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A
guten Morgen,
ich wollte mal wieder ins Forum rein fragen, wie ihr damit umgeht, wenn ihr Routine-Termine habt bzw. Termine, die man ja schon eh und je kennt und wahrgenommen hat. Ich kann davor immer noch nicht schlafen und habe jedesmal Angst davor. Die Angst ist, was denkt mein Gegenüber, nimmt er mich überhaupt ernst, manchmal kann ich mich einfach nicht richtig ausdrücken, was ich sagen will, stottere oder verliere einfach den Faden oder habe wie ein Blackout kurzzeitig und muss dann wieder nachfragen, wo wir stehen geblieben waren, das passiert die letzte Zeit häufiger, auch in meiner Therapie. Mein Thera sagt dazu nichts, hilft mir dann nur auf die Sprünge...manchmal fehlen mit die einfachsten Wort-Ausdrücke nicht ein oder ich spreche rückwärts wie Yoda von Krieg der Sterne, das kommt nicht oft vor, aber es ist mir schon aufgefallen. Ich verwechsle auch öfter die Artikel wie Der, Die, Das...kennt das jemand? Muss gleich wieder zum Doc und habe jetzt schon wieder wie Watte im Kopf...
LG Annie

06.03.2017 09:50 • 09.03.2017 #1


8 Antworten ↓


Natty
Hallo Annie,

ganz so extrem schlimm ist es bei mir nicht, bzw. nicht gewesen. Und bei Routine-Terminen ist es bei mir normalerweise gar nicht schlimm. Aber ich kenne das auch, vor Aufregung nicht schlafen können und zumindest ein Stück sprachlos sein oder vor Unsicherheit total herumzugatzen beim Reden.

Mir hat geholfen, daß ich mir erst mal selbst zugestanden habe, daß ich 1. in die Verfassung kommen DARF, sprachlos zu sein oder herumzugatzen/zu stottern oder den Faden beim Reden zu verlieren. Und 2. daß ich mir gedanklich zurechtgelegt habe, was ich dann in solchen Fällen sage und das sage ich dann auch schon mal:

Wenn ich den Faden verloren habe:
Jetzt hab ich grad einen Blackout oder Ich habe den Faden verloren, wo war ich gerade?.

Wenn ich sprachlos bin oder mir nichts einfällt:
Ich bin sprachlos oder Mir fällt gerade nicht ein was ich dazu sagen soll oder Hmmmm.

Wenn ich stottere oder mich toal mit Wörtern verhaspel:
BlubBlubBlub.... noch mal von vorne. (Dann noch mal anfangen)

Am Besten Du überlegst Dir für die jeweiligen Situationen Sätze mit denen Du klar kommen kannst. Falls Du Angst hast, daß Du dann gar keine längeren Sätze mehr raus bringst, dann halt verkürzte: z.B. Faden verloren, Blackout...
Oder schlimmstenfalls schreibst Du Dir Sätze auf Zettel, die du mitnimmst, in der Hand hältst und den jeweiligen nach dem Wort Moment! vorzeigst.
Vielleicht kannst Du solche Situationen ja mal öfter mit einem Freund üben?

Ich habe einfach für mich akzeptiert, daß ich kein Super-Redner werde. Aber - oh Wunder - so manch Mal rede ich aber inzwischen richtig super. (dann aber wieder mal nicht so gut, vielfach aber inzwischen gut)

Den meisten Menschen ist das oft sympathischer wenn jemand Unsicherheit zeigt als wenn jemand total souverän wirkt.

Ich versuche mich nicht mit anderen die super reden können zu vergleichen. Damit mache ich mich sonst nur selbst fertig und das hilft überhaupt nicht.

Es hilft nur üben, üben, üben. Und nicht verzweifeln, wenn es trotzdem lange Zeit nicht besser wird. Es braucht seine Zeit, das Selbstbewußtsein umzuprogrammieren. Ich glaube die Zahlen für einen Lerneffekt liegen bei so ca. 50 wiederholten Situationen.

Außerdem stimmt es sehr oft nicht, wenn man sich ausmalt daß die Anderen Kritisches über einem denken. Für Andere ist das mit dem Stottern etc. oft gar nicht so auffällig schlimm wie man das selbst empfindet.

