Pfeil rechts
22

A
Hallo Leute, es tut mir schon extrem Leid, dass ich das an den Weihnachtstagen schreiben muss, aber ich halte es nicht mehr aus.

Ich bin 21 Jahre alt, werde morgen 22 und es könnte mir gerade nicht schlechter gehen. Anfang November hatte ich plötzlich wie aus dem Nichts Angst vor dem Tod bekommen. Es war ein ganz normaler Vormittag, ich stand im Bad vor dem Spiegel und habe mich fertig gemacht. Seitdem habe ich extrem gruselige Gedanken. Die Frage, was passieren wird, wenn wir sterben, geht mir gar nicht mehr aus dem Kopf. 1,5-2 Wochen lang habe ich die Angst für mich behalten können. Ich wollte niemanden damit belasten, oder gar runterziehen. Jeder hat doch irgendwann mal Angst davor. Mit meinen Kommilitonen auszugehen hat gar nichts gebracht, ich sah mich im Club/in der Bar um und musste nur daran denken, wie wir nie wieder so jung sein werden wie jetzt gerade. Und wie meine lieben Kommilitonen auch sterben müssen. Irgendwann ist es dann aus mir rausgeschossen. Ich bin zusammengebrochen, habe geweint, geschrien, wusste gar nicht mehr weiter. Meine Mutter kam zu Hilfe, richtig trösten konnte sie mich aber auch nicht. Wir haben uns dann gedacht, dass ich dringend mal mit einem Arzt darüber sprechen muss. Einen Termin hab ich aber natürlich nicht so schnell bekommen.

Meine Mutter kam dann auf die Idee, dass wir die nächsten Tage bei meinem Bruder verbringen sollten, einfach so zur Ablenkung. Ich habe mich so bemüht, aber eine Ablenkung war irgendwie nicht möglich. Immer wenn wir am Tisch saßen und aßen, musste ich daran denken, wie auch er älter wird. Selbst wenn ich meine Lieblingsserien geschaut habe, musste ich daran denken, dass es für die Schauspieler irgendwann so weit ist. Ich habe die Gedanken nicht mehr ausgehalten und wollte einfach nur schlafen. Gegessen habe ich auch fast nichts. Für mich gabs nur Vorlesungen und dann der Schlaf. Wieder zu Hause wurde es richtig schlimm. Ich bin morgens viel zu früh aufgewacht, konnte nicht weiterschlafen und es spukte wieder in meinem Kopf. Ich konnte es nicht mal steuern, ich habe mir so viel Mühe gegeben, an etwas anderes zu denken. Ich wollte meine Mutter wecken, weil ich einfach jemanden zum Reden brauchte. Ich habe sie gerüttelt, geschüttelt, sie hat mich aber im Halbschlaf abgewehrt. Mir blieb nichts anderes, als bei der Telefonseelsorge anzurufen, ich wollte einfach NUR REDEN. Über meine Ängste. Einmal hat mir eine Dame sehr geholfen. Am nächsten Tag half eine andere Dame da gar nicht Weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll.

Ich habe die nächsten drei Tage bei meiner besten Freundin und ihrem Freund verbracht. Die ersten 24 Stunden ging es mir nicht besser. Immer wenn ich mich im Spiegel angesehen hab, habe ich daran gedacht, dass ich nicht immer so aussehen werde. Der erste Morgen verlief genauso wie die letzten, also wirklich schei., wenn ich das so sagen darf. Aber danach ging es so langsam. Dadurch, dass auch ein anderer Freund ständig da war, war die Bude irgendwie immer voll. Die Gedanken waren nie völlig verschwunden, aber es war ok. An dem Samstag waren wir auf einem Geburtstag einer Freundin, die sagte, dass sie mit 20 jetzt voll alt sei. Meine beste Freundin und ich haben sie natürlich ausgelacht. Ich hatte die selben Gedanken wie als ich mit meinen Kommilitonen aus war, aber nicht so stark, dass sie die ganze Nacht dominierten. Am nächsten Nachmittag bin ich wieder nach Hause gefahren. Das ist jetzt fast 3 Wochen her. Danach ging es mir viel besser. Ich hatte zwei Tage später meinen Termin beim Arzt und habe ihm gleich gesagt, dass ich es bedauere, dass wir uns da erst getroffen haben. Mir ging es VIEL besser. Ich konnte essen, schlafen, die Uni war ok, das Wetter war auch ok. Dementsprechend fiel die Sitzung eher weniger.. naja authentisch aus.

