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RikeRike
Hallo liebes Forum,

ich schreibe hier, weil ich unglücklich bin und Angst habe einen großen Fehler zu machen.

Bin 27 Jahre alt. Ich bin seit ca. einem Jahr in einer Beziehung. Es ist meine 3. Beziehung. Ich hatte vorher eine Beziehung zu meinem besten Freund. Es war keine romantische Beziehung. Wir waren zusammen weil wir einsam waren. Es war eine unglückliche Beziehung für uns beide. On und Off und On. Seit meiner ersten Beziehung war ich für 10 Jahre nie mehr verliebt.

Ich bin unglücklich in meiner jetzigen Beziehung, deswegen schreibe ich hier. Ich fühle selten emotionale Nähe und Anziehung zu meinem Freund. Manchmal fühle ich mich verliebt und dann kommen sofort Selbstwertzweifel und Verlustängste. Ich habe seit ca. 10 Monaten Beklemmungsgefühle, die sich manchmal zu starker Angst mit Übelkeit ausbilden. Seit dieser Zeit zweifele ich alles in unserer Beziehung an. Ich habe mich schon zweimal von Ihm getrennt. Ich hatte zwei längere Phasen der Verliebtheit (Tage). Sonst kann ich mich nur manchmal für ein, zwei Stunden entspannen, dann ist die Beklemmung weg und ich fühle mich meinem Freund nah und es fühlt sich alles richtig an. Ich habe einen Mechanismus. Ich fange Streit wegen einer Kleinigkeit an, weil mich etwas an Ihm so stark stört, dass meine Beklemmung mich auffrisst. Wir streiten, und danach bin ich entspannt und habe Gefühle für Ihn, die dann schnell wieder den Beklemmungen Platz machen.

Ich habe seit meiner ersten Beziehung in der ich verlassen wurde, keine glückliche Beziehung mehr zu einem Mann gehabt. Zu meiner Mutter habe ich ein schwieriges Verhältnis, ich fühle mich nicht von Ihr geliebt. Auf Menschen lasse ich mich nur selten ein. Ich vermeide Verletzungen durch Rückzug. Ich habe ein geringes Selbstwertgefühl und neige manchmal zu narzisstischer Bewunderung. Ich bin schizoaffektiv mit dem Fokus auf einer leichten Depression, Paranoia und manchmal manischen/ depressiven Phasen. Seit einem halben Jahr bald bin ich in einer Verhaltenstherapie. Ich nehme AD und Psychopharmaka.

Ich habe mich hier auch schon im Forum „Angst meinen Partner nicht mehr zu lieben“ beteiligt, um Antworten zu finden. Jedoch möchte ich die Chance hier nutzen, ein unbeschriebens Blatt aufzuschlagen.
Danke, dass ich mein Anliegen hier teilen kann. Ich würde mich sehr über einen Erfahrungsaustausch freuen. Vielleicht findet sich jemand in meinen Worten wieder.

Beste Grüße,
Rike

30.01.2017 15:18 • 26.02.2017 #1


8 Antworten ↓


Rosenroth
Ich sehe gerade, dass hier noch niemand geantwortet hat.

Ich kann gut nachvollziehen, was du schreibst. Es geht mir da recht ähnlich. Würde mich also über einen Austausch freuen!

Wenn ihr jetzt 1 Jahr zusammen seid, hast du dann zu Beginn Verliebtheitsgefühle gehabt?
Aus der Beziehung davor mit dem besten Freund lese ich eher heraus, dass sie zweckmäßig war? Ist die jetzige jetzt anders, also liebevoller trotz der Beklemmungsphasen?

Und was wäre der große Fehler von dem du zu Beginn schreibst? Die Trennung oder das Zusammenbleiben?

Viele liebe Grüße!

03.02.2017 14:10 • x 1 #2


A


Lösung für Beklemmungen ? Oder besser Trennung?

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RikeRike
Hallo Rosenroth,

vielen Dank für deine Antwort. Toll, dass trotz dem Wald an ähnlichen Beiträgen jmd. mir hier antwortet

Du sagst es geht Dir ähnlich,- das tut iwie gut zu lesen,- aber was meinst Du damit?

