Pfeil rechts

S
Hallo alle miteinander,

gleich zur Sache:
Am WE kam meine Mutter als Notfall ins Krankenhaus, ein Blutgerinnsel im Gehirn wurde festgestellt. An dem Tag kamen wir (mein Mann und ich) gerade aus dem Urlaub, waren kurz am Nachmittag da und am Abend hat sich dann wohl das Drama ereignet.

Von jetzt auf gleich war meine Mutter weggetreten und mein Bruder unternahm lebensrettende Maßnahmen, die auch glückten.

Mein Mann und ich haben uns auch sofort auf den Weg ins Krankenhaus gemacht. Meine Mutter wurde an uns vorbei auf die Intensiv geschoben. Sie war wieder ansprechbar, was ich sehr erleichternd fand. Nun ja, mir war danach meinen Bruder zu trösten, weil das ja echt heftig sein muss, die eigene Mutter wiederzubeleben. Er hat dann meine Hand weggeschlagen und gesagt ich solle ihn in Ruhe lassen.

Wir sind dann auch gegangen, während er und unser Vater dort blieben. Meine Mutter wurde dann auch verlegt in eine spezialisierte Klinik, die ca. 100 km entfernt ist. Die am Tag darauf durchgeführte OP ist komplikationslos verlaufen. Meine Mutter kann sprechen und ihre Gliedmaßen bewegen, worüber ich sehr glücklich bin. Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit hinzufahren, weil ich noch einige Dinge zu erledigen hatte. Morgen werden mein Mann und ich sie besuchen.

Ich wusste ja auch, dass Vater und Bruder jeden Tag dort sind und ich wollte sie auch nicht die ersten Tage nach der OP überfordern.

Na ja, jedenfalls war ich gestern auf Besuch bei Vater und Bruder, damit sie sich etwas bei mir ausquatschen. Schon als ich reinkam merkte ich, dass ich eigentlich gar nicht willkommen bin.
Irgendwann fragte mein Vater Warum ist ihr das passiert? Sie hat doch niemandem was getan worauf ich dann meinte, was diese Gedankengänge bringen sollen und wir doch alle froh sein müssen, dass sie noch unter den Lebenden weilt und jeden Tag Fortschritte macht.

Darauf knallte mein Vater dann vor den Kopf Du warst ja Sonntag nicht hier. Du hast nicht gesehen wie das ausgesehen hat als sie hier lag und das mit einem so herablassenden und z.T. auch vorwurfsvollen Ton, dass ich beinah im Strahl gekotzt hätte. Mein Bruder schlug schließlich in die selbe Kerbe, als ich (wieder daheim) via WhatsApp meinen Unmut darüber äußerte.

Ich meinte dann, sie sei außer Lebensgefahr und habe das Schlimmste überstanden, worauf mein Bruder meinte, dass er daran noch nicht glaube.

Aber was ist denn bitte schlimmer, als an der Schwelle zwischen Leben und Tod zu stehen?

Ich antwortete, dass alle beide nicht ganz dicht seien, mir meine Abwesenheit an besagtem Abend vorzuwerfen. Okay, das ist scharf formuliert,aber in dem Moment ging alles mit mir durch. Sie haben die ganze Zeit so getan,als wäre mir das alles schei..

Keine Nachfrage wie es mir überhaupt geht. Nur verdeckte Vorwürfe und Schuldzuweisung vom hohen Ross aus (wobei ich nicht verstehe was die beiden für einen Grund hätten sich für was Besseres zu halten).

Die Antwort meines Bruders hat mir dann den Rest gegeben: Merke erst jetzt wie asozial du bist. Wähle nie mehr meine Nummer. Bumm! Habe mich postum entschuldigt und geschrieben, dass da meine Emotionen hochgekocht sind. Funkstille.

Ich hätte alles erwartet, nur nicht das. Ich war natürlich total aufgelöst, weil ich es grausam finde, jemandem in dieser Situation Vorhaltungen zu machen, weil er ja nicht vor Ort war und Hoffnung auf vollständige Genesung hat.

Was kann ich jetzt tun? Und wie seht ihr das? Ich bin darin zu sehr verstrickt.

Soulstorm

06.07.2017 15:35 • 06.07.2017 #1


7 Antworten ↓


T
Ich finde das Verhalten deines Bruders schrecklich. Ich kann mir nicht vorstellen, meiner Schwester so etwas anzutun.
Aber ich denke, dass beide im Grunde nicht ernst meinen, wie sie dich behandeln. Sie sind, so denke ich, mit der Situation überfordert, wissen nicht wie sie damit umgehen sollen, und können sich nicht anders helfen als ihren Schmerz ausgerechnet an ihren liebsten Menschen auszulassen.
Das hilft dir jetzt nicht wirklich, aber vielleicht ist es dadurch leichter zu ertragen, bis sie sich entschuldigen.

Was die Sachebene angeht:
Vielleicht meinte dein Bruder einfach, dass er nicht glaube, dass sie schon über den Berg sei.
Schlimmer als dem Tode nahe zu sein kann meiner Meinung nach sein, wenn man zwar überlebt, aber so schwer behindert ist, dass ein normales Leben nicht mehr möglich ist. Dinge wie Demenz oder die Unfähigkeit aus dem Bett aufzustehen können je nach Ausprägung und Situation sowohl für einen selbst als auch für die Angehörigen extrem belastend sein, so dass man sich am Ende denkt, es wäre besser gewesen gestorben zu sein.
Allerdings allein dieser Gedanke kann schon furchtbar sein und manch ein Angehöriger macht sich selbst gewaltige Vorwürfe, weil ihm ein solcher Gedanke gekommen ist. Auch das muss dann wieder verarbeitet werden.

