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Marcel97
Hallo.

Ich weiß nicht, ob es jemanden interessiert, aber ich würde mir gerne etwas von der Seele reden weil ich einfach nicht mehr weiter weiß. Hoffentlich bin ich hier richtig.
Entschuldigt, der Text wird etwas länger. Es ist das erste Mal überhaupt, dass ich darüber schreibe.

Ich bin 20 Jahre alt, wohne noch bei meiner Mutter und kenne soetwas wie Freunde, mit denen man zusammen was unternimmt nur aus Büchern und Filmen.
Außerdem leide ich wohl an einer heftigen Sozialphobie.

Ich war schon immer extrem schüchtern und unsicher. Mit ca. 12 Jahren fing ich an zu Stottern. Darum wollten andere auch nie was mit mir zu tun haben.
Mittlerweile weiß ich, dass versagensängste und vorallem Minderwertigkeitsgefühle für meine Ängste verantwortlich sind.

Diese Ängste haben mich vor kurzem auch meinen Job gekostet.

Zugegebenermaßen, ich verbringe sehr viel Zeit in meinem Zimmer, aber auch nur um alles um mich herum auszublenden. Weil ich es nicht mehr ertrage. Diesen ständigen Druck, für meine Mutter immer alles richtig machen zu müssen. Die ständige Angst, etwas falsches zu sagen.

Manchmal geht’s mir wirklich gut. Aber dann braucht nur eine Tür zu knallen und das wars. Die Panik kriecht wieder hoch und mein kleines bisschen selbstbewusstsein verabschiedet sich.
„Was ist jetzt schon wieder los? Hab ich was falsches gemacht? Hat sie mich wieder gebraucht und ich hab nichts gehört?“

Es geht mir oft ein wenig besser, wenn sie mal für ein paar Stunden nicht da ist. Da kann ich die Dinge (z. B. den Haushalt) Auf meine Art und in meinem Tempo regeln. Nur drehen sich dann meine Gedanken darum, ob ich wohl alles richtig gemacht habe, ob ich wohl nichts wichtiges vergessen habe. Oder ob ihre Laune nicht wieder im Keller ist.
Oft habe ich das gefühl, ich werde nur gemocht, wenn ich bestimmte erwartungen seitens meiner Mutter erfülle.

Vielleicht braucht sie einfach einen Sündenbock, an dem sie ihren ganzen Frust auslassen kann. Früher war es mein Vater, nachdem er letztes Jahr auszog bin es jetzt wohl ich.

Letzte Woche hat sie wieder herumgeschrien und andeutungen gemacht, dass ich für alles zu dumm und unfähig bin. Was ich so schreckliches getan habe? Ich habe die Tür ins Hundegehege wieder aufgemacht, damit die Hunde raus können.
Ich dachte, warum immer jeden Mist vorher abklären? Nur wusste ich nicht, dass sie die Tür gerade vor ein paar Minuten erst zugemacht hat.

Das Gewitter ist längst weitergezogen, ich habe zuerst nachgesehen. Aber nein, das ist egal. „Was du nicht immer alles siehst. Wenn ich die Tür zumache, bleibt sie gefälligst zu!“

Manchmal verstehe ich mich mit meiner Mutter ganz gut. Das heißt, wenn ich nach ihrer Pfeife tanze. Früher dachte ich immer, mein Vater war für das ganze Theather verantwortlich. Sicher, er ist auch nicht das gelbe vom Ei, aber mittlerweile weiß ich, dass sehr vieles von ihr ausging bzw. ausgeht.

Ich rede kaum mehr mit ihr. Weil sich bei den Gesprächsthemen immer nur alles um sie dreht und ich quasi gezwungen bin, zuzuhören und mich dafür zu interessieren. Was sie heute gemacht hat, was sie auf facebook gepostet hat, was ihre Hunde heute wieder für Mist gebaut haben (meine ratschläge, wie sie ihr nicht ständig auf der Nase herumtanzen werden übrigens ignoriert)
Kein einziges Mal fragt sie, wie es mir geht oder wie ich zurechtkomme. Allerhöchstens kommt ein „Ja, das ist schon blöd“, wenn ich mich überwinde, ihr zu sagen, wie es mir geht. Entweder weiß sie einfach nicht, wie sie damit umgehen soll, oder es interessiert sie nicht.

