Thema Angst u. Panikstörungen Angstneurose -
Hallo liebe Forenuser. Eigentlich hatte ich diesen Text für eine Facebookgruppe in Berlin geschrieben. Ich dachte, ich teile ihn hier auch einfach mal. Vielleicht erreicht es ja den einen oder anderen.
Ich möchte aufgrund einiger Kommentare und Texte hier, etwas dazu beitragen, anderen zu helfen. Es ist eine verdammt schwere Zeit, allein schon für vollkommen gesunde Menschen. Sehr viele von uns haben Angst. Ob man es offen zu gibt oder es im Stillen mit sich selbst aus macht. Jedoch gibt es Menschen, für die bleibt es nicht bei der normalen Angst. Menschen, die bereits vor Corona täglich mit Ängsten zu tun hatten. Ängste und Paniken, die so fesselnd sind, dass sie das komplette Leben einschränken. Die dich von einer auf die andere Sekunde glauben lassen, dass man stirbt. Die in deinem Körper Symptome hervorrufen, die einem Infarkt gleichen. Die dir die Luft zum Atmen nehmen. Die dich lähmen. Und das alles ist wirklich da. Die Menschen denken sich das nicht aus oder bilden es sich ein. Und sie können auch nichts dafür. Ein Einfaches zusammenreißen funktioniert dabei nicht. Oft sind es Leidensgeschichten, die über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinaus gehen.
Vielleicht kann ich diesen Menschen hier eine kleine Hilfe stellen. Aber wer bin ich, dass ich jetzt der Meinung bin, solch einen Text zu schreiben? Nun, ich bin Benny, 33 aus dem schönen Wedding. Seit 2014 leider ich an einer somatisierten Angst und Panikstörung. Seit diesem Jahr wurde die Diagnose in eine Angstneurose geändert. Im Grunde kommt es auf dasselbe bei raus. Ich war seit Januar mal wieder in einer psychiatrischen Tagesklinik und mit dem Ausbruch von Corona, wurde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich habe mir seit 6.1 so viel erarbeitet und aufgebaut. Ich war täglich unterwegs, habe Sachen gemacht, die ich vorher nicht wollte und konnte. Ich hatte jeden Tag über 10.000 Schritte gemacht (bin dazu auch stark Übergewichtig). Meine Freundin und ich fingen sogar an ins Fitnessstudio zu gehen und was zu ändern. All das, war mit einem Mal weg. Weil die Tagesklinik mich entlassen hat. (Angeblich wegen dem Übergewicht Risikopatient. Keine Ahnung ob es stimmt)
Aber all das wäre für die Katz gewesen, wenn ich jetzt nicht weiter mache. Vielleicht nicht so intensiv wie in der Tagesklinik aber mit einem Plan. Ich meine, all die Sachen, die man dort macht, kann man Zuhause genau so umsetzen. Ich war dort z.B. in der Holzwerktstatt. Der Zweck war, konzentriertes Arbeiten an neuen Projekten außerhalb der Wohlfühlzone. Mit den Symptomen. Lernen, dass sie ein Teil deines Alltages sind. Weiter machen, obwohl es schwierig ist. Angst zu haben, aber selber zu bestimmen, wieviel Platz sie einnimmt. All das, was man schon 50000000x gehört hat und in etlichen Therapiesitzungen durchgekauft hat, hat dieses Mal gefruchtet. Jetzt gilt es dies alles beizubehalten. Und einen Plan zu haben, dieses zuhause in dieser schwierigen Zeit sich zu arbeiten.
1. Schaffe dir eigene Aufgaben, die deine volle Konzentration brauchen. Ich z.B. habe mit einem Online-Programmierkurs begonnen um alte Kenntnisse wieder aufzuarbeiten bzw. aufzufrischen. Es muss etwas sein, was aus deiner Komfortzone geht. Etwas neues. Baue dir festen Zeiten wie lang du daran arbeiten willst am Tag. Schaffe dir zwischen durch Pausen.