In meinen vorigen Freund war ich tatsächlich nie verliebt. Und ich hatte trotz der vielen Jahre nie Zukunftspläne mit Ihm geschmiedet. Ich fühle mich manchmal als hätte ich jmd umgebracht, soviel Leid ist in der Zeit mit Ihm entstanden. Und hatte mir vorgenommen, nie wieder so eine Beziehung zu führen. Später ist mir bewusst geworden, dass ich für Ihn auch nur eine Insel war. Und, dass es auch seine Entscheidung war mit mir zu bleiben.

Meinen jetzigen Freund habe ich ohne Beziehungspläne kennengelernt,- ich wollte genau genommen nicht wieder eine Beziehung eingehen,- wir haben nach kurzer Zeit viel mit einander geschrieben, frühs zum Moin sagen, zwischendurch und abends zur guten Nacht. Ich hatte dann ein Stop gesetzt, weil ich gemerkt habe, dass es in Richtung Beziehung geht, und er Gefühle für mich entwickelt, und ich die Vertrautheit genossen habe und seine Aufmerksamkeit, jedoch nicht Verliebt war. Später ist mir aufgefallen, dass er ein klasse Mensch ist, und ich noch nie jmd. wie Ihn getroffen hab. Und dann, dass er die besten Augen der Welt hat.
Wir waren ein Paar. Auf Grund meiner Theorie (auf die mich mein Bruder brachte),- dass ich keine Gefühle entwickeln würde, wenn ich mich nicht ganz auf Ihn einlasse, weil ich Angst vor Verletzungen habe, bin ich ohne Verliebtheit mit Ihm zusammen gekommen.
Und habe dann Euphorie und Verliebtheit entwickelt. Nach kurzer Zeit habe ich mich getrennt, weil ich plötzlich emotional abgekühlt bin und Angst bekommen habe den gleichen Fehler wie früher zu machen, und Ihn kaputt zu machen.
Ich hatte vor mich von Ihm zu entwöhnen. Ich war ein wenig erleichtert, emotional am Boden und war Eifersüchtig und es hat mich zu Ihm gezogen. Wir sind wieder zusammen gekommen, obwohl ich ein Haufen Angst und Zweifel war. Und ich habe intensive Momente mit Ihm erlebt. Ein paar Tage später sind wir verreist, und da habe ich solche Angst bekommen, alle Gefühle waren weg. Und nur noch Beklemmung, Fremdheit und Zweifel waren da. Ich habe mich wie eine Diebin gefühlt und war todtraurig und verwirrt. Einen abend später habe ich mich ihm unter Alk. geöffnet und unglaublich nah gefühlt. Danach folgten Wochen der Hoffnung und Trauer. Ich trennte mich wieder, da ich es nicht verstand und nur noch bodenlosen Schmerz fühlte (ich weiss, hab nem Hang zum Dramatischen) und immer wieder die gleichen Gedanken durchkaute. Zwei Monate später glaub ich haben wir uns wieder angenähert. Wir hatten auch körperlich Kontakt und ich bekam einen Hörsturz. Wir wollten es unverbindlich probieren. Doch seine Hoffnung war klar. Long story short, ich habe wieder Gefühle entwickelt, die dann kurze Zeit später von Angst, und Selbstwertzweifeln vertrieben wurden. Ich bin bei Ihm geblieben.

Denn wir führen, auch wenn ich oft ein kaltes Biest bin eine liebevolle Beziehung. Soweit ich es zulasse. Ich glaube er ist gut für mich, er hat mich lieb, trotz all meinen Macken und manchmal spüre ich es deutlich, dass ich ihn im Herzen trage und bin dann überschwemmt von Glück, was ich kaum aushalte.

Der große Fehler wäre ihn zu enttäuschen, dass ich iwann doch verstehe, dass ich ihn nicht liebe.
Oder ich trenne mich, aus der Angst, dass es nicht sein soll,- und erlebe das gleiche in meiner nächsten Beziehung.
Einfach weil mein Geist so krank ist, und ich immer wieder über die gleichen Steine stolpern würde, wenn ich Sie nicht aufsammle und wegräume. Es ist das schwierigste in meinem Leben was ich bis jetzt erlebt habe, diese Beziehung. Ich bin nicht religiös, dennoch schätze ich das Wort Maktub - es steht geschrieben.