Wenn ich mich einmal traue, zu sagen, was mir auf der Seele brennt, und wenn ich mich auch nur ein bisschen im Ton vergreife (es ist nicht leicht, immer lieb und nett zu klingen, wenn ich mich oft fühle, als ob ich gleich umkippe), wird mir das im Verlauf des Tages sicher an den Kopf geworfen. Es braucht nur eine kleinigkeit, um ihre Laune wieder zu verderben.

Was ich schon wieder habe, warum ich ständig so angefressen bin und, und, und.

In der Öffentlichkeit bin ich ein nervöses häufchen elend, dass sich nicht einmal traut, sich im Kaffeehaus umzusehen, geschweige denn, etwas zu sagen. Meine Mutter sitzt neben mir und macht nichts dagegen. Keine aufbauenden Worte, kein Anzeichen von hilfe. Sie redet nur wieder von sich.
Es tut einfach nur unglaublich weh, nie verstanden zu werden.

Der Gang zum Psychologen währe wohl der erste wichtige Schritt. Nur bin ich da auch auf meine Mutter angewiesen. (Wir wohnen etwas abgelegen auf dem Land, ohne Busverbindungen.)
Ich war schon einmal im warteraum, musste Stundenlang warten. Bin schlussentlich gegangen weil meine Mutter schon sehr sauer war und ich nicht alles noch schlimmer machen wollte.

Theoretisch könnte ich bei meiner ehemaligen Chefin, die bestimmt wahnsinnig enttäuscht von mir ist, zu Kreuze kriechen und hoffen, dass sie mir da weiterhelfen kann. Der Verein, in dem ich arbeitete, bietet auch betreutes Wohnen an.
Nur habe ich wahnsinnige Angst, dass ich es nicht schaffe oder das Meine Mutter dann meinen Hund absichtlich schlecht behandelt.
Er bedeutet mir sehr viel. Das weiß sie natürlich und könnte ihren Frust nach meinem Auszug auf ihn ablassen. Manchmal traue ich ihr das sogar voll und ganz zu.

Ich könnte noch so viel mehr schreiben, aber ich versuche, alles auf das wichtigste zu reduzieren.
Fest steht: Ich muss hier raus. Leider weiß ich einfach nicht, wie ich das angehen soll.

Ich entschuldige mich noch einmal für den langen Text. Ich komme mir so schäbig vor, das alles zu schreiben. Aber es muss sein. Ich weiß einfach nicht mehr weiter.

11.07.2017 21:56 • 13.07.2017 x 1 #1


4 Antworten ↓


Mademyberg
Das elternhaus zerstört selbstbewusstsein. Jupp hab ich selber mitbekomm. Du musst da raus oder ihr klar machen was sie da anrichtet

11.07.2017 23:12 • x 1 #2


A


Meine Mutter macht mich fertig

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Miral
Hi Marcel
ein langer Text mit vielen Infos. Das erste Bild, dass mir in den Sinn kam ist, dass Du wie eingekesselt bist in Deiner Situation. Abhängigkeit und Verunsicherung lassen Dir wenig Luft zum Atmen. Ich verstehe, dass Du Dir erhoffst, dass Deine Mutter Dich auf Deinem Weg unterstützt, doch ich muss Dir sagen, dass es viele solcher Mütter gibt, die aus verschiedenen Gründen dies nicht können oder wollen.
Wichtig fände ich, dass Du Deine Situation beleuchtest, was ist Dir am wichtigsten. Wie wichtig ist Dir Dein Hund und welche realistischen Möglichkeiten gibt es für eine andere Wohnmöglichkeit mit einem Tier ?

Zitat von Marcel97:
Theoretisch könnte ich bei meiner ehemaligen Chefin, die bestimmt wahnsinnig enttäuscht von mir ist, zu Kreuze kriechen und hoffen, dass sie mir da weiterhelfen kann. Der Verein, in dem ich arbeitete


Das klingt in meinen Ohren, als hättest Du das Gefühl, dass Du alles falsch machst und dann zu Kreuze kriechen muss damit man Dir eine Chance gibt.
Hast Du einen Schulabschluß? Welche Interessen hast Du ?

