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Celinamaria
Hallo ihr Lieben, ich zerbreche mir gerade seit Stunden den Kopf. Ich habe es dieses Jahr nach 3 langen Jahren endlich zur Therapie geschafft und wurde mit der Panikstörung diagnostiziert. Ich bin froh endlich bei der Therapie zu sein, denn es hilft mir wirklich sehr. Aber ich merke das in letzter Zeit meine Panikstörung in den Hintergrund gerät und andere Gefühle sich in mir breit machen. Anhaltende Leere die sich so unangenehm anfühlt als wäre ich alleine und verloren. Ich bin ein klammeräffchen und suche 24/7 die Aufmerksamkeit meines Verlobten, was ihn teilweise sehr belastet. Wenn er mir die erwartete Aufmerksamkeit nicht entgegenbringt werde ich traurig und wütend. Teilweise motze ich ihn richtig an und werde beleidigend dass er mich garnicht liebt und beachten würde (ich komme mir im Nachhinein oft wie ein trotziges kleines Kind vor) dazu wechselt meine Stimmung in Bruchteilen von Sekunden und immer in einer "extrem" Ebene. Also es ist oft so das ich nur extrem glücklich, traurig. Euphorisch, aufgeregt oder wütend bin. Ein neutrales erleben dieser Gefühle gibt es schlichtweg nicht. Genauso wenn mir gute Dinge wiederfahren fällt es mir sehr schwer mich zu freuen. Das ist sehr belastend und ich komme damit überhaupt nicht klar. Oft habe ich DR/DP wenn es ganz schlimm ist. Ich stehe jeden Tag auf und meine Stimmung ist immer anders. Mal stehe ich auf und hasse mich und das was ich bin. Kann mich kaum im Spiegel ansehen. An anderen Tagen bin ich so überzeugt von mir selbst. fast schon selbst verliebt. Ich verletze mich nicht selbst und habe auch keine Bedürfnisse dazu. Ich beiße mir jedoch.bei extremen spannungszuständen oft die ganzen Finger Wund und teilweise blutig.

Meine Therpeutin sagt das ich "spontan" borderline habe/bin!? Ich kann mit der Aussage im Nachhinein nichts anfangen. aber ich habe leider nur eine kurzzeitige Therapie und ich denke die Zeit reicht einfach nicht aus. Denn ich kam nur aus dem Grund der Panikstörung in die Therapie. Aber ich merke einfach das in meiner Wahrnehmung von meinen ICH- und meine Gefühle und denken einfach etwas nicht stimmt. Es ist alles so intensiv und impulsiv ich halte es teilweise kaum aus.

Wer das alles gelesen hat, dem danke ich wirklich sehr. Vielleicht kann mir der ein oder andere helfen und weiß wovon ich spreche, wenn man es vielleicht selber hat?!

01.10.2021 01:10 • 25.01.2022 x 1 #1


9 Antworten ↓


silverleaf
Hallo Celinamaria,

Zitat von Celinamaria:
Meine Therpeutin sagt das ich spontan borderline habe/bin!? Ich kann mit der Aussage im Nachhinein nichts anfangen.

Dass Du mit dieser Aussage nicht viel anfangen kannst, verstehe ich total, die ist ehrlich gesagt auch etwas merkwürdig...
Ich habe selber Borderline (neben vielen anderen Diagnosen, unter anderem auch eine schwere Angsterkrankung), und das, was ich schreibe, schreibe ich Dir aufgrund meiner inzwischen jahrelangen Erfahrung mit Therapie in diesem Bereich und meinem Austausch/meinen Gruppentherapien mit inzwischen bestimmt hunderten von betroffenen Mitpatienten, bin aber nichtsdestotrotz selber Betroffene und schreibe daher auch aus dieser Perspektive heraus, ich bin keine Therapeutin, sondern nur erfahrene Betroffene.