Eine schizoaffektive Psychose macht es mir dazu noch schwerer meinen Gefühlen zu trauen und Sie einzuordnen. Dennoch traue ich mir über die Jahre ein gutes Gespür für manischen Anflüge zu. Und kann gesunde Freude, von kranker Freude ganz gut trennen. Zweifel habe ich deswegen trotzdem.


Ich kann es im Moment nicht kürzer fassen, entschuldige.
Schönes Wochenende allen!

Ps.: Hab grad ne Kaffemanie,- kennt das jemand?

04.02.2017 14:34 • #3


Rosenroth
Huhu Rike,

dafür ist das Forum doch da, um sich auszudrücken, egal ob kurz oder lang Ich weiß gar nicht, ob ich dir so richtig gut antworten kann, ich konnte mich eben gut identifizieren mit deinen Zweifeln und auch dem versuchten Einstufen von Gefühlen, der Suche nach deren Bedeutung etc. Aus meinen anderen Beiträgen ist vielleicht klar geworden, dass ich versuche, handlungsfähig zu werden in dem Wirrwarr. Das ist aber eher eine kleinere Hausnummer als das Gefühl, generell beziehungsunfähig zu sein und über Jahre in bestimmten Zuständen oder Halbbeziehungen zu verharren.

Aus deiner Nachricht lese ich heraus, dass du Angst hast, andere Menschen kaputt zu machen. Erst den einen und jetzt vielleicht den nächsten. Ist das nicht eine sehr große Verantwortung? Ich denke, die kannst du auch abgeben. Anders herum könntest du aber der Verantwortung über dich noch mehr Platz gewähren. Du schreibst es ja genau, dass du Steine aufsammeln gehen willst. Denn auch wenn du vom Schicksal schreibst, das für einen geschrieben steht (falls ich das richtig verstehe) - du darfst dich trotzdem daran beteiligen und dein Leben mitgestalten!

Ich weiß, dass das schwer ist. Und wenn man sich nicht immer trauen kann, ist es bestimmt ein langer Prozess. Aber: Du kannst es immer nur so gut wie möglich machen und das ist erstmal gut. Mir hilft es, mich damit zu beschäftigen, was genau mir an der Beziehung Angst macht. (Das habe ich jetzt solange gemacht, dass es gerade richtig gut ist. Jetzt nervt mich nur gerade so ein Nervositätsgefühl, das immer so mehrere Minuten andauert, als müsste ich gleich auf die Bühne. Da bin ich gerade dran )

Was ist denn in deiner Beziehung schwierig? Gibt es da Momente, in denen du es besonders schwierig findest oder ist das einfach ein generelles Gefühl? Und wie ist so deine Stimmung mit ihm und ohne ihn?

06.02.2017 18:16 • #4


RikeRike
Hallo Rosenroth,

ja stimmt. Manchmal purzeln gefühlt bei mir nur so viele Worte, und ich hab das Wesentliche trotzdem nicht getroffen. Aber bei dem Prozess des Verstehens hilft diese Plattform wirklich gut!

Ich fühle mich nicht Beziehungsunfähig. Verstehe aber, dass die Beschreibung meiner vorherigen Beziehung bedrückend und problematisch klingt. Meine Beziehungen leiden aber eben unter meinem geringen Selbstwertgefühl und meinem vermeidenden Verhalten aus dem allerlei unproduktives entsteht.

Mit der Redensart Maktub meinte ich nicht direkt Schicksal als Macht, sondern eher eine Sinnhaftigkeit der Ereignisse im Leben. In diesem Fall, dass diese schwierige Phase der Beziehung zu meinem Freund eben für mich zu einem zufriedeneren Selbst führen kann, und nicht bedeutet, dass die Beziehung an sich falsch ist. Wie du in einem Beitrag geschrieben hast, ist bei mir auch das erste Mal im Leben ein Partner da, der sich mit mir ein Leben und eine Familie vorstellen kann. Und ich kann mir Ihn komischerweise, trotz des ganzen Wirr Warr's auch als Wegbegleiter vorstellen. Sonst hätte ich mich von Ihm getrennt.