Danach war ich so beschäftigt mit der Uni, dass es ging. Meine Ängste galten nicht mehr so unbedingt dem Tod sondern dem Älterwerden. Ich habe mich ständig mit berühmten Persönlichkeiten verglichen und immer geschaut wie viel älter sind. Bei dem einen oder anderen natürlich einen Schock gekriegt, als ich gemerkt habe, dass sie maximal 3 Jahre älter sind. Und jetzt seit 3 Tagen sind die Ängste wieder da. Heute hab ich meinen Tiefpunkt erreicht. Ich werde morgen 22 und komme mir vor, als ob ich morgen 30 werde. Und übermorgen sterbe. Dass meine 40jährige Schwester und meine 60jährige Mutter mit Sprüchen wie Ja, was sollen WIR denn sagen? kommen, hilft absolut gar nicht, verschlimmert das Ganze sogar. Ich habe das Bedürfnis mit älteren zu sprechen, aber bisher habe ich nicht eine beruhigende Aussage gehört. Schlimmer sogar. Habe meine 30er gar nicht mitbekommen. Super, soll ich schon beim Bestatter anrufen?

Und da bin ich wieder, ganz am Anfang. Kann nichts essen, könnte nur weinen. Muss für Klausuren lernen, kriege meinen Kopf nicht frei. Ich sitze einfach nur da und habe Angst davor, dass die Zeit rennt. Ich die Augen zumache und wenn sie wieder offen sind, bin ich 60. Ich will meinen Geburtstag nicht feiern. Ich habe so Angst. Ich würde so gerne wieder mit meinem Psychologen sprechen. Denn jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt. Ich hab mittlerweile sogar Angst davor, dass die Angst nicht verschwindet.

Es kommt mir so lächerlich vor. Ich sehe 19 jährige und bin neidisch. Immer muss ich mir selbst eine ohrfeigen und sagen IHR SEID EINE GENERATION! SIE SIND LÄCHERLICHE 3 JAHRE JÜNGER! Ich bin Studentin im 3. Semester, ich wohne sogar noch zu Hause. In zwei Wochen fliege ich nach Kalifornien und mache ein Auslandssemester, ich müsste mich eigentlich freuen wie sonst was, weil sich ein Traum erfüllt. Es IST lächerlich. Aber es ist einfacher, das zu schreiben, als das auch wirklich zu denken

Ich bin einfach nur noch hilflos. Ich will so nicht leben.

Sorry für meinen Roman. Ich wünsche euch schöne Feiertage.

25.12.2014 15:07 • 23.04.2018 #1


80 Antworten ↓


A
Kann bitte jemand Antworten? Ich habe hier echt mein Herz ausgeschüttet Ich bin untröstlich gerade. Ich fühle mich in meinem Körper gefangen, wie kann es sein, dass ich in ein paar Stunden 22 bin? Ich fühle mich noch wie 16 oder so. Ich würde gerne das Leben anhalten, aber es geht doch nicht. Es fühlt sich für mich schon an, als hätte ich mein peak erreicht. Hilfe? Ich verliere gerade komplett meine Lebenslust.

25.12.2014 16:17 • #2


A


Angst vor dem Älterwerden/Tod

x 3


S
Wovor hast du denn nun genau Angst?
Du wirst 22 Jahre alt und nicht 100.....
mit 22 Jahren liegt das Leben doch noch vor dir, du kannst dem einen Sinn geben, indem du Wege einschlägst,
indem du deinen Träumen und Vorstellungen folgst!