06.07.2017 16:50 • #2


A


Kein Zusammenhalt und negative Gedanken

x 3


L
Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit hinzufahren, weil ich noch einige Dinge zu erledigen hatte. Morgen werden mein Mann und ich sie besuchen.

Ich wusste ja auch, dass Vater und Bruder jeden Tag dort sind und ich wollte sie auch nicht die ersten Tage nach der OP überfordern.



vielleicht sind sie enttäuscht,daß du nicht dort warst.....weil die zu erledigenden Dinge wichtiger waren.

Die Reaktion hört sich sehr danach an.

06.07.2017 16:58 • #3


S
Hi ihr beiden,
danke dass ihr euch meinem langen Text angenommen habt.

@ Tymalous:
Dass meine Mama eine schwere Behinderung davon tragen könnte, daran denke ich jetzt erstmal nicht. Sie kann sprechen, sich bewegen, hat sogar gestern Abend sogar mit meinem Vater via Handy telefoniert.

Das hätte auch alles anders enden können, klar. Aber hätte Fahrradkette, sie macht tolle Fortschritte und das nur wenige Tage nach einem solchen Eingriff. Wenn ich mich mit dem Gedanken befassen würde was alles hätte passieren können, dann verliere ich im Endeffekt den Blick für das Wesentliche, nämlich dass sie am Leben ist und auch den Weg ins Leben zurückfinden wird.

Was nützen mir denn finstere Gedanken, was nützt ihr das?

@ lechatnoir:
Fakt ist, das Leben geht weiter.
Ich kann nicht alles umstürzen. Ich glaube wenn ich mit dem Herzen da bin und an sie denke, dann ist das okay. Und blicken lassen werde ich mich morgen. Ich muss auch ehrlich sagen: Ich bin nicht unbedingt der Mensch der den Anblick erträgt, wenn jemand an Schläuchen hängt und sich nicht regt. Deshalb war es für mich ein Segen, dass ihre beiden Männer ihr zur Seite standen.

06.07.2017 18:29 • #4


V
Ich hatte beim Lesen den gleichen Gedanken wie Tymalous. Viele Menschen neigen in solchen Situationen dazu einen Schuldigen zu suchen (Sie hat doch niemandem was getan), auch wenn es offensichtlich keinen gibt. Wenn sie keinen finden können sie sich selbst die Schuld geben, und beginnen sich zu zerstören oder zu bestrafen. Vom rein logischen Standpunkt her kann es deshalb eventuell besser sein.

Du darfst dich nur keinesfalls selbst beschuldigen. Du scheinst dich sehr gegen die Anschuldigungen zu wehren, und meiner Erfahrung nach glaubt man sowas nach einiger Zeit auch, insbesonderst je mehr man sich wehrt. Ich weiß, klingt sehr komisch.

06.07.2017 18:42 • #5


T
@Soulstorm
Ja. Bitte verzeih, ich wollte keine trüben Gedanken streuen und am aller wenigsten wollte ich dir in so einer Situation solche Gedanken nahelegen.
Ich denke nur, dass das die Gedanken sind, die deinen Vater und Bruder beschäftigen und belasten.
Ich selbst konnte meine Großmutter nicht mehr besuchen, als sie in so einem von mir beschriebenen Zustand (dement, bettlägerisch) war. Ich habe meine Großeltern zuvor jedes Wochenende besucht und bei ihnen übernachtet, als Kind, aber dann, dann konnte ich nicht mehr zu ihr ins Zimmer gehen. Mein Vater hat sich täglich um sie gekümmert.
Es ist schwer, solche Gedanken bei Seite zu lassen, auch wenn sie unangebracht sind.

06.07.2017 18:52 • #6


S
@ Volvagia:
Auch dir danke ich für deine Antwort.

Ich habe auch durchaus den Gedanken, dass die beiden nach einem Schuldigen suchen. Das Ding ist einfach dass ich mich emotional in den letzten Jahren von meinem Elternhaus gelöst habe und deshalb nicht mehr so involviert bin, wie ich es wäre, lebte ich noch dort.

Und keine Sorge, ich werde sicher nicht anfangen diese Vorwürfe anzunehmen. Ich lebe seit mehreren Jahren nicht mehr dort und sehe alles auch mit einer gesunden Distanz. Nichts desto trotz denke ich an meine Mama.

Ich habe auch den Eindruck, dass sie mich als kalt empfinden, was ich eigentlich noch nie gewesen bin. Ich bin eigentlich sehr emotional, nur in solchen Situationen bin ich sehr beherrscht, weil ich sonst gar nichts mehr gebacken kriege, sollten die Dämme brechen.

Aber das ist eben etwas, das mein Vater und Bruder erst jetzt bei mir entdecken und offenbar auch missbilligen.

@ Thymalous:
Es gibt nichts zu verzeihen, weil du etwas Wahres geschrieben hast. Ich nehme dir das nicht übel, keine Sorge.

06.07.2017 19:10 • #7


S
Ich erhielt gerade eine SMS von meinem Bruder, in der er mich ganz wüst beschimpft und mir quasi die Pest an den Hals gewünscht hat. U.A. ich Blödmann solle mir doch meinen schei. Rücken kaputt buckeln und als ich sieben Jahre alt war und vom Auto überfahren worden bin wäre die Familie für mich blöden A.... auch da gewesen.

Ich dachte ich lese nicht richtig. Ich glaube er braucht dringend einen Therapeuten.

06.07.2017 23:30 • #8





Auch interessant

Hits

Antworten

Letzter Beitrag