Auf Grund von meinen vorherigen Beziehungen, den Medien und meiner Erkrankung habe ich jedoch Zweifel an meiner Entscheidung für die Beziehung. Da ich schon öfter den Drang hatte jemand zu erobern, nur der Bestätigung wegen, und mich Selbst immer wieder darin verlor. Da einem niemand sagen kann, was für einen Selbst eine gute Beziehung ist, wie sie sich anfühlt, aufbaut und wie lange sie hält. Und dennoch zeigen die Medien und unsere oberflächlichen Blicke auf Freunde und Familie wie eine Beziehung aussieht. Die Depression und Manie und die Medikamente führen auch zu Empfindungen die ich um die Problematik zu verstehen nicht ausklammern kann. Mir kommt es vor als würde ich langsam endlich einen Fortschritt sehen.

Ich beschäftige mich jetzt seit einem Jahr mit mir intensiver. Oft werde ich im Angesicht des selbstgebackenen Chaos müde. Bedeutet manchmal tatsächlich, ich stehe auf und lege mich nach einer Stunde wieder hin, weil sich der Tag so freudlos und schwer anfühlt, und ich an mir kein gutes Haar mehr finden kann.

Wie schaffst Du es trotz der Probleme lieb zu Dir zu sein und an Dir zu arbeiten? Denn ich habe gemerkt, dass die Einstellung Ich hab zwar Ecken und Kanten, bin aber trotzdem in Ordnung viel produktiver ist. Bei mir führt das Gefühl der Wertlosigkeit zu Stillstand.

Was mir fehlt ist ein strukturierter Alltag und eine Arbeit. Mir fällt es oft schwer klar zu denken und nur beim Schreiben geht es besser. Deine klare Frage,- was macht in der Beziehung eigentlich Angst habe ich mir deswegen vllt. noch nie gestellt. Danke für die Anregungen!

Seit dem die Gefühle der Verliebtheit weg sind, spüre ich täglich Angst/ Beklemmung. Ich kann mich nicht entspannen und auch wenig Freude empfinden. Bin insgesamt emotional eher ungelenk dann. Neben der Beklemmung ist kein Platz für angenehme Gefühle. Das bedeutet, dass ich Alltagssituationen nur aus dieser kühlen Sicht bewerte. Auch wenn ich nicht bei Ihm bin ist die Beklemmung da. Die Abwesenheit positiver Gefühle und emotionaler Bindung schmerzt mich sehr doll, so dass ich manchmal richtig Angst bekomme, wenn ich abends nach Hause komme und meinen Freund treffe. Die Kälte überwiegt, dennoch empfinde ich manchmal Verbundenheit und Liebe für Ihn. Wenn ich Ihn ein paar Tage nicht sehe, dann vermisse ich Ihn meist. Sobald ich wieder bei Ihm bin beginnt das gewohnte Nähe-Distanz Spiel. Schwierig ist, wenn er regelmäßig laut mit Freunden telefoniert, dann kann ich mich gar nicht zurückziehen (1-Z-W) und bin wie gelähmt und gereizt. Schwer ist, wenn ich seine Laune nicht verstehe und denke es liegt an mir und ich habe etwas falsch gemacht. Schwer ist, wenn wir essen und er möchte nicht reden und ich fühle mich so einsam neben Ihm und analysiere dann. Schwer ist wenn ich Angst habe, dass er mich nicht liebt, wenn er gestresst von Arbeit kommt, und keine Kraft für Zärtlichkeit hat. Wenn ich so angespannt bin, dass ich Ihn beschuldige dies und das getan zu haben. Wenn ich denke, dass ich mit seinem Kumpel die bessere Beziehung führen würde. Dass ich Ihm nah kommen möchte es aber nicht schaffe, egal wie eng ich Ihn umschlinge. Dass er oft kuscheln möchte, ich aber Angst vor dem Kühlschrankgefühl in mir habe, dass ich mich wieder nicht mit ihm fallen lassen kann. Angst macht mir, dass er mich mehr liebt, und ich immer nur mein verletztes Selbst sehen kann und für Ihn deswegen blind bin. In der Manie fühle ich wieviel positive Energie irgendwo in mir verschlossen ist. Schwierig ist, wenn ich mit Ihm etwas näher bringen möchte was ich mag, und er interessiert sich nicht dafür. Wenn er blöde Witze erzählt. Am schlimmsten ist es wenn ich mit Ihm bei meiner Familie bin. Dann habe ich regelrecht Panik und möchte wegrennen, mich trennen. Weil mich dann alles an Ihm stört. Ohne Ihn fühle ich mich sicherer und freier, dennoch habe ich Sorgen wirklich mal auf Distanz zu gehen, weil ich Angst habe, dass ich dann vllt. Nicht mehr zurückkommen möchte. Wenn ich merke, dass er für mein Kunst Zeug keinen Sinn hat.

