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Liebe Leidensgenossen und Mitstreiter,
seit einiger Zeit lese ich nun still im Forum mit und ich bin wirklich von Herzen Dankbar dafür, dass ihr eure Erfahrungen hier teilt. Auch ich bin ein Opfer von Panikattacken und Angstzuständen und kann daher all die Dinge die ihr hier berichtet aus ganzem Herzen mitfühlen. Gerade jetzt befinde ich mich in einer solchen Situation.
In 2 Tagen muss ich dringend zum Zahnarzt und der Gedanke daran versetzt mich in Angst und schrecken, da ich erst vor 2 Wochen dort war und ich auf dem Zaharztstuhl eine Attacke bekam, mit deren Auswirkungen ich noch die ganze Woche zu kämpfen hatte. Besonders perfide ist dabei, dass es nicht das Bohren o. Ä. war, was mir so zugesetzt hat, sondern meine Angst vor Medikamenten. Ihr versteht sicher: Wenn mein Zahn kompliziert behandelt werden muss, oder sogar gezogen, geht das nicht ohne Narkose. Und da kommt dann gleich die Medikamentenphobie ins Spiel.
Ich schreibe diese Zeilen nun also erstens um mich zu beruhigen, aber außerdem auch, weil ich hoffe dem Ein oder Anderen damit helfen zu können. Mir hat es sehr geholfen von euren Erfarungen zu lesen. Daher hier ein paar Gedanken zur Angst. Es wird jetzt wohl etwas länger:
ANGST
Eigentlich ist Angst ja eine gute Sache. (klar, dass das hier niemand gerne hört). Sie hat die Aufgabe uns in unserem Leben zu beschützen und dafür zu sorgen, dass wir uns nicht schaden, weil wir unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten falsch einschätzen. Für mich macht das Sinn.
Im Internat in dem ich u.A. war lernte ich einen Jungen kennen, der aus medizinischen Gründen kein Schmerzgefühl in der linken Hand hatte. Ich dachte damals: „Das will ich auch haben“. Aber mit der Zeit wurde mir klar, was das für ein Fluch war, denn ich kann gar nicht mehr zählen wie viele Verletzungen und Brüche er sich damals zugezogen hat. Er schätzte es falsch ein, wenn er sich nur mir der Hand auf dem Stuhl abstützte, oder wenn er hinfiehl. Das Einzige was er mit der Hand gut konnte, war sich zu prügeln.
Nun denke ich, dass es sich mit unserer Psyche (Seele) genauso verhält. Wir brauchen Angst, damit wir gar nicht erst auf die dumme Idee kommen, leichtsinnige und gefährliche Dinge zu tun. Das war nicht nur Sinnvoll, als wir noch Jäger und Sammler waren. Heute gibt es ja immernoch die Möglichkeit aus großen Höhen zu stürzen etc. Da ist es eben wirklich besser, wenn die Angst einem sagt, dass man nicht so weit an den Rand gehen soll.
Nun habe ich gelesen, dass es psychologische Ansichten zu dem Thema gibt, die behaupten, dass man an einer Angststörung erkrankt ist, wenn diese Funktion unserer Psyche ÜBERreagiert. Das wird mit einer körperlichen Überreaktion des Immunsystems verglichen, die halt ein Fehler im System ist und daher behandelt, d.h. „weggemacht“ werden muss. Irgendwie ist das ja auch logisch, wenn man sich den Leidensdruck von uns Betroffenen so anschaut. Klar will man das schnell weg haben! Ich kann das aus ganzem Herzen nachvollziehen.
Wenn ich mir nun aber die oben stehende Theorie anschaue, gibt es da gleich eine ganze Reihe von Problemen, die mich fragen lassen, ob wir überhaupt verstanden haben was hier geschieht. Ich möchte deshalb mal einen Gedanken einbringen, der vielleicht zunächst nicht einfach nachzuvollziehen ist. Ich will aber versuchen ihn zu erläutern, weil ich glaube, dass er nötig ist, damit unsere Seelen wirklich heilen, und nicht nur Linderung erfahren können.