Alles Gute, Liebe Grüße
Natty

06.03.2017 22:34 • #2


A


Angst vor Routine-Terminen schwindet nicht

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A
@natty,
hallo Natty, in der Therapie mache ich das so wie oben beschrieben einfach den Faden oder habe wie ein Blackout kurzzeitig und muss dann wieder nachfragen, wo wir stehen geblieben waren, das passiert die letzte Zeit häufiger. Aber bei anderen Arztterminen nicht. Da bin ich völlig unsicher, vielleicht auch, weil ich ernst genommen werden will und denke, ich sitze wieder da wie so ein Depp. Aber du hast recht, ich kann mir Notizen machen. Mein bester Freund nimmt es mit Humor. Ich mache mir manchmal Gedanken, weil ich denke, das dies nicht normal ist. Es kommt nicht ständig vor, aber immer wieder diese Angst davor, was passiert wenn das passiert etc. Ich kann machen, was ich will, es ist immer noch so stark präsent, dass ich fast nur noch, wenn möglich, Mails schreibe, anstatt anzurufen. Komischerweise kann ich beim Schreiben besser ausdrücken und habe Zeit, zu überlegen, wie ich was schreibe. Habe schon überlegt, mal einen Rhetorik Kurs zu machen (hatte ich mal in der Vergangenheit gemacht), aber durch die soziale Angst male ich mir natürlich wieder die dollsten Dinge aus. In der Vergangenheit bin ich dann auch nicht mehr zum Ende zu diesem Kurs gegangen, weil wir da einzeln vor der Videokamera aufgenommen werden und uns das selbst ansehen sollten, um zu schauen, was man noch verbessern oder ändern kann. Ich schätze, dadurch, dass ich sowieso nicht viel rede, fällt es mir schwer, mich gut auszudrücken. Ja, und die Sache mit dem Selbstbewusstsein ist ein großes Problem. Ich weiß nicht, ob es je besser wird, meine Lebensgeschichte gleicht bis heute nur einem Unsicherheitsfaktor...dann kommt noch dazu, dass ich ein sehr ungeduldiger Mensch bin. Ich weiß nicht, ob man die Ungeduld in Geduld umwandeln kann, wenn man ein Leben lang mit dieser Ungeduld gelebt hat (inkl. mehrfach Entspannungstechniken etc., was leider nichts gebracht hat, da werde ich nur noch unruhiger). Aber wahrscheinlich liegt es daran. Wie du schon beschreibst, es dauert seine Zeit...Danke für die aufbauenden Worte, ich denke, das hilft mir schon ein wenig, wieder dem etwas hoffnungsvoll und positiv gegenüber zu blicken.
LG Annie

07.03.2017 09:16 • #3


Natty
Zitat von Annie303:
Aber bei anderen Arztterminen nicht. Da bin ich völlig unsicher, vielleicht auch, weil ich ernst genommen werden will und denke, ich sitze wieder da wie so ein Depp.


Hallo Annie,
dieses Denken und Fühlen kenne ich auch zu gut. Schriftlich fällt es mir auch leichter als Reden. Was mir auch hilft, ist mir zu überlegen, was im schlimmsten Fall passieren könnte bzw. wie der andere am schlechtesten reagieren könnte auf mein Sprechproblem. Und dann überlege ich, wie ich in diesem schlimmen Fall mich dann verhalte. Das gibt mir dann ein Stückchen mehr Sicherheit. Und das komische ist, daß dieser schlimmste Fall dann noch nie eingetroffen ist. Es ist wundersamerweise immer anders und damit weniger schlimm verlaufen als ich so sehr befürchtet hatte.

Im Rhetorikkurs vor der Videokamera aufgenommen werden, ist für ganz viele Menschen unangenehm bis grauenhaft. Auch für solche die recht souverän beim Reden wirken. Normalerweise wird man in einem Kurs nicht zu Videoaufnahmen gezwungen. Du könntest das ja vor Kursbeginn abklären, daß Du auf keinen Fall auf Video aufgenommen werden möchtest. Ansonsten finde ich solche Kurse eine gute Idee für Dich. Du könntest ja vor Kursbeginn, notfalls per Brief/Mail, die Kursleitung vertraulich ansprechen und um Rücksicht und Unterstützung bitten, weil es Dir besonders schwer fällt mit dem Reden.

Entspannungstechniken: Mit Autogenen Training komme ich auch überhaupt nicht klar. Da werde ich erst so richtig unruhig und zappelig. Hast Du schon mal Progressive Muskelentspannung probiert? Ich empfinde das als viel angenehmer. Aber so richtig durchschlagend erfolgreich sind diese ganzen Entspannungsmethoden bei mir auch nicht.