2. Keiner kann Gespräche mit Therapeuten ersetzten. Jedoch kann man sich über seine Krankheit informieren. Es gibt so viele Betroffene da draußen, die Erfahrungen und Erlebnisse Teilen. Sei es auf Youtube, in Foren, in Chats oder in Büchern. Nimm dir 1-2 Tage in der Woche wo du dich genau mit diesem Thema beschäftigst. Mach dir bewusst, was deine Probleme sind, wo Parallelen sind und wie du dir selbst helfen kannst. Lege auch hier Zeiten fest, wie lange du dich damit beschäftigst und mache Pausen.
3. Versuche einen geordneten Tagesrhythmus aufrecht zu erhalten. Stehe Morgens auf. Baue dir kleine Rituale. Körperpflege, Frühstück und Mittag. Lege die anderen Aufgaben dazwischen. Halte deine Wohnung sauber und versuche dir jeden Tag neue Aufgaben zu stellen.
4. Bewegung. Gerade als Angst und Panikpatient brauchen wir Bewegung. Ich möchte es nicht gleich Sport nennen. Das schreckt viele ab. Jedoch müssen wir unsere überschüssige Energie los werden. Ihr habt sicher schon mal davon gehört, dass gerade bei Angst und Panikattacken wir einen Adrenalinüberschuss haben, den der Körper nicht abbauen kann. Genau da kommt die Bewegung ins Spiel. Auch Zuhause kann man viel machen. Es gibt gerade etliche Angebote von Fitnessstudios für zuhause auf YouTube und Co. Viele Leute machen in Streams zusammen Bewegung. Das hilft eure Muskeln zu bewegen und beugt Verkrampfungen vor, die wieder zu Angstzuständen führen können.
5. Halte soziale Kontakte. Wenn man allein ist, beschäftigt man sich zu sehr mit seinen Ängsten und Symptomen. Man steigert sich richtig rein. Viele neigen dann auch dazu, ständig Vitalwerte zu messen. Blutdruck, Puls, Sauerstoffgehalt. Das treibt noch mehr in die Angst. Kontakt zu anderen. Ob Freunde oder Fremde, hilft sich abzulenken und den Focus zu halten. Man vereinsamt nicht. Ich weiß, dass es einige da draußen gibt, die keine sozialen Kontakte haben oder denen es schwerfällt. Auch hier kann das Internet leichte Hilfe schaffen. Sie ersetzt den physischen Kontakt nicht komplett ist aber besser als alleine zu sein. Auf Seiten wie https://www.psychic.de/ findet ihr viele Betroffene, mit denen ihr euch auch in dieser Zeit austauschen könnt. Aber denkt daran, man kann auch dort zu tief in die Materie gehen und beschäftigt sich dann 24/7 mit den Krankheiten die dort zu auftauchen. Setzt euch auch hier wieder Zeiten und Pausen.
Denkt daran. Ihr seid nicht allein. Viele haben in dieser Zeit Ängste und viele verstehen vielleicht gerade jetzt, wie es euch das ganze Jahr über geht. Bitte zögert nicht, nach Hilfe zu fragen. Gebt euch nicht auf und lasst die Angst nicht die Überhand gewinnen. Ihr bestimmt, wie viel Platz sie einnimmt. Und glaubt mir, ich weiß wie diese Worte oft ins leere laufen können. Am Ende kann ich euch nur anbieten, dass ihr auch mir schreiben könnt, wenn ihr möchtet. Fragen habt oder ich anders helfen kann. Am Ende liste ich noch ein paar Telefonnummern auf, die vlt. Helfen können. Vielleicht schreibt ihr sie einfach auf und legt sie irgendwo hin, wo ihr sie nicht vergesst. Einfach nur um sie zu haben.
Grüße aus dem Wedding. Ich versuche dran zu bleiben. 3
Benny
Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 (Auch bei Ängsten, Krankheit, Kummer, Depressionen etc.)
Kriesendienst: https://www.berliner-krisendienst.de/ Hier poste ich euch nur den Link, weil die Nummer Bezirksabhängig ist. Ihr findet sie auf der Homepage.