Also: Ist unsere Angst eine ÜBERreaktion? Oder handelt es sich hier tatsächlich um eine ANGEMESSENE Reaktion? Ist es wirklich etwas, was man weg machen muß? Oder ist es vielleicht eher wichtig herauszufinden, was diese Reaktion auslöst und unserer Psyche den Eindruck vermittelt, das wir es mit etwas wirklich Gefährlichem zu tun haben?
Wenn man von einer Überreaktion spricht, bedeutet das, das es auch eine Normalreaktion geben muss. Und wenn man davon spricht, stellt sich die Frage, was denn die normale Reaktion wäre. Und wer bitte entscheidet, was die angemessene Reaktion unserer Psyche ist? Reagieren Menschen mit Höhenangst oder einer Arachnopobie (Spinnenangst) wirklich falsch? Oder reagieren sie einfach nur nicht so wie wir es gerne hätten?
Mit Überreaktion ist auch gemeint, dass die Psyche Angst als Warnsignal auslöst, wenn es eigentlich keine reale Gefahr gibt. Nun finde ich auch diese Beurteilung sehr fragwürdig, denn Leute die so denken, gehen damit davon aus, dass sie wüßten, was für uns eine Gefahr ist und was nicht. Sie nehmen sich heraus besser über uns Bescheid zu wissen als unser Inneres. Das ist ziemlich anmaßend.
Wir wissen selbst am allerbesten, wann wir Hunger oder Durst haben. Niemand kann uns sagen wann wir auf’s Klo müssen. Das gilt auch für unsere Psyche. Nur wir selbst können wissen, wann etwas für uns Gefährlich ist. Es mag ja sein, dass z.B. Spinnen für andere Menschen ungefährlich sind, aber das bedeutet noch lange nicht, dass sie für Jeden keine Gefahr bedeuten.
Was wissen andere Menschen denn schon wirklich über unser Inneres? Selbst bei alltäglichen Medikamenten gibt es Nebenwirkungen und sogar ganz umgekehrte Wirkungen. Wieso sollte das bei unserer Psyche anders sein? Manche Leute vertragen Hitze besser als Kälte, oder eben umgekehrt. Jeder ist eben anders und man kann nicht alle einfach über einen Kamm scheeren. Wieso glaubt man dann, dass es in unserer Psyche so wäre?
Lasst uns doch mal einen Moment von dem Gedanken weggehen, dass es sich bei unserer Angst um eine Krankheit handelt (auch wenn ich es tatsächlich als eine Krankheit sehe). Nur als Gedankenexperiment:
Was wäre, wenn uns unsere Psyche vor einer echten Gefahr für unsere Psyche warnt. Was wäre, wenn sie alle Register zieht, die ihr zur Verfügung stehen, um uns etwas extrem Wichtiges mitzuteilen. Und was wäre, wenn wir diese wichtige Information mit Medikamenten, Ignoranz, Desinteresse und natürlich auch durch den Wunsch sie einfach weg machen zu können, immer wieder behindern, sodaß unsere Psyche mit ihrer Warnung einfach nicht durchkommt? Was für eine Wahl hätte unsere Seele dann, als immer Lauter und immer heftiger zu werden?
Natürlich würden wir dann in einem Teufelskreis landen. Unsere Seele macht uns Angst, weil sie unbedingt unsere Aufmersamkeit auf ein tiefes, seelisches Problem richten will. Und wir machen dann alles um uns möglichst abzulenken und nicht darauf zu hören. Wie soll das jemals heilen? Eine ziemlich verzweifelte Situation.
