hattest Du auch den selben Fall erlebt wie ich. Ich muss ehrlich sagen ich empfinde es als eine Frechheit , wenn sich so ein Psychotherapeut so verhält. Ich habe Ihm meine Ängste und Nöte unter Tränen erzählt und der gähnt vor sich hin. Da macht man sich Notizen und ist hell wach. So viele Patienten hatte er nicht zu betreuen. Dabei muss ich sagen , dass ich aber auch echt bescheuert bin und nochmal zu dem Therapeuten gehe. Ich weiß genau , dass ich da nicht mehr hin gehe .Da ist auch keine Bindung .Morgen gehe ich nun in diese Spezialklinik. Da war ich auch schon einmal und die hatten mir wirklich geholfen. Es ist aber viel weiter weg. Ich muss da früh hin und gehe dann in die Spätschicht. Es wird ein langer Tag. Übrigens habe ich mir diese Woche Windelhöschen gekauft und auch angezogen. Ich kam mir vor wie ein alter Mann. Am Freitag habe ich mir die Überweisung von meiner Hausärztin geholt. Die schien nicht überrascht und mir kam vor , dass sie auch selber Erfahrungen mit Ängsten hat. Sie gab mir zwei Tabletten aus Ihrer Tasche und sagte nehmen sie diese mit zur Beruhigung. Das wollte ich auch nicht mehr. Von Medikamenten abhängig sein. Mich hat es dazu noch erwischt. Ich habe die Grippe. Ich muss stark sein. Die letzten Jahre bin ich nur noch bei Ärzten. Ich grüße Dich.

11.03.2018 08:12 • #31


A


x 4






Dr. Matthias Nagel