Hallo liebe Forenuser. Eigentlich hatte ich diesen Text für eine Facebookgruppe in Berlin geschrieben. Ich dachte, ich teile ihn hier auch einfach mal. Vielleicht erreicht es ja den einen oder anderen.
Ich möchte aufgrund einiger Kommentare und Texte hier, etwas dazu beitragen, anderen zu helfen. Es ist eine verdammt schwere Zeit, allein schon für vollkommen gesunde Menschen. Sehr viele von uns haben Angst. Ob man es offen zu gibt oder es im Stillen mit sich selbst aus macht. Jedoch gibt es Menschen, für die bleibt es nicht bei der normalen Angst. Menschen, die bereits vor Corona täglich mit Ängsten zu tun hatten. Ängste und Paniken, die so fesselnd sind, dass sie das komplette Leben einschränken. Die dich von einer auf die andere Sekunde glauben lassen, dass man stirbt. Die in deinem Körper Symptome hervorrufen, die einem Infarkt gleichen. Die dir die Luft zum Atmen nehmen. Die dich lähmen. Und das alles ist wirklich da. Die Menschen denken sich das nicht aus oder bilden es sich ein. Und sie können auch nichts dafür. Ein Einfaches zusammenreißen funktioniert dabei nicht. Oft sind es Leidensgeschichten, die über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinaus gehen.
Vielleicht kann ich diesen Menschen hier eine kleine Hilfe stellen. Aber wer bin ich, dass ich jetzt der Meinung bin, solch einen Text zu schreiben? Nun, ich bin Benny, 33 aus dem schönen Wedding. Seit 2014 leider ich an einer somatisierten Angst und Panikstörung. Seit diesem Jahr wurde die Diagnose in eine Angstneurose geändert. Im Grunde kommt es auf dasselbe bei raus. Ich war seit Januar mal wieder in einer psychiatrischen Tagesklinik und mit dem Ausbruch von Corona, wurde mir der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich habe mir seit 6.1 so viel erarbeitet und aufgebaut. Ich war täglich unterwegs, habe Sachen gemacht, die ich vorher nicht wollte und konnte. Ich hatte jeden Tag über 10.000 Schritte gemacht (bin dazu auch stark Übergewichtig). Meine Freundin und ich fingen sogar an ins Fitnessstudio zu gehen und was zu ändern. All das, war mit einem Mal weg. Weil die Tagesklinik mich entlassen hat. (Angeblich wegen dem Übergewicht Risikopatient. Keine Ahnung ob es stimmt)
Aber all das wäre für die Katz gewesen, wenn ich jetzt nicht weiter mache. Vielleicht nicht so intensiv wie in der Tagesklinik aber mit einem Plan. Ich meine, all die Sachen, die man dort macht, kann man Zuhause genau so umsetzen. Ich war dort z.B. in der Holzwerktstatt. Der Zweck war, konzentriertes Arbeiten an neuen Projekten außerhalb der Wohlfühlzone. Mit den Symptomen. Lernen, dass sie ein Teil deines Alltages sind. Weiter machen, obwohl es schwierig ist. Angst zu haben, aber selber zu bestimmen, wieviel Platz sie einnimmt. All das, was man schon 50000000x gehört hat und in etlichen Therapiesitzungen durchgekauft hat, hat dieses Mal gefruchtet. Jetzt gilt es dies alles beizubehalten. Und einen Plan zu haben, dieses zuhause in dieser schwierigen Zeit sich zu arbeiten.
1. Schaffe dir eigene Aufgaben, die deine volle Konzentration brauchen. Ich z.B. habe mit einem Online-Programmierkurs begonnen um alte Kenntnisse wieder aufzuarbeiten bzw. aufzufrischen. Es muss etwas sein, was aus deiner Komfortzone geht. Etwas neues. Baue dir festen Zeiten wie lang du daran arbeiten willst am Tag. Schaffe dir zwischen durch Pausen.