Bei dir hab ich eher den Verdacht, du fürchtest dich vor dem Erwachsenwerden, vor Verantwortungen, die auf dich zukommen,
ist es so?

25.12.2014 16:44 • x 1 #3


A
Nein, eigentlich war das bis vor Kurzem genau das, was ich mir gewünscht habe. Als jüngste meiner Familie wurde mir ständig eingetrichtert, dass ich für sämtliche Dinge einfach zu jung bin (aus dem Elternhaus ausziehen, Heiraten, Karriere). Eigentlich wurde mir das mein ganzes Leben gesagt. Als ich vor knapp einem Jahr ausziehen wollte, musste ich mich beweisen. Es hat sich immer darum gedreht, um dieses nein, NOCH NICHT. Und ich habe mich nach dem Tag gesehnt, wo das alles aufhört. Mir sagt meine Mutter solche Sachen immer noch. Aber diesmal mit dem Unterschied, dass mir richtig klar wird, dass das nicht mal stimmt. Ich bin nicht mehr ZU JUNG. Und es macht mir Angst, weil es mir auf einmal zu schnell geht. Ich habe Angst, dass das ganze Leben zu schnell vorbei geht. Das ist meine Hauptangst. Irgendwann bin ich nicht mehr. Ich existiere nicht mehr. Ich sehe das Leben nur noch als Zeitspanne vor meiner Nase und kann gar nicht in den Tag hinein leben..

25.12.2014 17:40 • #4


Luna70
Viele hier kennen das Gefühl, wenn einem die Angst von einem Moment auf den anderen überfällt und oft sind die Ängste völlig irrational, für Außenstehende nicht nachvollziehbar und kommen aus dem Nichts. Ich bin oft erschrocken darüber, wie viele ganz junge Menschen davon betroffen sind.

Ich kann gut verstehen, dass es dir nicht hilft, wenn man dir sagt, dass du in deinem jungen Alter eigentlich gar keine Angst vor dem Älterwerden haben musst. Vernünftig begründen kann man Ängste nunmal oft nicht.

Was genau willst du von älteren Menschen denn wissen? Was würde dich denn beruhigen?

Du musst ganz sicher nicht beim Bestatter anrufen, mal ganz davon abgesehen dass man den sowieso in den seltensten Fällen selbst anruft.

Vielleicht macht dir deine bevorstehende Auslandsreise Angst. Du bist ja scheinbar sehr behütet gewesen bisher und nun für ein halbes Jahr so weit weg, ohne Familie und Freunde, kein Wunder dass dich das durcheinander bringt. Auch wenn es ein Traum ist, oder gerade dann.

25.12.2014 17:46 • x 1 #5


A
Mich würde es beruhigen wenn wenigstens einer sagen würde, dass alles nicht so schnell an einem vorbeigezogen ist. Das macht mir total Angst. Meine Mutter hat es mal so zusammengefasst, dass man bis man 18 ist krabbelt, bis 30 etwas schneller geht und ab 30 ist alles nur noch ein Sprint (zeitlich gesehen). Ich versuche mir natürlich einzureden, dass es was damit zu tun hat, dass sie schon mit 19 ihr erstes Kind hatte. Aber trotzdem. Hilft irgendwie nicht so ganz.

Ich bin tatsächlich etwas sehr behütet aufgewachsen. Bis 18 durfte ich in meiner Freizeit kaum etwas machen von meinen Eltern aus. Und dann wurde ich irgendwie ins kalte Wasser geschmissen mit 18. Auf einmal hieß es Ok, geh feiern, ok, triff dich mit Männern. Ist ok. Auch wenn es bei etwas größeren Schritten - wie bereits erwähnt - ich immer noch ein nein bekommen hab, war alles irgendwie zu viel auf einmal.