Also zunächst einmal ist Borderline eine Persönlichkeitsstörung, und die kriegt man nicht spontan. Auch ist man nicht spontan Borderline, man hat Borderline, bzw. eine emotional-instabile Persönlichkeitsstörung Typ Borderline, oder man hat sie nicht. Es gibt bestimmte diagnostische Verfahren, um eine Persönlichkeitsstörung zu diagnostizieren, oftmals eine Kombination aus entsprechenden Tests und diagnostischen Interviews.
Persönlichkeitsstörungen sind keine Erkrankungen, die mal spontan auftauchen und mal nicht, dabei handelt es sich um sehr tiefgreifende Muster im Fühlen, Denken und Handeln, die zumeist schon in der Kindheit entstanden sind und eigentlich immer da sind, vielleicht mal stärker präsent, mal schwächer präsent, aber grundsätzlich immer da (diagnostiziert werden Persönlichkeitsstörungen aber erst nach dem 18 Lebensjahr, bis dahin sind es Verdachtsdignosen oder bekommen andere Namen). Die dazugehörigen Muster im Denken, Fühlen und Handeln sind sehr tief mit der eigenen Persönlichkeit verwoben, sie sind fast schon ein integraler Teil davon, darum sind sie auch so schwer zu behandeln. Eine Behandlung ist möglich, es gibt verschiedene Therapieverfahren, die gut helfen können, wie z.B. die dialektisch-behaviorale Therapie (DBT), aber eines ist ganz klar:
Eben weil es so tiefgreifende Muster sind, die so dermaßen viele Bereiche des persönlichen Erlebens und der persönlichen Wahrnehmung bestimmen, ist eine Therapie im Bereich von PS (Persönlichkeitsstörung) in den meisten Fällen sehr langwierig, über mehrere Jahre, da kommt man mit einer Kurzzeittherapie zumeist nicht aus.
Wenn also Deine Therapeutin das Wort schon in den Mund genommen hat und Du das Gefühl auch selber hast, dass da etwas sein könnte, würde ich sie direkt darauf ansprechen und um eine entsprechende Diagnostik bitten. Bestätigt sich nach der Diagnostik die Diagnose, wäre das auch ein Verlängerungsgrund für Deine Therapeutin (also für einen Antrag auf Langzeittherapie), aber es kann natürlich sein, dass sie keine PS behandelt, es gibt leider einige Therapeuten, die die Arbeit mit PSlern grundsätzlich ablehnen (traurig, aber Realität).
Und so eine Diagnostik kann sehr aufschlussreich sein, vielleicht gibt es bei Dir ja auch noch Akzentuierungen in Richtung weiterer Persönlichkeitsstörungen.

Ich kann natürlich aus Deinem Text keine verlässlichen Rückschlüsse ableiten, einfach weil ich keine Therapeutin bin, sondern nur Betroffene mit jahrelanger Erfahrung, aber nachdem, was Du beschreibst, könnte es meiner Meinung nach durchaus in diese Richtung gehen. Einige Verhaltensweisen und emotionale Zustände und Reaktionen kenne ich sowohl von meinen Mitpatienten als auch von mir selber sehr gut, und da kann ich sagen, dass es sich durchaus sehr vertraut anhört, was Du so schreibst.
Borderline ist ja im Kern eine Emotions-Regulations-Störung und eine Interaktions-Störung, sprich: man bekommt seine eigenen Gefühle nicht gut kontrolliert und man hat wiederholt Probleme im Umgang mit anderen Menschen, und da setzen auch die meisten Therapieformen an. Da geht es viel um Anspannungsregulation, Fertigkeiten- oder Skillstraining, Training der sozialen Interaktion, Achtsamkeit, Selbstbeobachtung allgemein und nicht zuletzt die Reduktion aller möglichen dysfunktionalen Verhaltensweisen. Du musst Dich übrigens nicht selbst verletzen, um Borderline zu haben, nicht alle Borderliner haben ein Problem mit klassischem selbstverletzenden Verhalten, und außerdem ist die Definition von selbstverletzendem Verhalten tatsächlich sehr weit und schließt recht viele Verhaltensweisen mit ein, auch solche, wie Du sie beschrieben hast.

Im Rahmen der Therapie ist es sehr wohl möglich, deutliche Verbesserungen der Symptome zu erzielen. Man hört ja immer wieder, dass Menschen mit Borderline angeblich nicht beziehungsfähig und auch nicht wirklich gut therapierbar seien, aber das sind Mythen und Vorurteile.
Es ist wirklich harte therapeutische Arbeit, aber wenn man sich Mühe gibt und gut mitarbeitet, können ganz erstaunliche Fortschritte erzielt werden.

Ich mache jetzt schon sehr lange Therapie, zuerst tiefenpsychologisch, jetzt Verhaltenstherapie, ich habe ambulante Therapie und bin auch immer mal wieder für mehrere Monate stationär, und im Laufe der Zeit haben sich viele Symptome deutlich verbessert. Man braucht zwar wirklich viel Geduld und einen langen Atem, aber es kann so viel besser werden, wenn man die passende Therapieform und den passenden Therapeuten gefunden hat.

Ich kann Dich nur ermutigen, mit Deiner Therapeutin ganz offen das Gespräch zu suchen.

Ich wünsche Dir dafür alles Gute!

LG Silver

01.10.2021 03:50 • x 10 #2


A


Panikstörung & Borderline ?

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Celinamaria
@silverleaf ich danke dir für diese ausführliche und hilfreiche Antwort! Ich denke das dieses Thema auch sehr komplex ist und es dauert ja eben länger bis man eine richtige Diagnose stellen kann. Ich spreche sie auf jeden Fall darauf an.