Hast du deine prägenden Beziehungen mal angeschaut, ob sich daraus vllt. ein roter Faden ergibt?
Was ist in deiner Beziehung für dich problematisch?
Wann läuft es richtig gut für euch?
Hast du auch starke Schwankungen zwischen Liebe und Kälte?
Fühlst du dich oft eher wie ein Kind in Beziehungen?
Hattest Du schoneinmal eine Beziehung ohne diese Problematik, und weißt du wenn warum?

07.02.2017 14:39 • x 1 #5


Rosenroth
Vielen Dank für diese Nachricht! Ich empfinde deinen Text als ziemlich klar, dir fällt selbst auf, wann es wie geht und wann nicht. Das ist doch schonmal ein Riesenschritt diese Eigenwahrnehmung.

Ich kann dir wieder nur so laienhaft antworten, ich durfte dankenswerterweise bisher nur zeitweise in eine Depression hineinschnuppern... Und als ich zeitweise Depressionen hatte, ging es mir wirklich komplett anders. Die Gefühle, die ich da hatte, konnte ich nur ziehen lassen, aber mit dem, was nach so einem Unwetter bleibt, muss man ja trotzdem anfangen zu arbeiten und sich Gedanken machen, woher das kommt.

Deine Analogie mit dem Schicksal habe ich verstanden, das ist ja irgendwie das, worauf viele Menschen kommen, dass es am Ende irgendwas gebracht hat, diesen und jenen Weg zu gehen. Genauso geht es mir ja mit meinem Freund auch. Ich denke, ich durchlaufe eine Phase, die am Ende des Tages irgendwie wertvoll war. Bei den Themen, wo ich mit dem Durchlauf fertig bin, kann ich aber leider nicht sagen, dass es eine Erlösung o.ä. ist, sondern einfach nur eine entspanntere Betrachtung der Dinge, ein Brückenbauen dahin, wo ich es vorher nicht für möglich gehalten hätte. Da könnte man ja jetzt sagen, dass es immer schlechter wird, weil ich lerne, mich mit lauter halbguten Dingen anzufreunden. Da würde ich jetzt sagen: Mich einlassen hat mir am Ende immer mehr gebracht. Warum nicht - mal so spaßhaft - auf 5 beschissene Ehen einlassen? Es ist dein Leben.

Ok, was du schreibst, hört sich ein bisschen nach einem ähnlichen Freund wie bei mir an. Ich habe diese Nähe-Distanz-Problematik etwas überwunden, hatte auch Zwangsgedanken gegenüber ihm, all das Zeug, wo man denkt, irgendwas in mir will diese Beziehung einfach NICHT. Trotzdem nervt mich in der Rückschau das ganze letzte Jahr, wo ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Riesen-Problem für mich selbst war. Und dass er das losgetreten hat, verzeihe ich ihm. Er war vorher 8 Jahre mit einer manisch-depressiven Opernsängerin zusammen, ich glaube, das hat ihn auch geprägt. Auf jeden Fall kommen mir all deine Sätze bekannt vor und ich verstehe, dass Angst daraus resultiert. Natürlich kannst du dich trennen mit der Idee, dass jemand anderer abends bestimmt mehr mit dir redet. Ich treffe ungefähr täglich auf Personen, die vermeintlich besser zu mir passen könnten, aber ich möchte mir einfach noch etwas Zeit lassen, weil ich es wichtig finde, zu verstehen, was mit mir passiert. Er sagt, er sei auch gewachsen an der Beziehung mit der Ex-Freundin.