Ich sehe den 30. Geburtstag extrem als Meilenstein (ja, vielleicht auf eine übertriebene Art und Weise). Ich denke mir Wenn ich mein Leben bis dahin nicht aufgebaut hab, ja, wann denn dann? Und das sind 8 Jahre bis dahin. Wenn ich 8 Jahre zurückdenke, war ich 14. Wow, wie lange es gedauert hat, 22 zu werden und man, habe ich mich verändert! Ich hab aber Angst, dass sich diese 8 Jahre dieses Mal nicht so anfühlen.

25.12.2014 18:02 • #6


A
Ich weiß nicht, ob das relevant ist, aber so eine Phase hatte ich schonmal ganz ganz ganz kurz mit 18. Da wurde ich mir überhaupt über meine Sterblichkeit SO RICHTIG bewusst. Warum das nur 4 Jahre später so ausarten muss, versteh ich überhaupt nicht. Ich dachte mir damals wahrscheinlich Ich bin noch nicht einmal 20.. Diese ganz ganz ganz kurze Phase war auch nicht anderes, als ein kurzer Zusammenbruch.

25.12.2014 18:13 • #7


Luna70
Zitat von azra92:
Mich würde es beruhigen wenn wenigstens einer sagen würde, dass alles nicht so schnell an einem vorbeigezogen ist. Das macht mir total Angst.


Was deine Mutter meint, ist wahrscheinlich dass man als Eltern (gerade von mehreren Kindern) sehr, sehr viel zu tun hat und es einem oft so vorkommt, als wäre der Tag nie lange genug, um alles zu schaffen. Das ist aber trotzdem eine sehr intensive Zeit. Mir geht es auch oft so, dass ich meine mehr oder weniger erwachsenen Kinder ansehe und mich frage, wie die denn so schnell so groß geworden sind. Das heißt aber nicht, dass die Zeit an mir vorbei gerast ist, sondern dass es einfach Jahre waren, die angefüllt waren mit sehr viel Arbeit aber auch mit sehr intensiven Erlebnissen.

Ich bin 44 Jahre alt, also aus deiner Perspektive natürlich sehr alt und ich kann dir sagen, dass es immer auf einen selbst ankommt, ob man das Leben an sich vorbei ziehen lässt oder ob man die Zeit nutzt. Da ist es egal, ob man zwanzig oder sechzig ist. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Zeit schneller vergeht, je älter ich werde und mir macht das Älterwerden auch keine Angst.

Setze dich nicht so unter Druck. Der dreißigste Geburtstag ist auch nicht anders als andere. Wer sagt dir denn, dass du bis dahin dieses und jenes geschafft haben musst? Ich hoffe, du kannst deinen Geburtstag trotzdem feiern. Es gibt keinen Grund, warum du das nicht tun solltest.

25.12.2014 18:26 • #8


A
44 ist aus meiner Perspektive nicht sehr alt, im Gegenteil, ich fühle mich fast selber in dem Alter. Ich weiß nicht was es ist. Ich hoffe mir, dass es im Auslandssemester besser wird. Meine Mutter will mich fast schon nicht wegschicken..

25.12.2014 18:34 • #9


N
Ja was denn nu? Um 16:17 Uhr hast Du Dich noch wie 16 (oder so) gefühlt, vier Stunden später wie 44.

25.12.2014 19:07 • x 1 #10


A
Im Herzen bin ich 16. Aber ich denke mir, dass ich so schnell älter werde, also fast in den 30ern/40ern nach außen bin.

25.12.2014 19:28 • #11


N
Da kann ich Dich beruhigen,.... das würde man mitbekommen, wenn Du in den 30ern oder 40ern wärst.

25.12.2014 19:29 • #12


A
Und geht es wirklich so schnell?

25.12.2014 19:32 • #13


A
Oh man, meine Fragen werden absurd, tut mir leid. Ich sollte schlafen gehen.

25.12.2014 19:35 • #14


S
Zitat von azra92:
Oh man, meine Fragen werden absurd, tut mir leid. Ich sollte schlafen gehen.