Um nun der Wahrheit die Ehre zu geben, rede ich hier nicht einfach von einer Theorie. Ich glaube, dass ich mit meiner Panik und Angst genau das erfahre. Meine Psyche möchte mir verzweifelt eine Warnung zustellen. Und die Gefahr vor der sie warnt ist keineswegs eingebildet oder irreal. Erst als ich das begriffen hatte, begann für mich die Heilung. Sicher ist bin noch nicht durch, aber ich spüre deutliche Verbesserungen.
DIE HEILUNG
Zunächst habe ich mich bereit erklärt zu akzeptieren, dass meine Angst eigentlich gar nicht falsch und krankhaft ist, sondern eine wertvolle Information, die mich auf den Zustand meiner Psyche hinweist. Ich habe mich also entschlossen mir das ganze genauer anzuschauen. Tja und dann brach wirklich die Hölle über mich herein.
Ich bin ein Pflege-Heim-Internat-Psychatrie-Etc. Kind und mußte feststellen, dass ich aus meiner Vergangenheit immernoch schwere Narben und Verletzungen habe. Im Moment finde ich immer mehr heraus, was ich alles verdrängt und niemals verarbeitet habe. Es ist wie eine Schnittwunde am Arm. Bei gesunder Haut ist es eine gute Sache z.B. im Meer im Salzwasser zu baden. Aber wenn man eine offene Wunde hat, kann ich davon nur dringend abraten. Jede Berührung kann dann tierisch weh tun. Das gilt eben auch für unsere Seele. Wenn sie verletzt ist, dann tut es furchbar weh, wenn diese Stelle berührt wird.
Dabei ist bei mir die Angst nur der Aufschrei meiner Psyche, wenn bestimmte Wunden angetastet werden. Die eigentlichen Wunden bestehen aus einer endlosen Kette an Gewalt, Mißbrauch und Demütigungen in meiner Verangenheit. Wenn ich daran denke mischen sich häufig Trauer, Wut, Aggression, Verzweiflung ... und natürlich insbesondere Angst.
Was kann ich also tun?
1. Akzeptiere, dass deine Seele verletzt ist. Dabei spielt es keine Rolle wie andere darüber denken. Nur Du alleine kannst wirklich einschätzen ob und wie sehr du leidest. Alle, die Angst und Panik selbst erlebt haben, verstehen sehr gut, was für eine Tortur du mitmachst. Alle anderen sind einfach Dummschwätzer und haben nicht die geringste Ahnung. Also lasse dich von solchen Vollpfosten nicht unterkrigen.
2. Mach dir klar, dass die Angst und auch alle körperichen Symptome „nur“ Signale sind, die dich auf eine Verletzung in deiner Psyche hinweisen. Es macht also auf Dauer keinen Sinn das zu bekämpfen. Irgendwann wirst du wahrscheinlich sowieso hinschauen müssen – nicht auf die Angst, sondern auf die Verletzungen. Denn wenn du die Verletzungen heilen kannst, dann braucht dich deine Psyche nicht weiter „anzuschreien“.
3. Gehe liebevoll und gut mit dir Um! Sprüche wie: „Reiß dich zusammen.“, „Das wird schon wieder.“, „Keine Angst, das ist nichts Schlimmes,“, „Du brauchst keine Angst haben ...“ oder „Das geht schon wieder vorbei.“, regen mich einfach auf. Menschen, die dir das sagen, meinen es vielleicht gut, aber sie könnten genausogut sagen: „Ach halt die Klappe. Ich will nichts damit zu tun haben.“
Bitte gehe genau so NICHT mit dir selbst um. Wenn jemand nach einem Autounfall beide Beine gebrochen hat, erwartet Niemand, dass er zum 15km entfernten Krankenhaus läuft! Unterlassene Hilfeleistung ist sogar strafbar! Bei den Verletzungen deiner Seele aber verlangen alle trotzdem, dass du am Besten noch als erster durch die Ziellinie läufst.