Du könntest dir zum Beispiel einen kleinen Leitfaden aufschreiben, wie du mit ihm umgehst. Wenn du z.B. gerne mehr Zärtlichkeit hättest, dann wird das wahrscheinlich nicht klappen, wenn du es einforderst, aber eben vielleicht, wenn du selbst mehr Zärtlichkeiten zeigst. Ich habe mir folgendes aufgeschrieben

- Mehr Humor suchen in Drucksituationen
- Mehr Offenheit an den Grenzen suchen
- Mehr über Grenzen sprechen
- Ihn bedingungslos annehmen, mehr Bruder und Schwester
- Mehr ausfallend werden und lachen
- Ihm Druck nehmen, dass er mir genügen muss

Und das mit dem Kumpel, was du schreibst, habe ich auch schon alles zu genüge durch, bei mir war es sein wahnsinnig musikalisch künstlerischer Mann seiner Schwester. Den finde ich aber auch bei Tage betrachtet eigentlich etwas inaktiv etc. Change it or leave it. Was mich seit einem Jahr sehr erfüllt, ist unsere Sexualität und die Vorstellung, dass ich jemanden gefunden habe, mit dem ich mich auf einer intimen Ebene wahnsinnig gut verstehe. In meinem Kopf ist ein ero., aber fürsorglicher Vater irgendwie eine tolle Vorstellung, ich muss es nur noch verinnerlichen Und da ist natürlich die Angst, was bleibt, wenn die guten Gespräche oder die Sexualität gehen. Aber das ist ja in jeder Beziehung so, außer man wechselt immer wieder oder hat von vornerein irgendjemand sehr schwierig zugänglichen, an dem man sich wahnsinnig aufreibt. Es muss halt irgendwie in die Balance... so, jetzt noch zu deinen Fragen:

- Ich hatte an den roten Faden Steigerung der Beziehungsqualität gedacht, bis zu meinem letzten Freund, der mich ja verlassen hat. Erster war gutaussehend, aber bisschen dumm - Folge: Ein Schlauer muss her. Zweiter war sehr klug und belesen, aber ziemlich eitel. Folge: Ein Entspannter muss her. - Entspannter Freund war wahnsinnig fantasievoll und gelassen, aber untreu. Folge: Treuer jetzt ist schlau, gutaussehend, liebevoll und witzig. Aber ich kämpfe trotzdem um meine innere Einstellung ihm gegenüber. D.h. ich kann einen roten Faden konstruieren, aber er muss eher in die momentane Lebenssituation passen.
- Problematisch ist für mich, dass ich ihn nicht als Seelenverwandten sehe. Das hatte ich mit meinem letzten, da ich in mir sicher auch einen sehr fantasievollen, untreuen Teil habe. Habe Angst, dass irgendwann mal einer kommt, der uns aushebelt. Aber es kann ja im Prinzip jeder kommen, ich will lieber innerlich und mit ihm wachsen.
- Es läuft besonders gut, wenn ich das Gefühl habe, dass wir ein tolles Team (eher so auf Kinder-Geschwister-Niveau) sind. Und wenn er sich so richtig wohlfühlt, loslässt und spinnt wie ein Kind. Dann - und erst dann - ist er so wie mein letzter Freund und das hat mir zu Beginn Angst gemacht, dass ich das wiederherstellen will. Aber dafür liebe ich meinen Freund ja auch, dass er so analytisch drauf ist und trotzdem überhaupt nicht verbittert. Es hat mich eben nur anfangs irritiert. (siehe meine Beiträge dazu, ob ich mit ruhigen Menschen etwas anfangen kann...)
- Ich kenne diese Schwankungen nur aus beginnenden Beziehungen, die ich dann aufgrund der Kälte abgebrochen habe, weil irgendetwas gefehlt hat. Jetzt bin ich eben weitergegangen, auch wenn es sich immer wieder kalt angefühlt hat.
- Naja, ich fühlte mich in dieser jetzigen reifsten Beziehung immer wieder wie ein Kind. Das sich wehren will und am liebsten weglaufen. Als er mich neulich fragte, ob ich fände, ob er sich manchmal wie ein Kind benimmt, habe ich genau die Punkte umformuliert, die mich an ihm stören: Dass ich wenn er so ruhig ist, nicht weiß, wie es ihm geht und nachbohren muss wie so eine Mutter. Dass ich mir dann gerne etwas mehr Feedback oder Gelenkigkeit von seiner Seite wünschen würde.
- Und ja, die Beziehung vorher, da war der Freund das Kind und ich die Stabile. Ich habe aber trotzdem total mein Ding gemacht und ihn als selbstverständlich angenommen. So sehr ich ihn immer noch idealisiere, ich habe mich nicht bemüht, in seiner Welt zu sein. D.h. ich würde sagen, ich hatte ohne diese Problematik trotzdem eine scheiternde Beziehung, weil ich ihn nicht halten konnte.