Stimmt....

25.12.2014 19:48 • #15


Luna70
Na, scheinbar hast du trotz deiner Angst noch Humor, das ist doch schon mal gut. Und oft ist das, was uns Angsthasen so durch den Kopf geht, in der Tat etwas absurd.

Natürlich sind wir alle sterblich und keiner weiß, wann unsere Uhr ablaufen wird. Die meisten Menschen (zumindest bis zu einem gewissen Alter) machen sich aber darüber wenig Gedanken und das ist auch gut so.

Du bist gerade in einer Phase, wo etwas Neues auf dich zukommt, genau wie mit 18, als du volljährig geworden bist. Nun wirst du wahrscheinlich das erste Mal dein Elternhaus für längere Zeit verlassen und das macht dir Angst. Ich bin ganz sicher, das Leben wird für dich noch ganz viele Erfahrungen bereit halten und mal wird die Zeit schneller, mal langsamer vergehen. Ob die Zeit an dir vorbeizieht, das entscheidest du doch ganz alleine. Ich weiß selbst ganz genau, wie schwer es ist, die Angst in Schach zu halten, gerade wenn sie so diffus ist. Aber man kann das schon schaffen, auch das habe gelernt.

25.12.2014 20:17 • x 1 #16


A
Ich danke dir, Luna70! Ich werde vielleicht öfter mit jemandem reden müssen (habe nicht schlafen können, bei ner Kummerhotline angerufen, hat auch etwas geholfen!). Hoffentlich finde ich da wieder raus, wie vor ein paar Wochen.

25.12.2014 20:21 • #17

Sponsor-Mitgliedschaft

Luna70
Herzlichen glückwunsch zum geburtstag! Wie geht es dir?

26.12.2014 19:36 • #18


B
Happy birthday!

Ach, und ich habe die gleichen Gedanken wie Du, nur ohne diese Panik dabei.
Ich bin aber auch etwas älter als Du und habe tatsächliche meine Jugend verloren. Als ich dieses merkte, fing ich auch an mir Schauspieler anzuschauen und wie schön sie in ihrer Blütezeit waren. Mein top Beispiel: Don Johnson - Miami Vice! Ich wollte immer so aussehen und jetzt ist selbst er alt, grau und faltig. Aber das ist der Lauf des Lebens! Dann fing ich an alte Plätze und die Straße wo ich als Kind gespielt habe wieder aufzusuchen und mich an meine Kindheit zu erinnern. Wenn man dann merkt, dass es viele Plätze einfach nicht mehr gibt und etwas Neues entstanden ist, fühlt sich das auch komisch an. Aber nochmal: Das Leben ist einem ständigen Wandel unterzogen und das ist auch gut so. Oh und was Dir gesagt wurde mit den 30ern, dass die so schnell vorbei gehen. Die Zeit läuft immer gleich schnell, aber Dein Gefühl dafür ändert sich. Mir kamen die ersten 20 Jahre meines Lebens ewig lang vor und danach ging es wie ein Blitz. Damit begründe ich auch meine erste Midlife Crisis mit Anfang 30.

Ich will Dich nicht beunruhigen, vielmehr sage ich, dass Deine Gedanken teils normal sind. Jeder geht doch mit dem Älterwerden anders um.

ABER

Du bist erst Anfang 20, also genieße Deine vorhandene Jugend und viel Spaß in Cali!

26.12.2014 20:38 • x 1 #19


N
Hallo azra!