2. Keiner kann Gespräche mit Therapeuten ersetzten. Jedoch kann man sich über seine Krankheit informieren. Es gibt so viele Betroffene da draußen, die Erfahrungen und Erlebnisse Teilen. Sei es auf Youtube, in Foren, in Chats oder in Büchern. Nimm dir 1-2 Tage in der Woche wo du dich genau mit diesem Thema beschäftigst. Mach dir bewusst, was deine Probleme sind, wo Parallelen sind und wie du dir selbst helfen kannst. Lege auch hier Zeiten fest, wie lange du dich damit beschäftigst und mache Pausen.
3. Versuche einen geordneten Tagesrhythmus aufrecht zu erhalten. Stehe Morgens auf. Baue dir kleine Rituale. Körperpflege, Frühstück und Mittag. Lege die anderen Aufgaben dazwischen. Halte deine Wohnung sauber und versuche dir jeden Tag neue Aufgaben zu stellen.
4. Bewegung. Gerade als Angst und Panikpatient brauchen wir Bewegung. Ich möchte es nicht gleich Sport nennen. Das schreckt viele ab. Jedoch müssen wir unsere überschüssige Energie los werden. Ihr habt sicher schon mal davon gehört, dass gerade bei Angst und Panikattacken wir einen Adrenalinüberschuss haben, den der Körper nicht abbauen kann. Genau da kommt die Bewegung ins Spiel. Auch Zuhause kann man viel machen. Es gibt gerade etliche Angebote von Fitnessstudios für zuhause auf YouTube und Co. Viele Leute machen in Streams zusammen Bewegung. Das hilft eure Muskeln zu bewegen und beugt Verkrampfungen vor, die wieder zu Angstzuständen führen können.
5. Halte soziale Kontakte. Wenn man allein ist, beschäftigt man sich zu sehr mit seinen Ängsten und Symptomen. Man steigert sich richtig rein. Viele neigen dann auch dazu, ständig Vitalwerte zu messen. Blutdruck, Puls, Sauerstoffgehalt. Das treibt noch mehr in die Angst. Kontakt zu anderen. Ob Freunde oder Fremde, hilft sich abzulenken und den Focus zu halten. Man vereinsamt nicht. Ich weiß, dass es einige da draußen gibt, die keine sozialen Kontakte haben oder denen es schwerfällt. Auch hier kann das Internet leichte Hilfe schaffen. Sie ersetzt den physischen Kontakt nicht komplett ist aber besser als alleine zu sein. Auf Seiten wie https://www.psychic.de/ findet ihr viele Betroffene, mit denen ihr euch auch in dieser Zeit austauschen könnt. Aber denkt daran, man kann auch dort zu tief in die Materie gehen und beschäftigt sich dann 24/7 mit den Krankheiten die dort zu auftauchen. Setzt euch auch hier wieder Zeiten und Pausen.
Denkt daran. Ihr seid nicht allein. Viele haben in dieser Zeit Ängste und viele verstehen vielleicht gerade jetzt, wie es euch das ganze Jahr über geht. Bitte zögert nicht, nach Hilfe zu fragen. Gebt euch nicht auf und lasst die Angst nicht die Überhand gewinnen. Ihr bestimmt, wie viel Platz sie einnimmt. Und glaubt mir, ich weiß wie diese Worte oft ins leere laufen können. Am Ende kann ich euch nur anbieten, dass ihr auch mir schreiben könnt, wenn ihr möchtet. Fragen habt oder ich anders helfen kann. Am Ende liste ich noch ein paar Telefonnummern auf, die vlt. Helfen können. Vielleicht schreibt ihr sie einfach auf und legt sie irgendwo hin, wo ihr sie nicht vergesst. Einfach nur um sie zu haben.
Grüße aus dem Wedding. Ich versuche dran zu bleiben. 3
Benny
Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 (Auch bei Ängsten, Krankheit, Kummer, Depressionen etc.)
Kriesendienst: https://www.berliner-krisendienst.de/ Hier poste ich euch nur den Link, weil die Nummer Bezirksabhängig ist. Ihr findet sie auf der Homepage.
19.03.2020 19:44 • • 20.03.2020 x 11 #1
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