Also du siehst, ich schreibe jetzt etwas zu den Punkten und die können sich quasi wöchentlich ändern. Wichtig ist, sich klar zu werden, ob man für ein nächstes Level dran festhalten will. Und natürlich geht das auch mit dem nächsten, aber Problematiken wird es immer wieder geben. Von manchen kann man halt sehr schnell Abstand nehmen. Z.B. wenn man psychische Gewalt ertragen muss. Die wenigsten trennen sich aber aus sowas, ich kenne viele... Aber es gibt keine Beweise zum Gelingen, man muss sich trauen (im wahrsten Sinne).

Zum Abschluss noch ein paar doofe Analogien, die mir gerade durch den Kopf schweben: Es gibt kein falsches Wetter, nur falsche Kleidung. Auch bei anderen Menschen. Die Frage ist halt, ob ich für Dauersturm ausgerüstet bin oder leichter Regen nicht vielleicht ausreicht. Nur Sonne ist auch anstrengend, da verdurste ich ja. Ok, Bild ist klar.

Das andere ist (Stichwort Maktub): Bevor wir uns aufs Blut reflektieren, wann auch immer das passiert (ich schreibe seit ich 10 bin Tagebuch, es kann also lang gehen...) gehen wir doch auch davon aus, dass uns das Leben erstmal geschenkt wird und wir damit was anfangen können. Dass wir uns dann lieber an besseren Orten aufhalten oder lieber unsere Zeit mit lieberen Menschen verbringen, kommt dann irgendwann. Aber das GANZE als beschissen zu beschreiben, ist halt auch nicht zielführend. Wenn du anfangs in ein Team eingeteilt wirst, das jetzt eine Aufgabe lösen will, wäre es ja auch irgendwie schade drum, nur an dem Team rumzumeckern und gar keine Aufgabe mehr zu haben. Also: Große Ziele haben, Träume haben, dann fallen die täglichen Probleme nicht so groß aus, weil man ja noch viel größere hat was nicht heißt, dass man nicht seine Probleme aufarbeiten kann.

Daher meine Fragen an dich:
- Kommen dir manchmal andere Personen/Situationen wie Erlöser vor, so dass du denkst: Das wär's? So wie der Kumpel z.B.? Dann gehe dem auf den Grund! (Muss ja keine Trennung bedeuten, nur nimm' den Druck raus.)
- Wenn dein Freund die gesamte Beziehung täglich hinterfragen und an Situationen aufhängen würde wie z.B. du telefonierst zu laut. Was würdest du dir von ihm wünschen?
- Wenn du jetzt ALLES haben könntest, also Affairen etc. würde das entlasten? Oder könntest du dich für dein Kunst-Zeug auch mit anderen austauschen?
- Welche Erkenntnisse trägst du aus deinen letzten Beziehungen heraus bzw. was waren die Umstände, unter denen du dich problemloser gefühlt hast?

So, das war jetzt lang

07.02.2017 18:50 • x 1 #6


RikeRike
Hallo @rosenroth,

es ist toll hier jetzt schreiben zu können, und vielen Dank für deine Antwort. Ich nehme den Faden so spät erst wieder auf, weil ich die letzten Wochen quasi nur mit mir verbringen wollte, und über manches erstmal nachdenken wollte.

Hier kurz ein Update,- in meiner Beziehung hat sich nicht viel geändert, und doch habe ich mich sehr geändert. Viel problematisches was ich an mir sehe, nehme ich gerade zum ersten Mal in meinem Leben an. Es ist ein Prozess vermutlich. Ich sehe meine Beziehungen wie sie sind, wie ich bin und was ich will wird mir mehr und mehr bewusst. Ich versuche Gedanken und Gefühle nicht mehr zu beschneiden, sondern sie anzunehmen und ernst zu nehmen. Es klappt nicht immer mit dem selbst annehmen,- gestern abend habe ich zum Beispiel nach einem sehr schönen Tag, den Ausgang aus meinen deprimierten Gedanken über mich selbst nicht mehr rausgefunden, und bin einfach früh ins Bett und hab meinen Freund weggeschoben.