Ich habe mir bis jetzt nur deinen Eingangstext durchgelesen, aber ich kann zu 100% verstehen was du da schreibst! Ich erlebe seit Monaten genau das Gleiche. Ich habe Anfang des Jahres mein zweites Kind bekommen und müsste eigentlich vor Glück schweben. Es ist ein so bezauberndes Kind, wie auch meine Große. Aber schon in der Schwangerschaft merkte ich wie ich mal wieder depressiv wurde. Nach der Geburt bekam ich Zwangsgedanken und fühlte mich echt blöd dabei. Dann als mein Baby drei Monate alt war, wurde ich Zeuge eines Verkehrsunfalls (es gab also bei mir einen Auslöser) und seitdem verfolgen mich diese Todesängste. Eigentlich brauche ich gar nicht viel schreiben, denn es ist genauso wie du es beschrieben hast. Jetzt ist vor Weihnachten Udo Jürgens und Joe Cocker verstorben. Idole meiner Eltern und damit Teile meiner Kindheit. Das löst sofort wieder schlimmere Ängste aus. Zu den schlimmsten Zeiten war der Fernseher wochenlang aus, weil ich in jeder kleinsten Szene den Tod lauern sah... Nachrichten gehen jetzt noch nicht. Glaube wenn ich die Bilder sehen würde.... nee, da würde ich durchdrehen. Ich empfinde die ganze Umwelt wie betäubt... also es wirkt alles wie im Nebel. Sachlich betrachtet kann ich auch sagen, was für ein Quatsch... selbst ich mit Mitte 30 (was für dich vermutlich gerade Steinalt sein mag ) ist mein Leben noch lang und kann so erfüllt verlaufen. Wenn ich überlege, wie meine eigene Mutter mit 50 nochmal aufgelebt ist und wie toll sie aussah... Und ich selbst schaue dann in den Spiegel und denke: Sch... wie alt du bist! Neulich war ich bei einer guten Freundin und sie holte Fotos raus wo wir um die 20 waren. Ich hätte so heulen können und es hat mir so Angst gemacht.... Ich habe vor kurzem meine Therapie abgebrochen, auf die ich so meine Hoffnungen gesetzt habe, aber leider war die Therapeutin absolu ungeeignet für mich. Selbst sie als Fachkraft hat den Ernst meiner Angst nicht erkannt. Einen treffenden Satz hat sie in der glaube ich letzten Sitzung gesagt :Sie versauen sich das Leben, mit Gedanken an den Tod! Recht hat sie, aber ich hätte mehr erhofft von ihr.
Aber es ist nicht immer nur ganz schlimm. Wenn ich einen Funken Kraft habe, versuche ich mich einer Aufgabe zu widmen und mich damit hochzupeppeln. Da ich momentan noch in Elternzeit bin, fehlt mir meine Arbeit auch. Ich wünschte ich könnte (wie ich es mir immer gewünscht habe) in meiner Rolle als Mutter voll aufblühen und mich 1000% meinen Kindern widmen, aber das ist leider nicht so. Schon bei meiner ersten Tochter geriet ich in die Depression, die dann besser wurde als ich wieder halbtags gearbeitet habe.
Du hast ein wirklich tolles Ziel vor Augen und ich wünsche dir von Herzen, das du dich dem Vorhaben voll hingeben kannst. Vielleicht gehst du doch nochmal zu einem Arzt und redest offen darüber, damit du vor deinem Auslandsaufenthalt etwas stabilisiert wirst. Ich kenne das Problem, wenn es einem dann gerade nicht so sehr schlecht geht und man einfach nicht beschreiben kann, was in einem Akutfall so in einem vor sich geht. Du könntest es aufschreiben und ihm geben. Vielleicht bring das was.
Aber ich werfe jetzt mal völlig sachlich ein: Weder du mit deinen Anfang 20, noch ich mit Mitte 30 sind am Ende unseres Lebens. Selbst meine 5 jährige Tochter sagt mir oft: Mama du bist jung! Und das sagt sie ohne das ich etwas von meinen Gedanken erwähne.
Ich kann mir momentan nicht vorstellen diese Ängste jemals ganz zu verlieren, aber ich hoffe es dennoch sehr. Und ich habe auch schon gehört das es gehen soll.
LG Nanny

26.12.2014 21:21 • x 2 #20


A


x 4


Pfeil rechts




Dr. Reinhard Pichler