Wenn du denkst du müßtest doch wenigstens die gleiche Leistung bringen können wie „alle Anderen“, dann stell dir die Frage, wie die Anderen wohl aussehen würden, wenn sie das Leid erfahren würden und hätten wie du. Glaubst du wirklich, dass sie jeden Tag mit perfekter Föhnfrisur auf der Arbeit antanzen könnten?
Fordere also nicht von dir zu lächeln, wenn dir zum heulen zu Mute ist und erkenne an, dass du bereits alles gibst.
4. Lass dir Zeit. Ich bin sicher, dass alle Wunden heilen können und sicher wollen gerade wir alle, dass es schnell vorbei ist. Dennoch, es macht keinen Sinn wenn du deine Wunden unvorsichtig und hecktisch berührst. Dann tut es halt auch viel mehr weh. Stell dir vor, du findest einen kleinen Hund, oder ein Kätzchen, das mit Draht an einem Zaun angebunden und zurückgelassen wurde. Halb verhungert, blutet es aus vielen schweren Wunden, die es sich bei Kämpfen mit anderen Tieren zugezogen hat. Wenn du dem Tier helfen wollen würdest. Wie würdest du es berühren? Würdest du verstehen, dass es Angst hat? Würdest du es versorgen und beschützen, auch wenn es dich zuerst beißt, weil es nicht weiß, ob es dir trauen kann? Und wie würdest du dich und deine Seele behandeln, wenn du wüsstest, das es ihr genauso geht wie diesem keinen Tier?
5. Mache dir jeden Tag ein Geschenk. Eigentlich ist es kein Geschenk, sondern eine Belohnung. Du hast sie verdient, weil du es wieder einmal bis zu diesem Tag geschafft hast. Jeder, der schonmal wirklich mit Ängsten und Panik zu kämpfen gehabt hat, versteht, dass jeder Tag damit eine echte und ernst zu nehmende Leistung ist. Glaube mir, wenn du es bis hier her geschafft hast, hast du wahrhaft eine Belohnung verdient.
6. Höre auf dich! Im Grunde sendet uns unsere Psyche immerwieder Signale über unseren Zustand. Es ist nur die Frage, ob wir zuhören und ob wir ihre Bedeutung richtig interpretieren können. Je besser man sich selbst kennenlernt, desto besser versteht man auch die Signale, die uns unser Geist, unsere Seele und unser Körper sendet. Manchmal bedeutet das ja auch, dass man eben nicht auf die Anderen hört, auch dann nicht, wenn sie einem das Gefühl geben, dass sie es besser wissen müssten. Gerade bei Ärzten habe ich da eine Menge unschöner Erfahrungen gemacht. Nur du weißt, wann du müde bist, oder wann du eine warme Dusche brauchst. Es macht wirklich Sinn, wenn du auch dann auf dein Inneres hörst, wenn es dich gerade nicht anschreit.
Ich bin kein Psychologe und meine Tips erheben auch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Ich bin mir auch nicht sicher, ob meine Ideen für jeden eine Hilfe sind. Wenn du also denkst: „Was für ein Unfug“, dann ist das vielleicht nichts für dich und du ignorierst es besser.
Okay ... ich hoffe ich habe euch jetzt nicht alle furchtbar gelangweilt (was immernoch besser als Angst wäre ). Bevor ich aber schließe, möchte ich euch allen noch ein kleines Geschenk machen.
Da ich Komponist bin, habe ich ein Musikstück aufgenommen, dass „Kontakt zu deiner Seele“ heißt. Es ist ruhig und bringt euch in schweren Stunden vielleicht ein bißchen Frieden. Ihr könnt es hier als MP3-Datei herunterladen.

keysha.info/homepage/index.php?option=com_jdownloadsview=summaryid=58:yanco-kontakt-zu-deiner-seelecatid=8Itemid=138lang=de

Ich wünsche euch allen, dass ihr bald wieder ganz gesund werdet.

05.02.2017 02:06 • 05.02.2017 #1




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