Liebe Grüße
Natty

07.03.2017 21:46 • #4


A
Zitat von Natty:

Hallo Annie,
dieses Denken und Fühlen kenne ich auch zu gut. Schriftlich fällt es mir auch leichter als Reden. Was mir auch hilft, ist mir zu überlegen, was im schlimmsten Fall passieren könnte bzw. wie der andere am schlechtesten reagieren könnte auf mein Sprechproblem. Und dann überlege ich, wie ich in diesem schlimmen Fall mich dann verhalte. Das gibt mir dann ein Stückchen mehr Sicherheit. Und das komische ist, daß dieser schlimmste Fall dann noch nie eingetroffen ist. Es ist wundersamerweise immer anders und damit weniger schlimm verlaufen als ich so sehr befürchtet hatte.


Ja, so geht mein Therapeut auch vor. Bloß komme ich aus der Anspannung nicht heraus. Heute Abend soll ich, auch zum wiederholten Mal, an einem Termin einer Selbsthilfegruppe teilnehmen, gemäß Vorschlag meines Therapeuten, konnte deshalb wieder nicht schlafen und denke und denke und denke...was könnte im Schlimmsten Fall passieren...ich denke, dass diese Leute sich schon kennen und ich dann allein da stehe und gar nicht gefragt werde...ich schätze, dann würde ich halt wieder gehen...ich halte nicht viel von derartigen Selbsthilfegruppen, da ich schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht hatte.

Zitat von Natty:
Du könntest das ja vor Kursbeginn abklären, daß Du auf keinen Fall auf Video aufgenommen werden möchtest. Ansonsten finde ich solche Kurse eine gute Idee für Dich. Du könntest ja vor Kursbeginn, notfalls per Brief/Mail, die Kursleitung vertraulich ansprechen und um Rücksicht und Unterstützung bitten, weil es Dir besonders schwer fällt mit dem Reden.


Stimmt, daran hatte ich noch nicht gedacht. Da wäre ich sicher etwas beruhigter.

Zitat von Natty:
Entspannungstechniken: Mit Autogenen Training komme ich auch überhaupt nicht klar. Da werde ich erst so richtig unruhig und zappelig. Hast Du schon mal Progressive Muskelentspannung probiert? Ich empfinde das als viel angenehmer. Aber so richtig durchschlagend erfolgreich sind diese ganzen Entspannungsmethoden bei mir auch nicht.

Liebe Grüße
Natty


Ich habe schon Tai Chi, verschiedene Entspannungsmöglichkeiten durch, PMR auch, das hat nur manchmal funktioniert aber ich werde dann ziemlich unruhig. Das Schwierigste ist die Geduld, wenn mir diese Übungen dann zu lange dauern, gebe ich auf, versuche dann zwar etwas Neues, aber dann ist es wieder genauso. Meine Mutter hatte schon damals gesagt, ich hätte kein Durchhaltevermögen, weil ich immer wieder andere Dinge gemacht habe, wie zum Beispiel im Sport: Aerobic, Jazzdanke, Fitness-Studio, Trampolin, Reiten, Reha-Sport, Badminton und dann hörte es auf durch die sozialen Ängste. Jetzt bin ich lieber allein draußen auf dem Fahrrad unterwegs, das ist aber dann auch wieder mit dem Gedanken verbunden, dass ich immer schnell weg kann, wenn es bedrohlich werden würde...ist schon ein Kampf..
ich hoffe und wünsche es mir, dass ich irgendwann die richtige Mitte finde. Danke für deine aufbauenden Worte, es ist immer beruhigend zu wissen, dass es jemanden gibt, dem auch ähnlich ergangen ist.

Wie geht es dir heute damit, wie lange hat es gedauert mit Übungen bei dir?

LG Annie

08.03.2017 09:57 • #5


Natty
Hallo Annie,

da hast Du Arme schon ein recht schweres Päckchen im Leben zu tragen mit der Unruhe, dem Grübeln, dem Kommunizieren usw.

Du hast doch in einer Hinsicht durchaus ein gewaltiges Durchhaltevermögen! Indem Du nicht kapitulierst und Dich nicht tatenlos hängen läßt, sondern immer wieder etwas weiteres versuchst. Das ist doch auch schon toll!

Mit der PMR kamen die kleinen, spürbaren Erfolge nach wenigen Proben bei mir. Aber ich habe das schon ewig nicht mehr gemacht, weil die Wirkung bei mir nicht so groß ist.

Die Veränderung beim Kommunizieren war ein Prozeß über viele Jahre hinweg. Wobei erste kleine Erfolge schon schnell kamen. Was durchaus ermutigt.