Es ist sicherlich eine schwere Herausforderung für Dich ins Leben zu starten und ich glaube Du hast einen guten Schritt gemacht, indem Du Dich hier angemeldet hast und in vielen Berichten von anderen Schicksalen lesen kannst.

Wünsche Dir einen guten Start

11.07.2017 23:33 • #3


Flo1890
Du musst unbedingt da raus,diese Situation ist ungesund und schadet Dir,es geht um dich und nicht um deine Mutter! Du solltest Dir dringend Hilfe suchen,zumindest warst du ja schon mal im Wartezimmer,gib nicht auf,es ist dein Leben!

11.07.2017 23:50 • #4


Marcel97
Hallo. Erstmal will ich mich für all eure Beiträge bedanken.
Mir war heute wieder richtig übel vor Angst und bekam nichts auf die Reihe. Darum gabs natürlich wieder Krach... Aber das ging zum Glück vorüber, als ich anfing diesen Beitrag zu schreiben.

Zitat von Mademyberg:
Du musst da raus oder ihr klar machen was sie da anrichtet


Ihr klarmachen was sie da anrichtet funktioniert nicht. Sie lässt überhaupt nicht mit sich reden und macht mich nur wieder runter, wenn ich nicht aufhöre sie „anzublaffen“.

Zitat von Miral:
Wie wichtig ist Dir Dein Hund und welche realistischen Möglichkeiten gibt es für eine andere Wohnmöglichkeit mit einem Tier?


Die einzige realistische Wohnmöglichkeit währe im Moment die Betreute Wohngruppe. Nur müsste ich dann meinen Hund bei meiner Mutter zurücklassen, mit dem Wissen, ihn vielleicht nie wieder zu sehen. Wer weiß schon, ob ich nach meinem „Verrat“ (klingt bescheuert, aber genauso fühlt es sich an) noch willkommen währe...

Zitat von Miral:
Das erste Bild, dass mir in den Sinn kam ist, dass Du wie eingekesselt bist in Deiner Situation. Abhängigkeit und Verunsicherung lassen Dir wenig Luft zum Atmen.

Zitat von Miral:
Das klingt in meinen Ohren, als hättest Du das Gefühl, dass Du alles falsch machst und dann zu Kreuze kriechen muss damit man Dir eine Chance gibt.


Du hast mit beidem nicht ganz unrecht. Es vergeht selten ein Tag, an dem ich mich nicht wie ein kompletter versager fühle. Ich habe kaum selbstvertrauen, aber ich versuche diese Gedanken immer recht schnell loszuwerden und optimistisch zu bleiben. Was in letzter Zeit alles andere als einfach ist.
Ich sollte vielleicht noch anmerken, dass meine Chefin mich fast täglich angerufen hat, ich aber einfach nicht rangehen konnte wegen der Angst. Darum kann ich mir auch vorstellen, dass sie ziemlich schlecht auf mich zu sprechen währe, sollte ich mich plötzlich wieder melden.
Vorallem weil es schon das zweite Mal war, dass sie mich einstellte und ich von einen Tag auf den anderen nicht mehr auftauchte.

Aber ich fürchte, mir bleibt keine wahl.

Ich habe einen Hauptschulabschluss. Was meine Interessen angeht: Ich zeichne für mein Leben gern, könnte mich vielleicht sogar als freischaffender Künstler durchschlagen, wenn die Angst nicht währe.
Ansonsten kann ich gut und schnell am Computer arbeiten, aber in meinem jetzigen Zustand würde ich es wohl nicht packen, wieder in einem Betrieb zu arbeiten. (Ich denke darauf willst du hinaus?)

Ich werde die Tage versuchen, meine Chefin anzurufen. Hoffentlich krieg ich das hin. Werde mich melden, falls es was neues gibt.

LG, Marcel.

13.07.2017 00:12 • #5





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