Hallo an alle,
ich war lange nicht mehr hier aktiv, weil ich meine Angst ganz gut im Griff hatte (meistens Krankheitsängste und Angst vor der Angst). Auch dieses Forum hat mir geholfen, meine Angst mit anderen Augen zu sehen und ihr zu begegnen.
Seit einigen Wochen habe ich eine ganz neue Angst, die ich bisher so nicht kannte, die mich aber an den Rand der Verzweiflung bringt: Die sich abzeichnenden politischen Veränderungen in unserem Land und die Ungewissheit darüber, was kommen wird, wenn radikale Kräfte mehr und mehr wichtige Positionen besetzen. Von überall wird eine gewisse Untergangspanik angeheizt, scheint mir. Die sozialen Medien sind so voll von diesem immer derber und unzivilisierter werdenden Forderungen.
Ich schreibe hier bewusst nicht, welche politischen Strömungen mir spezifisch Angst machen. Aus zwei Gründen: Erstens, weil ich Angst vor allen radikalen Strömungen habe, die nach Macht streben und ankündigen, Gewalt anzuwenden, um ihre Sache durchzusetzen; weil ich generell (panische) Angst vor Gewalttätigkeit habe. Und zweitens weil ich Angst davor habe, dass hier irgendwelche politischen Kommentare kommen.
Ich halte es kaum aus, das hier zu schreiben. Schon läuft dieser Film in mir ab: Irgend jemand, der mich vielleicht kennt und mir nicht gewogen ist, sorgt dafür, dass ich vielleicht festgenommen werde. Oder dass mir irgend etwas passiert. Ich weiß, dass man das als Paranoia bezeichnet, und ich glaube, ich stehe darüber. Aber nicht vollständig.
Ich habe die Decke der Zivilisation noch nie als so dünn empfunden wie in diesen Tagen. Möglicherweise habe ich eine verzerrte Wahrnehmung. Möglicherweise gelingt es mir nicht mehr, zwischen medialer und tatsächlicher Wirklichkeit zu unterscheiden. Vielleicht vertrage ich diese permanente Sensationsgier und Überspitzung nicht, aber ich sehe auch, wie die Menschen in meinem Umfeld sich verändern. Wie sie zunehmend trauen, Dinge zu sagen, die mir Angst machen, weil sie Grundpfeiler der Zivilgesellschaft leichtfertig in Frage stellen.
Ich habe meinen Facebook-Account deaktiviert und lese keine Zeitung mehr. Eine Vermeidungshaltung, ganz sicher. Aber ich kriege es einfach nicht mehr hin. Schon wenn ich Überschriften erhasche, merke ich, wie mein Puls beschleunigt. Wenn das Gespräch unter Freunden/Kollegen/Bekannten/Verwandten auf politische Themen kommt, bekomme ich kalte, schweißnasse Hände und werde zittrig. War ich früher ziemlich locker bei solchen Diskussionen, blocke ich heute sofort ab und versuche, am besten den Raum zu verlassen, um nichts davon hören und vor allem nichts sagen zu müssen.
Vermutlich gibt es für diese Art von Angst kein Patentrezept. Aber ich erwarte auch gar nichts. Es hilft vielleicht etwas, wenn ich weiß, dass hier andere, denen es vielleicht ähnlich geht, mitlesen und mitfühlen. Weil mir dieses Forum schon einmal sehr geholfen hat.
Danke euch allen.
S.
07.10.2018 20:31 •
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