Ansonsten hatte ich in den letzten Wochen ein paar Angstspitzen, die Überzeugung Frauen zu lieben, Angst vor Kindern, Angst dumm zu sein, nie etwas zu erreichen was mir viel bedeutet, immer Kaufsüchtig und depressiv zu sein. Und die Annahme als dieser schwierigen Dinge, hat mich beruhigt. Ich bin ja nicht ohne Grund und aus Langeweile so. Ich versuche mir zu verzeihen. Und was wäre so schlimm wenn ich Frauen liebe? Vllt. wäre ich dann endlich glücklich, oder wenn ich beide Geschlechter lieben kann. So what. Aber vllt. gefällt mir der Gedanke auch nur so gut, weil er mir ermöglicht Freiraum zu meinem Freund zu finden.

Im Moment ist das große Thema, neben der Abstinenz jeglicher Entspannung und tiefer Freude, dass mein Freund sich nicht genug für ähnliche Dinge begeistern kann. Musik machen, Musik hören und entdecken wollen, schönes Design, in Cafés rumsitzen.
Dazu ist es vllt. gut zu sagen, dass mein Freund aus Südostasien kommt. Das bedeutet konkret, dass es schon eine Sprachbarriere ab und an gibt, und er nicht alle meine Witze versteht, oder Wortspiele. Auch ist es ein Kampf um Ruhe, den er als sehr geselliger Mensch nicht braucht.


Ich finde klasse, dass Du bereit bist in deine Beziehung soviel zu investieren. Dass Du Dir die Mühe machst deine Empfindungen ernst zu nehmen. Das finde ich nämlich auch problematisch bei Depressionen. Ich denke es reicht nicht zu sagen, es ist ein organisches Problem, eine Krankheit, die wie ein Schatten über einen drüber zieht, und dann ist es vorbei. Allgemein Krankheiten wie in einer Kapsel zu begreifen finde ich irreführend. Ich habe sehr lange meine Psychose so behandelt. Erst vor kurzem ist mir aufgefallen, dass ich all das, was ich in meiner Krankheitsphase so stark gespürt habe noch in mir trage, es ist ein Teil von mir. Und nichts, was wie ein Schnupfen mit viel Kamillentee wegzuspülen ist. Entschuldige auch meine etwas ungelenken Bilder die ich verwende, doch so macht mir das Schreiben mehr Spaß!

Du sagst, du kannst deinen Mann Dir als Lebenspartner vorstellen, bei Ihm bleiben mit allem Shi Shi, gleichzeitig sagst du aber auch schauen wir mal. Das klingt sehr vernünftig. Rationalität schützt einen ja manchmal auch ganz gut.

Deinen Leitfaden finde ich super! Ich erkenne mich gut in deiner Situation wieder

26.02.2017 13:59 • #7


RikeRike
Voll! - Problematisch ist für mich, dass ich ihn nicht als Seelenverwandten sehe. Das hatte ich mit meinem letzten, da ich in mir sicher auch einen sehr fantasievollen, untreuen Teil habe. Habe Angst, dass irgendwann mal einer kommt, der uns aushebelt. Aber es kann ja im Prinzip jeder kommen, ich will lieber innerlich und mit ihm wachsen.

Ich freue mich grad sehr mir über deine Fragen am Ende Gedanken zu machen. Die sind gut!

Ich selbst hab grad keine an dich. Aber ich wünsch Dir ne tolle Woche und freue mich wieder von Dir zu lesen!
Gruß

26.02.2017 14:09 • #8


RikeRike
@Rosenroth

Kennst du oft deinen Freund anzuschauen, und dich über ihn zu ärgern oder zu schämen, oder zu denken, dass soll er jetzt sein, meine Liebe für's Leben? Ich finde das echt schlecht von mir, und ungerecht, dass ich so denke.
Aber ich denke auch, dass es allgemein an der Angst liegen könnte, die einen liebevollen Blick gar nicht zulässt.
Ach ich wünschte mir, dass wäre endlich vorbei.

26.02.2017 20:31 • #9





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