01.10.2021 09:26 • x 1 #3


Celinamaria
Möchte nochmal ein kleines Update geben. Seit 2 Sitzungen sprechen meine Psychologin intensiv über meine Persönlichkeit und haben einige Anamnesebögen nochmal ausgewertet. Es stellte sich raus dass ich eben hohe und extreme Ausschläge im Bereich der Borderline zeige aber sie würde mir dennoch die "Histrionische Persönlichkeitsstörung" zuschreiben, denn das trifft voll und ganz auf mich zu.
Habe ehrlich gesagt diese besagte Störung noch nie gehört. Jetzt würde mich interessieren Hat jemand evtl. dasselbe und kann berichten wie es sich für denjenigen anfühlt? Liebe Grüße

06.10.2021 19:42 • #4


silverleaf
Hallo Celinamaria,

also, ich kann Dir ein bisschen darüber erzählen, wie sich meine Borderline PS für mich anfühlt, ich kann Dir auch ein bisschen von dem Erleben meiner Mitpatienten und meiner Freundinnen mit dieser PS erzählen.

Ich habe im Bekanntenkreis auch einige Menschen mit histrioner PS, ich selber habe keine histrionen Ausschläge, kann also da nur aus zweiter Hand weitergeben, was diese Patienten so erzählt haben und wie sich das Zusammenleben mit ihnen gestaltet hat.

Ich habe inzwischen recht viel Zeit meines Lebens auf Stationen für Menschen mit PS verbracht und könnte Dir also so einen kleinen Misch-Bericht aus persönlichen Erfahrungen (Alltag und Klinik) mit verschiedenen PS (oder speziell diesen 2 PS) schreiben, würde Dir das vielleicht weiterhelfen? Oder hast Du vielleicht ganz konkrete Fragen?

Was ich schonmal schreiben kann, ist, dass sich für jeden betroffenen die PS jeweils ein bisschen anders anfühlt, gerade bei Borderline gibt es (je nach Klassifikationssystem) ca. 9 Symptome/Kriterien, die für eine Diagnose relevant sind, eine Diagnose bekommt man (je nach Klassifikationssystem), wenn 5 von 9 Kriterien erfüllt sind.
Diese Kriterien beschreiben recht unterschiedliche Symptome, es hat also nicht jeder Borderliner alle Symptome, und die jeweils zutreffenden Kriterien/Symptome können auch sehr unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
Darum ist die Gruppe der Borderline-Betroffenen tatsächlich sehr viel bunter als manchmal angenommen wird, es kann durchaus starke Unterschiede geben, und es spielt auch noch eine Rolle, welche weiteren Diagnosen ggf. vorliegen.

Kurze Frage am Rande (ist auch nicht wichtig): Weißt Du zufällig, ob Deine Therapeutin einen Gesamtfragebogen über alle Persönlichkeisstörungen mit Dir gemacht hat? Der heißt SKID II (oder inzwischen SCID-5-PD), und da kommt am Ende ein bestimmter Punktwert für alle 10 Persönlichkeitsstörungen heraus. Beim SKID II geht die Punktskala bei Borderline bis 12, weißt Du ungefähr, bei welchem Wert Du liegst? (Bei der histrionen PS müsste ich den Wert kurz nachschauen)

LG Silver

06.10.2021 23:01 • x 4 #5


Celinamaria
@silverleaf also ich glaube dass sie tatsächliche diesen Bogen hernimmt mit Punkteskala. Übrigens hat sie die Therapie auf weiter 12 Sitzungen verlängert.

Gerne würde ich wissen wie es für dich anfühlt und vielleicht kannst du auch beschreiben wie sich deine Mitmenschen mit BPS / HPS verhalten dir gegenüber?!
Ganz konkrete Fragen fallen mir ehrlich gesagt garnicht ein, denn wie du auch sagst es fühlt sich sicherlich ein bisschen anders bei jedem an. Wenn du möchtest kannst du mir auch eine PN schreiben.

07.10.2021 09:22 • x 1 #6


silverleaf
Hallo Celinamaria,

alles klar , dann weiß ich Bescheid, ich werde mal versuchen, etwas zusammenzuschreiben. Das kann allerdings ein bisschen dauern, dafür brauche ich etwas Zeit.

LG Silver

08.10.2021 00:40 • x 4 #7


Celinamaria
@silverleaf vielen lieben Dank, Stress dich bitte nicht ich kann warten 3

08.10.2021 00:54 • x 1 #8


Psychic-Team
Die Kategorie Borderline ist eröffnet.

25.01.2022 16:59 • #9


kritisches_Auge
Ich freue mich sehr über die neue Kategorie Borderline, vielleicht beantworten sich schon einige Fragen durch meine allgemeine Information zu dieser Persönlichkeitsstörung.

Mir wurde früher einmal Borderline diagnostiziert, allerdings in sehr milder Ausprägung, später wurde die Diagnose dann in Posttraumatische Belastungsstörung umgewandelt.
Aber in vielen Dingen spüre ich eine gewissen Verwandtschaft zu Betroffenen, auch wenn ich selber nicht mehr direkt betroffen bin.

Über einen regen Austausch würde ich mich freuen, gerade auch Kontakte mit Nicht- Betroffenen, mit Angehörigen, finde ich sehr wichtig.

25.01.2022 21:22 • #10


A


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