Liebe Grüße
Natty

08.03.2017 22:30 • #6


A
Zitat von Natty:
Hallo Annie,

Du hast doch in einer Hinsicht durchaus ein gewaltiges Durchhaltevermögen! Indem Du nicht kapitulierst und Dich nicht tatenlos hängen läßt, sondern immer wieder etwas weiteres versuchst. Das ist doch auch schon toll!

Mit der PMR kamen die kleinen, spürbaren Erfolge nach wenigen Proben bei mir. Aber ich habe das schon ewig nicht mehr gemacht, weil die Wirkung bei mir nicht so groß ist.

Die Veränderung beim Kommunizieren war ein Prozeß über viele Jahre hinweg. Wobei erste kleine Erfolge schon schnell kamen. Was durchaus ermutigt.

Liebe Grüße
Natty


Hallo Natty,
na ja, ich sehe es nicht ganz so. Würde auch gern mal eine Sache anfangen und die durchziehen bis zum Ende. Leider muss ich auch immer alles allein tun, mein bester Freund arbeitet fast 10 Stunden jeden Tag und andere Bekannte stehen mir nicht so nah. Ich finde, allein ist es auch sehr schwer für mich. Wenn jemand da wäre, der mich da unterstützen könnte, weiterzumachen und mir irgendwie vermitteln könnte, dass die Übung den Meister macht, wäre es wahrscheinlich einfacher.

Ich finde es toll, wenn jemand schnell kleine Erfolge verspürt, ich frage mich, wie machen die das, aber dafür sind wir Menschen mit unseren eigenen Lebenserfahrungen individuell verschieden. Es hilft mir aber auch schon, wenn ich hier noch die einen oder anderen Tipps bekomme, denn so allmählich fällt mir nichts mehr ein. Danke Natty.

LG Annie

09.03.2017 09:50 • #7


Natty
Zitat von Annie303:
Würde auch gern mal eine Sache anfangen und die durchziehen bis zum Ende.


Hallo Annie,

das ist ja für mehr Menschen recht schwer. Wenn Du etwas nicht durchziehen kannst, vielleicht gibt es ja die Möglichkeit nach einer mehr oder weniger langen Pause wieder weiter zu machen? Ich habe daheim viele angefangene Do-It-Yourself-Projekte. Manche habe ich auf Anhieb zu Ende gebracht. Manche liegen schon ewig unvollendet. Und manche habe ich nach langer Zeit weiter gemacht oder sogar endlich fertig gemacht. Ewig lang das gleiche Ding machen ist halt oft auch langweilig. Also wechsel ich bei Hobbys immer wieder mal ab.

Zum Durchhalten wäre es natürlich gut, wenn Du jemanden hättest, der Dich immer wieder ermutigt und vielleicht sogar ab und zu mit macht. Das wünsche ich mir auch. Ich denke mir, es gibt doch sicher viele Menschen denen es damit ähnlich ergeht. Warum nur ist es so verdammt schwer jemand gleichgesinnten in der Nähe zu finden? Vielleicht stelle ich mir das auch nur theoretisch vor, daß das so toll wäre, wenn man sich gegenseitig unterstützen würde und in der Praxis funktioniert das einfach nicht?

Liebe Grüße
Natty

09.03.2017 18:50 • #8


A
Zitat von Natty:
Zitat von Annie303:
Würde auch gern mal eine Sache anfangen und die durchziehen bis zum Ende.



Zum Durchhalten wäre es natürlich gut, wenn Du jemanden hättest, der Dich immer wieder ermutigt und vielleicht sogar ab und zu mit macht. Das wünsche ich mir auch. Ich denke mir, es gibt doch sicher viele Menschen denen es damit ähnlich ergeht. Warum nur ist es so verdammt schwer jemand gleichgesinnten in der Nähe zu finden? Vielleicht stelle ich mir das auch nur theoretisch vor, daß das so toll wäre, wenn man sich gegenseitig unterstützen würde und in der Praxis funktioniert das einfach nicht?

Liebe Grüße
Natty


Ja, das würde ich mir auch wünschen. Jemand, wo die Chemie passt und der mich einfach mal etwas unterstützt. Ja, ich denke auch, dass es vielen Menschen so geht, aber irgendwie ist ja auch jeder mit sich selbst beschäftigt. Ich kann es nicht sagen, ob das in der Praxis funktionieren würde, es müsste dann schon jemand sein, der große Geduld hat.

LG Annie

09.03.2017 19:12 • #9






Dr. Reinhard Pichler